Heute wird die neue Neißebrücke zwischen Zelz und Siedlec übergeben und eingeweiht – sogar mit Gottes Segen. Von der Einweihung einer neuen Brücke oder einer Einweihungsfeier allein in Zelz zu sprechen, wäre nur die halbe Wahrheit, denn schließlich verbindet die Brücke zwei Ortsteile, die einst zusammen gehörten – Zelz und Siedlec. Vor dem 2. Weltkrieg lagen vier Fünftel des Dorfes Zelz auf der Seite östlich der Neiße und die damalige Brücke war nur eine von 18!!, welche die Orte beiderseits der Neiße zwischen Guben und Pusack in der Niederlausitz miteinander verbanden. Drei Brücken in Guben (die Nord- oder Schlachthof-Brücke, die Achenbachbrücke und die große Stadtbrücke), die kleine Brücke Kaltenborn-Gubinchen (4), die Brücke Schlagsdorf –Schenkendorf (5), die Brücke Gr. Gastrose-Sadersdorf (6), die kleine Brücke Albertinenaue-Markersdorf (7), die Brücke Gr. Briesnigk-Strega (8), die Brücke Sakro-Mehlen bzw. Jähnsdorf (9), die Brücke Forst-Berge (10), die Forster Stadtbrücke (Forst-Pförten) (11), die kleine Brücke Koyne-Scheuno (12), die kleine Brücke Ortslage Gr. Bademeusel (13), die Brücke Kl. Bademeusel-Erlenholz (14), die Autobahnbrücke (15), die Brücke Bahren-Buchholz (16), die Ortsbrücke Zelz (17) und die Brücke Pusack-Gr. Särchen (18), wobei die Straße von Jerischke nach Pusack-Gr. Särchen vor 1945 eine höhere Priorität hatte als wie der Fahrweg von Jerischke nach Zelz. Dazu kamen noch drei Eisenbahnbrücken (2 in Guben und 1 in Forst), kleine Übergänge an Wasserkraftwerken und sonstigen Wehren gar nicht mitgerechnet. Mit dem verheerenden 2. Weltkrieg und deren Ergebnissen wurde alles anders. Das Gebiet wurde im Ergebnis des Potsdamer Abkommens polnisches Staatsgebiet und die Neiße Friedensgrenze. Deutsche wurden aus dem Gebiet östlich der Neiße vertrieben und viele Menschen wurden aus polnischen Ostgebieten, welche die Sowjetunion okkupiert hatte, ebenfalls vertrieben und hierher umgesiedelt. Nicht nur alle Brücken waren kaputt sondern auch die Herzen und Seelen der Menschen beiderseits der Neiße…
Zelz/Siedlec – was wussten wir bis vor einem Jahr von dem seit 1945 geteilten Ort. Den östlichen Teil kennen wir noch immer nicht, obwohl sich das nun bald ändert. Gar nichts wussten wir. Das geben wir selbstkritisch zu. Aber was wussten und wissen wir heute über Guben und Forst, obwohl auch diese beide alten Kreisstädte von je her zur Niederlausitz gehören und auch im Bezirk Cottbus lagen, in dem wir aufgewachsen und groß geworden sind. Gut – wir können sagen, von Mallorca wissen wir heute auch nicht mehr, aber Niederlausitz – das ist unsere Heimat. Niederlausitz ist aber auch das, was heute östlich der Niederlausitzer Neiße (es gibt nämlich noch zwei andere) in Polen liegt – der frühere Landkreis Sorau, der eigentlich der größte unter den alten Niederlausitzer Kreisen war – fast ein Vierte der Niederlausitz umfasste sein Territorium und in Kürze wird von Herrn Andreas Peter aus Guben die Geschichte von Sorau und Triebel als Reprint wieder heraus gegeben.
