Am Freitag, 9. Dezember 2016, fand im Suhler Clubhaus in Schwarze Pumpe bei Spremberg die Auftaktkonferenz der Lausitzrunde „Reviertransfer Lausitz“ statt.
Ziel und Schwerpunkt der Konferenz war es, mit hochrangigen Vertretern der Europäischen Union, des Bundes sowie der Länder Sachsen und Brandenburg einen Rahmen festzulegen, in dem die weitere Strukturentwicklung der Lausitz gestaltet werden kann. Um diese Ziele zu erreichen und basisdemokratisch ein Leitbild für die Lausitz zu erarbeiten, waren auch alle Fraktionsvorsitzenden der kommunalen Parlamente zur Auftaktkonferenz eingeladen. Ergänzt wurde der Teilnehmerkreis um Vertreter von strukturbestimmenden Unter annehmen und Organisationen, die die ganze Breite des gesellschaftlichen Lebens in der Lausitz einbinden sollen.
Die Sprecher der Lausitzrunde, Christine Herntier, Bürgermeisterin von Spremberg, und Torsten Pötzsch, Oberbürgermeister der Stadt Weißwasser/O.L, sind sich einig: „Die Konferenz war ein Erfolg! Wir haben es, geschafft, alle an einen Tisch zu bekommen und deutlich zu machen, was uns wichtig ist.“ Wichtig ist der Lausitzrunde, dass nicht nur ein Klimaschutzziel fixiert werden kann, ohne an die sozialen und industriepolitischen Auswirkungen zu denken. Darüber waren sich die Referenten der Konferenz wie auch die Teilnehmer zweier Podiumsgespräche einig. „Die Energiewende muss sozial gerecht vollzogen werden“, betonte Aleksandra Tomczak von der EU-Kommission für Kohle und Energie. Sie kündigte für das erste Halbjahr 2017 ein Programm der EU an, dass gezielt Regionen wie der Lausitz, welche einen Strukturwandel bewältigen müssen, unterstützt. Sie warb dafür, dass Projekte und Themen vorgelegt werden, die gezielter Unterstützung bedürfen. Dass das in den Fokus geriet, sprach Dr. Christian Ehler, Europa-Abgeordneter, der Initiative der Lausitzrunde und insbesondere Christine Herntier und Torsten Pötzsch zu. „Bürgermeister sind Goldwährung in Brüssel“ meinte er und verwies auf deren kommunalpolitische Kompetenz, die ganz nahe an der Realität sei. Er bedankte sich für deren Engagement und betonte, dass das der richtige Weg sei. „Wir haben in der Lausitz ein Beispiel für nichtsubventionierte, erfolgreiche Energiewirtschaft.“ Wenn dann die Politik in den Markt aus ökologischen Gründen eingriffe, braucht es auch Unterstützung, wenn es um die Abfederung der Auswirkungen einer solchen Entscheidung geht. „Allerdings geht es um mehr, es geht um Zukunftsentwicklung.“ Da würden nicht nur eingereichte Projekte reichen. „Da geht es um mehr.“ Lausitzrunden-Sprecher Torsten Pötzsch bestätigt das: „Wer bestellt, muss auch bezahlen!“ Sigurd Heinze, Landrat des Landkreises Oberspreewald-Lausitz, bringt es so auf den Punkt: „Wer politisch den Ausstieg aus der Kohle will, muss dafür auch gerade stehen.“ Christine Herntier ergänzt: „Wir sind allerdings nicht nur Teil des Problems, sondern Teil und Akteure der Lösung. Wir stehen zur Umsetzung bereit.“ Das wird von Landes-, Bundes- wie auch EU-Ebene honoriert. So begrüsst etwa Martin Dulig, Wirtschaftsminister von Sachsen, diese Initiative, und räumt zugleich ein: „Es gibt keinen Masterplan. Aber wir kümmern uns und stehen zu unserer Verantwortung.“ Dr. Gerhard Fisch, Abteilungsleiter Regionale Wirtschaftspolitik vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie verweist darauf, dass „Decarbonisierungsstrategien“ auch von arbeitsmarktpolitischen und regionalpolitischen Maßnahmen flankiert werden müssen. Er verspricht, dass die Regionalfonds vom Bund aufgestockt werden. Richard Nikolaus Kühnel von der Vertretung der Europäischen Kommission in Deutschland, begrüsst, dass die Lausitzer den Wandel selbst gestalten wollen. „Die EU und europäische Regionen können von der Lausitz lernen. Die Lausitz lebt nicht aus der Vergangenheit, sondern ist mit der Zeit gegangen.“ Er weiß aber, dass der Übergang gesteuert werden muss: „Wandel ist gestaltbar.“ Sein Vorschlag ist, neben dem Abbau von bürokratischen Schranken bei der Fördermittelvergabe, auch die Nutzung sogenannter Investitionsplattformen, die gezielt private und öffentliche Investoren koordinieren. Dafür gäbe es bereits erfolgreiche Beispiele.
