Nach dem Gutachten von Greenpeace zum geplanten Tagebau Welzow Süd II bei Lieske wurde die Standfestigkeit des entstehenden “natürlichen Damms” auf dem das Dorf Lieske steht, bezweifelt. zum Artikel Vattenfall weist die Ergebnisse mittlerweile zurück. Hier nachzulesen Herr Krupp führte im Auftag von Greenpeace Untersuchungen durch und wir fragten Herrn Neubauer, Energie-Experte von Greenpeace zu den Ergebnissen:
B.A.: “Wie realistisch ist die Gefahr eines Durchbruchs?”
Herr Neubauer: “Im Sedlitzer See befinden sich gewaltige Wassermassen, die nur durch einen schmalen Damm natürlich gewachsenen Bodens vom tiefer gelegenen Tagebau ferngehalten werden. Das Gutachten von Herrn Krupp zeigt auf, dass dieser Damm im schlimmsten Fall bei Lieske reißen könnte, mit unabsehbaren Konsequenzen für Anwohner und Belegschaft. Das heißt nicht dass es so kommen muss, aber die Gefahr besteht.”
B.A.: “Welche Rolle spielt der Höhenunterschied zwischen Tagebau und Sedlitzer See?”
Herr Neubauer: “Zwischen dem Wasserstand im Sedlitzer See und dem geplanten Tagebau Herr würde ein Höhenunterschied von mehr als 60 Metern bestehen. Daraus resultiert ein enormer Wasserdruck von über 6 bar, der permanent auf Vattenfalls Dichtwand drücken würde. Es ist vollkommen unverantwortlich, den Tagebau so nahe an den Sedlitzer See heranzubauen.”
B.A.: “Der Vergleich zu Nachterstädt wurde aufgeführt, der Ort ist auf einer Hochhalde gebaut, Lieske auf gewachsenem Grund, kann man das vergleichen? Wenn ja – warum? Und wo gibt es Unterschiede in der Gefährdungslage?”
Herr Neubauer: “Das entscheidende ist zunächst, dass sich in Lieske ebenso wie in Nachterstedt eine katastrophale Rutschung ereignen könnte, deren Folgen in Lieske sogar noch gravierender sein könnten als in Nachterstedt. Lieske steht zwar anders als Nachterstedt auf natürlich gewachsenem Boden. Durch die Lage zwischen See und Tagebau entstünde hier aber eine Art Dammbauwerk. Der Gutachter Herr Krupp hat begründete Zweifel, ob der Boden unter dem Ort Lieske als Damm geeignet ist.”
B.A.: “Vattenfalls Dichtwand bietet keine Sicherheit vor der Katastrophe bei Lieske“ ist ihre Aussage im Artikel. Was bringt Sie zu der Ansicht? Die Dichtwand wäre doch ca. 30m im Boden wenn der Höhenunterschied knapp 60m beträgt.”
Herr Neubauer: “Die Dichtwand hat die entscheidende Schwäche, dass sie nicht in eine grundwasserstauende Schicht, z.B. Ton, einbindet. Eine solche Schicht ist aber Voraussetzung für das Funktionieren der Dichtwand. Es droht daher die Unterspülung der Dichtwand, die zum Grundbruch führen kann. Außerdem können durch den enormen Wasserdruck auch kleine Fehlstellen zu eskalierenden Erosionsprozessen führen. Die Gefahr eines katastrophalen Grundbruchs kann die Dichtwand nicht beheben.”
B.A.: “Gibt es Zahlen, wie hoch die Standfestigkeit des natürlich gewachsenen Bodens ist? z.B. im Vergleich zu einem gebauten Damm? Wie sehr verstärkt die Dichtwand die Standfestigkeit?”
Herr Neubauer: “Herr Krupp hat die Standfestigkeit des Bodens bei Lieske nicht in Zahlen bemessen. Entscheidend ist aber, dass erst durch den Bau der Dichtwand an dieser ein punktuell sehr steiler hydraulischer Gradient bzw. hoher Wasserdruck entsteht (ohne die Dichtwand wäre der hydraulische Gradient viel flacher). Das heißt, dass die Gefahr einer plötzlichen Rutschung gerade durch die Stauwirkung der Dichtwand entsteht.”
B.A.: “Wie wahrscheinlich ist eine Unterspülung der Dichtwand und gibt es Erfahrungswerte, in welchem Zeitraum so etwas abläuft?”
Herr Neubauer: “Herr Krupp geht davon aus, dass es aufgrund der bekannten Bodenstruktur, vor allem wegen des Fehlens einer grundwasserstauenden Tonschicht am unteren Ende der Dichtwand, zur Unterspülung kommen wird. Daraus resultiert die Gefahr eines hydraulischen Grundbruch (d.h. einer Erdrutschung), wobei sich dazu kaum ein Eintrittswahrscheinlichkeit bemessen läßt. Klar ist allerdings, dass ein solcher Grundbruch sehr plötzlich, d.h. innerhalb von Sekunden, und auf großen Flächen auftreten kann.”
B.A.: “Was müsste Vattenfall tun, damit der Ort sicher ist?”
Herr Neubauer: “Als erstes ist hier Ministerpräsident Platzeck gefordert, der das Braunkohleplanverfahren Welzow-Süd II umgehend stoppen muss. Es kann nicht sein, dass das Leben randbetroffener Bürger für den Kohleabbau aufs Spiel gesetzt wird. Eine mögliche Option, um das Problem zu beheben wäre ein vergrößerter Sicherheitsabstand. Das ist aber technisch kaum möglich, weil der Tagebau bei Lieske schon recht schmal ist. Die Beendigung der Tagebaupläne ist daher die einzig sinnvolle Abhilfe.”
