Heute möchten wir, Die Niederlausitzer Wandergurken, Sie teilhaben lassen, an unserer Erkundung von Guben, der einstigen „Perle der Niederlausitz“, wie sie Karl Gander vor über 100 Jahren beschrieb. Bitte erwarten Sie keinen vollständigen und ausgereiften sowie in allen Punkten historisch detailgetreuen Bericht. Dazu ist hier nicht der Platz und da gibt es in Guben Leute, die das viel besser können z.B. im Gubener Heimatbund, deren ehrenamtliche Arbeit ich als sehr wertvoll hoch einschätze. Auch an der immer wieder mal aufkeimenden Diskussion über das Pro und Kontra solcher Bezeichnungen wie „Perle der Niederlausitz“ will ich mich nun nicht mehr beteiligen. Dazu habe ich mich vor nicht allzu langer Zeit einmal in www.niederlausitz-aktuell.de und www.guben-online.de geäußert. Auch in der LR – Lokalausgabe Guben wurde der Beitrag wohl auszugsweise veröffentlicht.
Als Ausgangspunkt für unsere Tour wählten wir den Parkplatz in der Uferstraße zwischen dem Volkspark und dem Plastinarium. Von Lübbenau aus fuhren wir mit dem PKW über die Autobahn A 15 an Cottbus vorbei und dann auf der neuen B 97 durch die Tagebaulandschaft bis hierher knapp eine Stunde.
Dieser Parkplatz an sich bietet einem schon einen positiven Kontrast. Das Flächennaturdenkmal Volkspark auf der einen Seite und das Plastinarium auf der anderen Seite, abseits vom Lärm der Stadt eine wohltuende Ruhe ausstrahlend und, wenn man zeitig genug kommt, bei solcher Hitze wie in den letzten Tagen auch noch ein schattiges Plätzchen für das Auto anbietend, wobei man natürlich überlegen muss, wo die Sonne dann am Nachmittag steht. Und – von hier sind die Wege ins Zentrum kurz, auch nach Gubin!
Volkspark. Ein uns begleitender Wanderfreund erinnerte sich gleich der „wilden Jahre“, die es früher hier einmal im nahe gelegenen Volkshaus gab. Ich erinnere mich ein wenig mit gemischten Gefühlen an die beiden Beiträge in der LR Guben am 30. Mai dieses Jahres, in denen es um das ABM-Projekt „Naturlehrpfad Volkspark“ ging – so nach dem Motto: Vorne wird mit viel Fleiß und auch Geld aufgebaut – hinten mit dem A… wieder eingerissen. Denkmalschutz hin oder her. Meine Meinung ist: Man kann als Denkmal nur schützen, was man kennt. Das ist das Gleiche wie mit dem Naturschutz. Man muss also wissen, was es mit dem Flächendenkmal Volkspark auf sich hat. Und das kann man nun mal am besten auf Tafeln dokumentieren. Anders herum stellt sich natürlich schon die Frage: Hat man das nicht vorher gewusst, dass dies eine so schützenswerte Fläche ist nach Auffassung der Denkmalschützer? Aus den Beiträgen geht hervor, dass sich in den letzten Jahren um die Pflege dieser Anlage niemand gekümmert hat. Ein Dankeschön deshalb gerade auch von uns an die Herren Pagel, Gunia und Teske für ihre Bemühungen. Und für all’ diejenigen, welche die LR – Beiträge nicht gelesen haben und die Problematik nicht kennen, hier Auszüge aus diesen Beiträgen: „Die erwachsenen Gäste der Naturlehrpfadeinweihung begutachten derweil das Geschaffene etwas ausführlicher. Zuvor war die Tafel am Eingang des Parkes von der Uferstraße aus enthüllt worden. Diethelm Pagel, Projektmanager der BSG, hatte dazu ein Resümee der ABM mit Birgit Handreck und Gerd Kraatz gezogen, ihnen und allen anderen Beteiligten für ihr Engagement gedankt. Der Historiker Gerhard Gunia ergänzte den kurzen historischen Abriss Pagels zum Park mit Informationen zur Entstehung des «Volkshauses» und der dortigen Villa. Angesichts der Tatsache, dass der Park unter Denkmalschutz steht, merkte er an, dass das Areal ursprünglich eine Auenlandschaft im Neißetal war, die sich vom Turnerwäldchen bis zur heutigen Gartenanlage Dietrich hinzog. Daher stamme auch der Name Grunewald, so Gunia. Doch die gegenwärtige Situation des Parkes bewegt die Gemüter ebenfalls. Denn nicht nur die Schautafel-Entfernung ist eine Konsequenz des Denkmalschutzes. Er lässt auch nur zwei Bänke zu. Und die Namensschildchen neben den dendrologisch wertvollen Bäumen mussten so beschaffen sein, dass man sie «wegschauen kann», wie Pagel sagt.“