Trotz aller Diskussionen um Begrifflichkeiten waren sich die Akteure der Auftaktkonferenz „Reviertransfer Lausitz“ einig, dass die Lausitz als Modellregion tauglich ist. Gerade an der Lausitz, auf der Basis des Engagements der Lausitzrunde, könne modellhaft gezeigt werden, dass ein geplanter Strukturwandel einen Strukturabbruch „mit allen seinen Verwerfungen“ (Dr. Christian Ehlert) verhindern kann. Die Energiewende dürfe nicht zu einem wirtschaftlichen und damit auch sozialen Desaster werden. Es braucht unter anderem einen EU-Fond, der Regionen im Wandel hilft, den Übergangsprozeß zu überstehen.
Das erfordert aber auch ein Mittun aller. So kündigte Christine Herntier, Sprecherin der Lausitzrunde, spontan bereits das Thema der nächsten Konferenz an. Da soll es um konkrete Themen, Branchen und Projekte gehen, für die um Unterstützung bei Land, Bund und EU geworben werden soll. Sie und ihr Kollege Torsten Pötzsch rücken dabei aber nicht von einer Forderung ab: „Wir brauchen eine Stabsstelle beim Bundeswirtschaftsministerium, die sich federführend um unsere Belange kümmert.“
Auf der Konferenz der Lausitzrunde am Freitag in Spremberg stellte der Vertreter der EU-Kommission Richard Nikolaus Kühnel eine Vielzahl an Aktivitäten und Programmen vor, mit denen die EU den Strukturwandel in Braunkohleregionen unterstützen könnte. Einer aktuellen Antwort der Landesregierung zufolge weigert sich das Land Brandenburg jedoch, diese EU-Mittel für die Lausitz zu nutzen: „Es ist nicht geplant und auch nicht erforderlich, andere Maßnahmen zur Unterstützung des Strukturwandels in der Lausitz mit Hilfe der EU regionenspezifisch auf die Unterstützung des Strukturwandels in der Lausitz auszurichten und zu diesem Zweck mit zusätzlichen Mitteln auszustatten“, erklärte die Landesregierung auf die Anfrage der bündnisgrünen Landtagsabgeordneten Heide Schinowsky.
Die wirtschaftspolitische Sprecherin der bündnisgrünen Landtagsfraktion forderte die Landesregierung nun auf, ihre Blockadehaltung zu beenden. „Auch unsere SPD-geführte Landesregierung weiß inzwischen, dass der Kohleausstieg mittelfristig kommen wird. Daher ist es umso wichtiger alle Möglichkeiten – auch die der EU – zu nutzen, um den Strukturwandel zu gestalten“.
Bild: Über 150 Gäste, darunter viele Vertreter von Kommunen und Gemeinden der sächsischen und brandenburgischen Lausitz, verfolgten interessiert die Konferenz.
Fotos: Steffen Rasche
pm/red