Der Landrat des Landkreises Elbe-Elster, Christian Jaschinski, wies die Anschuldigungen von Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir in Bezug auf einen umstrittenen Rindertransport in die Türkei zurück. Jaschinski betonte, dass das Veterinäramt korrekt gehandelt habe und ein generelles Verbot von Tierexporten in Drittstaaten notwendig sei, um künftiges Tierleid zu verhindern. 69 schwangere Jungrinder starben bei einem Tiertransport aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Brandenburg, der durch das Veterinäramt Elbe-Elster genehmigt wurde, an der bulgarisch-türkischen Grenze.
Landrat verteidigt Veterinäramt nach Rindertransport-Skandal
Nach einem qualvollen Rindertransport aus Brandenburg in die Türkei hat der Landrat des Landkreises Elbe-Elster, Christian Jaschinski, die Vorwürfe von Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir scharf zurückgewiesen. Özdemir hatte das Veterinäramt des Landkreises dafür verantwortlich gemacht, dass der Transport von 69 Rindern genehmigt wurde, die an der bulgarisch-türkischen Grenze festgehalten und letztendlich unter tierschutzwidrigen Bedingungen getötet wurden.
Laut Jaschinski sei das Veterinäramt jedoch strikt an die geltenden rechtlichen Vorgaben gebunden. “Wenn Minister Özdemir meint, die Schuld allein dem Veterinäramt zuzuschieben, übersieht er, dass das Amt nach den geltenden Gesetzen keine Grundlage hatte, den Transport abzulehnen”, so Jaschinski.
Der Transport, der im September 2024 durchgeführt wurde, basierte auf Unterlagen, die laut Jaschinski vom Veterinäramt gründlich geprüft wurden. Das Amt ging davon aus, dass die Türkei die Tiere trotz der Blauzungenkrankheit in Brandenburg übernehmen würde. Diese Annahme sei auch durch den Umstand gestützt worden, dass zwei ähnliche Transporte die türkische Grenze ohne Probleme passierten, während nur zwei Transporte zurückgewiesen wurden.
4 Wochen an der Grenze. 69 schwangere Jungrinder starben
Wie Vier Pfoten berichtet, starben 69 schwangere Jungrinder aus Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Sachsen, nachdem ein Transporter mit den Tieren Mitte September aus Elbe-Elster gestartet war, das in einer Blauzungenkrankheits-Zone liegt. Die Tiere wurden zwar negativ auf die Krankheit getestet, steckten aber dennoch vier Wochen im bulgarisch-türkischen Grenzgebiet auf türkischer Seite fest. Erst nach einem schier endlosen Siechtum mit bereits vollkommen ausgezehrten, teils verstorbenen Tieren und neugeborenen Kälbern inmitten von knöcheltiefem Kot und Urin wurden die verbliebenen Tiere am Ende im grenznahen Schlachthof in Edirne geschlachtet. Dies geschieht in der Türkei ohne Betäubung. Die Föten im Leib des Muttertieres ersticken in der Regel, wenn hochträchtige Tiere geschlachtet werden. Die auf dem Lkw verendeten Tiere wurden nach Informationen der Organisation Animals Angels zur Müllkippe gebracht.
Fehlende Kommunikation und Versäumnisse auf Bundesebene
Jaschinski kritisierte nicht nur Özdemirs Anschuldigungen, sondern auch das Versagen der diplomatischen Bemühungen auf Bundesebene. Trotz intensiver Versuche, eine Lösung mit den türkischen Behörden zu finden, scheiterten alle Bemühungen, eine tierschutzgerechte Behandlung der Tiere sicherzustellen. “Die diplomatischen Hebel der Bundesebene waren nicht stark genug, um die Situation zu lösen”, erklärte der Landrat. Dies sei besonders besorgniserregend, da die Verantwortung für die Transporte den lokalen Veterinärämtern zugeschoben werde, obwohl diese nur begrenzte Handlungsspielräume hätten.
Ein weiteres Problem stellte sich, als der Versuch, die Tiere nach Deutschland zurückzuführen, an Bulgarien scheiterte. Dies sei laut Jaschinski ein weiteres Zeichen für unzureichende zwischenstaatliche Kommunikation. Besonders tragisch sei, dass das Veterinäramt nach Ausschöpfung aller rechtlichen Möglichkeiten schließlich die tierschutzgerechte Tötung der Rinder anordnen musste.
Tierschutzorganisation fordert Verbot von Tiertransporten
Die Tierschutzorganisation VIER PFOTEN hat in diesem Zusammenhang Strafanzeige gegen das Veterinäramt von Elbe-Elster und die beteiligten Transporteure gestellt. Die Organisation argumentiert, dass der Transport nie hätte genehmigt werden dürfen, da bereits absehbar gewesen sei, dass die Türkei die Rinder aufgrund der Blauzungenkrankheit nicht einführen würde.
Die Organisation betont, dass das Tierleid durch eine rechtzeitige Intervention hätte verhindert werden können. “Die Tiere litten wochenlang unter katastrophalen Bedingungen”, erklärte Ina Müller-Arnke, Expertin für Tiertransporte bei VIER PFOTEN. Die Organisation kritisiert zudem Minister Özdemir scharf und wirft ihm vor, trotz mehrerer juristischer Gutachten, die ein Verbot von Tiertransporten in Drittstaaten als rechtlich möglich bestätigen, untätig geblieben zu sein.
Forderungen nach einem generellen Verbot von Tiertransporten in Drittstaaten
Sowohl Jaschinski als auch die Tierschutzorganisation VIER PFOTEN fordern ein generelles Verbot von Lebendtiertransporten in Länder außerhalb der EU. Das Veterinäramt von Elbe-Elster betonte in einer Stellungnahme, dass es in Zukunft nicht länger gezwungen sein sollte, Transporte in Drittländer abzufertigen, wenn dort tierschutzwidrige Bedingungen herrschen.
Für ein solches Verbot seien jedoch nationale Regelungen notwendig. Jaschinski betonte, dass ein generelles Verbot nicht in der Macht der Landkreise liege, sondern nur auf Bundesebene umgesetzt werden könne. Dies sei ein notwendiger Schritt, um das Wohl der Tiere über wirtschaftliche Interessen zu stellen und zukünftige Skandale wie den aktuellen Fall zu verhindern.
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Foto: © VIER PFOTEN | Bente Stachowske