Und in dem zweiten Beitrag kann man lesen: „Mit einem offenen Brief hat sich gestern der Gubener Wolfgang Teske an das Brandenburgische Landesamt für Denkmalpflege und Archäologische Landesmuseum in Wünsdorf gewandt. Darin bezieht er sich wenige Tage vor Eröffnung der Jahrestagung der Deutschen Dendrologischen Gesellschaft (DDG) in Cottbus vom 31. Mai bis 5. Juni auf die jüngsten RUNDSCHAU-Beiträge über den Naturlehrpfad im «Volkshaus» -Park und die Tatsache, dass aus Denkmalschutzgründen drei der vier Schautafeln wieder entfernt werden mussten. «Es wird ihnen bekannt sein», schreibt Teske, «dass die DDG sich inhaltlich während der Tagungsexkursionen immer schon für die Erhaltung und den Schutz historischer Parks einsetzte und ihren Mitgliedern entsprechende Gehölzkataster überreicht.» Es habe dem Gehölzbestand des denkmalgeschützten «Volkshaus» -Parks wahrlich nicht geschadet, dass sich zwölf Jahre niemand um den Pflegezustand kümmerte. Es handele sich aber um eine öffentliche Grünanlage, für die die Verkehrssicherheit gewährleistet werden müsse. Für den Einschlag ausgezeichnete Bäume, überwiegend Robiniennaturverjüngung, seien aus unverständlichen Gründen stehen geblieben. «Die Entfernung würde den Wert des Altbestandes nicht schmälern», schätzt Teske ein. «Die Anbringung der kleinen Baumschilder in lesbarer Höhe sollte vor Vandalismus schützen und könnte gestattet werden. Kein Betrachter der fünf Schautafeln hat dies als störend empfunden. Es sind Lehrtafeln, die dem Baumschutz förderlich sind.»“
Vorbei am Plastinarium streben wir dem Poetensteig entlang der Egelneiße zu. Zum Plastinarium kann man auf der Homepage des Unternehmens lesen: „Das PLASTINARIUM in Guben ist weltweit einmalig: Hier präsentieren sich erstmals unter einem Dach die Anatomieausstellung “KÖRPERWELTEN. Die Faszination des Echten” und eine öffentlich zugängliche “gläserne Werkstatt”. In der Werkstatt erleben Besucher live, wie Plastinationsexponate entstehen. Dabei wird jeder Arbeitsschritt demonstriert und erläutert, von der anatomischen Präparation bis hin zum fertigen Exponat. Der Schauraum zeigt 150 Einzelpräparate und 15 Ganzkörperplastinate. Besucher von Ausstellung und Werkstatt können sich vorab in einem separaten Raum mit einer Einführung in die Anatomiegeschichte auf das Thema vorbereiten und einstimmen.
Damit ist das PLASTINARIUM in Guben eine neue und bisher unbekannte Kombination aus Anatomiewerkstatt und -museum. Auf über 2500 m² Fläche einer ehemaligen Tuchmacherei (der “Gubener Wolle”) erhält der Besucher umfassende Einblicke in die verschiedenen Techniken der Präparation von Körpern mit anschließender Konservierung durch Plastination. Mit modernster Technik entstehen hier Unterrichtspräparate (z. B. Skelette und Körperscheiben), Gefäßgestalten und anatomische Großplastinate für die Ausbildung von Ärzten und medizinischen Laien. Das PLASTINARIUM leistet auf diese Weise einen wertvollen Beitrag zur medizinischen Ausbildung, Aufklärung und Gesundheitsförderung.