Inzwischen waren wir, Die Niederlausitzer Wandergurken, mit interessierten Wanderfreunden schon in Sorau (heute Zary) und im Sorauer Wald zum Wandern. Inzwischen kennen wir Zelz, wissen, das die alte Zelzer Brücke über die Neiße einer der beiden Übergänge über die Neiße war (neben Guben), die August der Starke mit seinem Gefolge nutzte, wenn er aus der Hauptstadt seines sächsischen Kurfürstentums aufbrach, um die Hauptstadt seines Königreiches Polen zu besuchen. Inzwischen haben wir in Guben/Gubin eine Stadtwanderung organisiert, die eine überaus große Resonanz hatte. Inzwischen kennen wir das diesseitige „Hinterland“ des Neißetals, das einst auch zum Landkreis Sorau gehörte zwischen Pusack, Zelz und Jerischke bis nach Reuthen, Hornow und Bohsdorf. Inzwischen haben wir mit vielen Wanderern das Malxetal erkundet zwischen Döbern und Mulknitz mit dem Euloer Bruch mittendrin, und wir kennen das Archiv der verschwundenen Orte in Horno, dem neuen Ortsteil von Forst.
Auch wir hatten eine Einladung nach Zelz zur Brückenweihe, weil wir uns an einem Namenswettbewerb für die neue Brücke des Landkreises beteiligten. Aber während die Feierlichkeiten in Zelz mit Festreden, Festprogramm und dem „Sturm auf das kalte Büfett“ seinen organisierten Ablauf nimmt, sitze ich am PC und schreibe diese Gedanken auf. Nicht weil wir betrübt darüber sind, dass unser Vorschlag „Neißebrücke der Freundschaft“ nicht den Zuspruch der Juroren fand, sondern, weil wir uns gedacht haben, nur wegen einer Einweihungsfeier nach Zelz/Siedlec zu fahren, das wäre nichts Konkretes.
So ist unser Beitrag für diese neue Brücke dann auch der, dass wir dazu animieren, diese unsere „Neiße-Brücke der Freundschaft“ auch zu nutzen. Deshalb haben wir für den 21. September 2008, dem diesjährigen „Tag des Geoparks“ eine Erkundungstour organisiert, die von Zelz über die Brücke in das Gebiet östlich der Neiße führen wird (siehe Rubrik Veranstaltungen – www.niederlausitz-aktuell.de bzw. Tagespresse).
Diese Wandertour wird Teil eines mehrteiligen internationalen Wanderprojektes 2009 sein „Als Grenzgänger von Forst beiderseits der Neiße per pedes unterwegs bis nach Bad Muskau und ans Ende der Welt“.
Zwei Strecken im Rahmen dieses neuen Projektes haben wir bereits mit erfahrenen Wanderfreunden aus der gesamten Niederlausitz erkundet. Am 30. August 2008 die Tour von Zelz entlang des Neißehangs auf einem alten Wanderweg bis Köbeln und auf dem Oder-Neiße-Radweg über Pusack zurück. Die andere Tour am 3. September 2008 von Zelz über Bahren quer durch den Jerischker Wald bis zum Jerischker Weinberg und zum Schullandheim – weiter durch den Ort Jerischke bis zum Lissberg, „der Berg, wo der Fuchs lebt“, und von dort am Märchenwald vorbei zurück nach Zelz. Die Bilder von dieser Tour haben wir gestern noch bearbeitet und bis zum späten Abend ins Internet gestellt (siehe www.niederlausitz-aktuell.de – Rubrik Bilder der Region – Spree-Neiße:Neiße-Malxetal:Zelz bzw. Bahren oder Jerischke). Die Bilder von der erstgenannten Tour am 30. August werden in den nächsten Tagen folgen. Die Bilder von Siedlec und Umgebung östlich der Neiße können wir erst präsentieren, wenn wir dort waren.
Bis zum „Ende der Welt“ werden wir übrigens im Oktober 2008 während einer Tour durch den Fürst-Pückler-Park und den Landschaftspark östlich der Neiße von Bad Muskau aus wandern.
Das ist unser für alle kostenfreier Beitrag zur Eröffnung der neuen Neißebrücke zwischen Zelz und Siedlec, die für uns immer eine Brücke der Freundschaft sein wird.
Die Niederlausitzer Wandergurken
Gerd Laeser
Gästeführer Niederlausitz
Lübbenau/Spreewald
So sieht man auf Zelz, wenn man von Siedlec aus über die Brücke kommt
Blick von der neuen Brücke nach Süden – die Neiße flussaufwärts
Blick von der neuen Brücke nach Norden – die Neiße flussabwärts