Werden Sie Zeuge, wie vergängliche Körper von Menschen und Tieren mithilfe der einmaligen Technik der Plastination für die Nachwelt erhalten und ästhetisch so ansprechend gestaltet werden, dass Sie die Schönheit und Verletzlichkeit unserer Existenz unmittelbar erfahren können. Annähernd 25 Millionen Menschen weltweit haben sich bisher bei der Ausstellung KÖRPERWELTEN von der Echtheit der Exponate faszinieren lassen. Werfen Sie einen Blick hinter die Kulissen!
Der Rundgang durch das PLASTINARIUM führt durch drei Bereiche.
Der erste Bereich widmet sich den Anfängen der Anatomie. Er zeigt u. a. auf, welch revolutionäre Bedeutung die Anatomie für den medizinischen Fortschritt hatte und wie sie durch Renaissancekünstler wie Leonardo da Vinci richtungsweisend beeinflusst wurde. Die Anatomie ist die älteste naturwissenschaftliche Disziplin der Medizin. Heute markiert Gunther von Hagens’ Erfindung der Plastination den bisherigen Höhepunkt in der anatomischen Präparation und Konservierung.
Im zweiten Bereich, dem Zentrum des PLASTINARIUMS, steht die Plastinationswerkstatt. Hier wird die Herstellung anatomischer Präparate schrittweise und anschaulich vermittelt. Dies schließt die Formalinfixierung und die anatomische Präparation eines Körpers ebenso ein wie die einzelnen Schritte der Plastination: die Entwässerung, die forcierte Vakuumimprägnierung mit Silikon, gefolgt von der Positionierung und Härtung der Silikonpräparate und die abschließende anatomische Nachpräparation. Auch Spezialtechniken wie die Herstellung von Knochen- und arteriellen Ausgusspräparaten sowie die Scheibenplastination mit den Einzelschritten Positionierung, Einfrieren, Sägen, Entwässerung, Entfettung und Härtung werden demonstriert.
Kurzfilme an den jeweiligen Stationen ergänzen den lehrreichen wie spannenden Rundgang.
Im Schauraum, dem dritten Bereich des PLASTINARIUMS, befindet sich eine KÖRPERWELTEN- Ausstellung mit weltbekannten Ganzkörperplastinaten, wie z. B. der Gorilla und der Schachspieler. Guben ist weltweit die einzige Dauerausstellung, in der man die KÖRPERWELTEN hautnah das ganze Jahr über erleben kann!
Hier offenbart sich an rund 150 Einzelpräparaten und 15 Ganzkörperplastinaten der innere Aufbau des menschlichen Körpers: Vom Skelett des Menschen und seinem Zusammenwirken mit der Muskulatur über die Funktionsweise der inneren Organe des Atemtraktes und der Verdauungsorgane, dem Nerven- und Herz-Kreislauf-System bis hin zur Entwicklung des Menschen im Mutterleib.
Leicht verständliche Begleittexte erläutern die Funktionen der einzelnen Organsysteme. Auch krankhafte Organveränderungen sind zu sehen, wie etwa Gelenkarthrose, Herzinfarkt oder die Folgen langjährigen Rauchens. Das PLASTINARIUM leistet auf diese Weise einen wertvollen Beitrag zur Gesundheitsförderung.
Abschließender Höhepunkt der Ausstellung ist das Plastinat “Pokerrunde, 2006”. Es wurde 2006 exklusiv für die Dreharbeiten des James-Bond-Films “Casino Royale” gefertigt, denn eine entscheidende Filmszene spielt in einer KÖRPERWELTEN-Ausstellung.“
Sicherlich kann man darüber, was man hier zu sehen bekommt, geteilter Meinung sein. Ich war drin und habe mir selbst ein Bild gemacht, um urteilen zu können. Kindergruppen und Schulklassen habe ich nicht gesehen, die zugucken konnten, wie tiefgefrorene menschliche Körper zersägt wurden, wie das kurz nach der Eröffnung in den Medien kolportiert wurde.
Sicherlich finde auch ich nicht alles gut und pietätvoll, was man im dritten Teil der Ausstellung zu sehen bekommt, z.B. die „Pokerrunde, 2006“. Aber gut finde ich, dass eine gewisse gewollte Provokanz in der Darstellung dazu anregt, sich über Leben und Tod, besonders auch über eine gewisse Art von Selbstverstümmelung durch Alkohol und Nikotin gegenüber einer gesunden Lebensweise, Gedanken zu machen. Auch die Darstellung der Geschichte der Anatomie im ersten Bereich der Ausstellung, zu der kein geringerer als Johann Wolfgang von Goethe im Entree einlädt (wenn auch nur mit großformatigem Bild), habe ich so eindrucksvoll noch nirgends gesehen und auch noch nichts Gleichartiges zuvor darüber gehört.
Und mal nebenbei gesagt: Der Ausgangspunkt unserer Tour unmittelbar vor dem Plastinarium ist auch nicht zufällig gewählt. Da unsere Tour am 27. Juli auch dort beginnen und enden wird, kann man, wenn man denn möchte, sich anschließend gleich noch im Plastinarium bis 18.00 Uhr umsehen. Genügend Flyer vom Plastinarium haben wir immer bei uns, wenn wir in der Niederlausitz, also auch in Guben, unterwegs sind. Wer allerdings natürlich den Besuch eines solchen „gläsernen Betriebes“ mit voyeuristischen Gedanken verbindet, der wird nach dem Rundgang vielleicht enttäuscht sein…
Ich frage mich immer wieder, wenn ich „Plastinarium“ lese oder höre, ob denn die Weisung des Brandenburger Bildungsministeriums für die Schuldirektoren immer noch besteht, keine organisierten Klassenfahrten in das Plastinarium zu dulden. Werden unsere Kinder davon dümmer? Der Vattenfall-Bus darf doch auch auf die Schulhöfe kommen zur Umwelterziehung und zur Präsentation dessen, was Vattenfall für ein umweltfreundlicher Energiekonzern ist und wo erläutert wird, wie man Energie sparen kann, um die Umwelt und den Geldbeutel zu schonen. Und das mit dem ausdrücklichen Wohlwollen dieses Ministeriums…
Bevor wir nun endlich zum Poetensteig an der Egelneiße kamen, nutzen auch wir natürlich die Gelegenheit, um uns gegenseitig auf der alten Straßenwalze digital abzulichten (siehe Foto).
Nun geht es über die Alte Poststraße. Verfolgt man den Verlauf der Alten Poststraße auf einer alten Landkarte, z.B. auch auf dem Verkehrsplan der Stadt Guben von 1927, und denkt sich die Eisenbahntrasse mit dem Gubener Bahnhof einmal weg, so wird man feststellen, dass dieser alte Postweg seinen Namen zurecht hat und ursprünglich seine Trasse über das Bahnhofsgelände, den eingemeindeten Ort Reichenbach und Schenkendöbern fortsetzte. Erst ab der 90° Kurve vor Lübbinchen, die inzwischen auch „entschärft“ wurde, ist die Alte Poststraße mit dem heutigen Verlauf der B 320 identisch bis Lübben, wo sie in die heutige B 87, den früheren Messeweg von Frankfurt/Oder nach Leipzig, einmündet. Auch August der Starke, Kurfürst von Sachsen und König von Polen, hat diesen Weg mit seinem Gefolge nach einem mehr oder weniger lang ausgedehnten Aufenthalt im Schulenburg’schen Schloss Lieberose wohl genutzt, wenn er nach Warschau unterwegs war.
Gerd Laeser, Gästeführer Niederlausitz, Lübbenau
(Teil III – morgen, Mittwoch, den 11.07.08)
Das Plastinarium lädt ein…
Wir, Die Niederlausitzer Wandergurken, als Fahrer und Beifahrerin der Straßenwalze in spe
Der Poetensteig an der Egelneiße in Höhe des alten Schlachthofes