B.A.: “Was bedeutet, es wäre technisch kaum möglich den Tagebau schmaler zu bauen? Von den Abbaugerätschaften her oder von der Wirtschaftlichkeit des Tagebaus?”
Herr Neubauer: “Meine Bemerkung, dass es technisch kaum möglich ist, den Tagebau schmaler zu bauen betrifft die Abbaugeräte. Der geplante Tagebau hat zwischen Lieske und Welzow mit ca. 2 km seine schmalste Ausdehnung. Um genauere Angaben darüber zu erhalten, wie stark man den Sicherheitsabstand theoretisch erhöhen könnten, müssten Sie aber bei Vattenfall nachfragen.”
B.A.: “Wie lang würde die geförderte Kohle die Kraftwerke versorgen können?”
Herr Neubauer: “Die Kohle aus dem Tagebau Welzow-Süd II soll in den Jahren 2027 bis 42 gefördert werden und dient in erster Linie der Versorgung des Kraftwerks Schwarze Pumpe. Insgesamt lagern in dem geplanten Tagebau 204 Millionen Tonnen Braunkohle, der Tagebau hätte eine Fläche von 1,9 qkm. Wie hoch die daraus entstehende Strommenge ist, kann ich gegenwärtig nicht sagen.”
B.A.: “Gibt es ähnliche Projekte, die bereits durchgeführt wurden oder in Planung sind?”
Herr Neubauer: “Die im Bau befindliche Dichtwand ist nicht das erste solche Projekt, Vattenfall betreibt beispielsweise am Tagebau Jänschwalde bereits eine Dichtwand. Allerdings wird dort der Tagebau nicht so nahe an einen riesigen Restlochsee herangeführt, so dass die Voraussetzungen ganz andere sind.”
Vielen Dank!
Foto: Gerald Neubauer, Isadora Tast/Greenpeace
Nach dem Gutachten von Greenpeace zum geplanten Tagebau Welzow Süd II bei Lieske wurde die Standfestigkeit des entstehenden “natürlichen Damms” auf dem das Dorf Lieske steht, bezweifelt. zum Artikel Vattenfall weist die Ergebnisse mittlerweile zurück. Hier nachzulesen Herr Krupp führte im Auftag von Greenpeace Untersuchungen durch und wir fragten Herrn Neubauer, Energie-Experte von Greenpeace zu den Ergebnissen:
B.A.: “Wie realistisch ist die Gefahr eines Durchbruchs?”
Herr Neubauer: “Im Sedlitzer See befinden sich gewaltige Wassermassen, die nur durch einen schmalen Damm natürlich gewachsenen Bodens vom tiefer gelegenen Tagebau ferngehalten werden. Das Gutachten von Herrn Krupp zeigt auf, dass dieser Damm im schlimmsten Fall bei Lieske reißen könnte, mit unabsehbaren Konsequenzen für Anwohner und Belegschaft. Das heißt nicht dass es so kommen muss, aber die Gefahr besteht.”
B.A.: “Welche Rolle spielt der Höhenunterschied zwischen Tagebau und Sedlitzer See?”
Herr Neubauer: “Zwischen dem Wasserstand im Sedlitzer See und dem geplanten Tagebau Herr würde ein Höhenunterschied von mehr als 60 Metern bestehen. Daraus resultiert ein enormer Wasserdruck von über 6 bar, der permanent auf Vattenfalls Dichtwand drücken würde. Es ist vollkommen unverantwortlich, den Tagebau so nahe an den Sedlitzer See heranzubauen.”
B.A.: “Der Vergleich zu Nachterstädt wurde aufgeführt, der Ort ist auf einer Hochhalde gebaut, Lieske auf gewachsenem Grund, kann man das vergleichen? Wenn ja – warum? Und wo gibt es Unterschiede in der Gefährdungslage?”
Herr Neubauer: “Das entscheidende ist zunächst, dass sich in Lieske ebenso wie in Nachterstedt eine katastrophale Rutschung ereignen könnte, deren Folgen in Lieske sogar noch gravierender sein könnten als in Nachterstedt. Lieske steht zwar anders als Nachterstedt auf natürlich gewachsenem Boden. Durch die Lage zwischen See und Tagebau entstünde hier aber eine Art Dammbauwerk. Der Gutachter Herr Krupp hat begründete Zweifel, ob der Boden unter dem Ort Lieske als Damm geeignet ist.”
B.A.: “Vattenfalls Dichtwand bietet keine Sicherheit vor der Katastrophe bei Lieske“ ist ihre Aussage im Artikel. Was bringt Sie zu der Ansicht? Die Dichtwand wäre doch ca. 30m im Boden wenn der Höhenunterschied knapp 60m beträgt.”
Herr Neubauer: “Die Dichtwand hat die entscheidende Schwäche, dass sie nicht in eine grundwasserstauende Schicht, z.B. Ton, einbindet. Eine solche Schicht ist aber Voraussetzung für das Funktionieren der Dichtwand. Es droht daher die Unterspülung der Dichtwand, die zum Grundbruch führen kann. Außerdem können durch den enormen Wasserdruck auch kleine Fehlstellen zu eskalierenden Erosionsprozessen führen. Die Gefahr eines katastrophalen Grundbruchs kann die Dichtwand nicht beheben.”
B.A.: “Gibt es Zahlen, wie hoch die Standfestigkeit des natürlich gewachsenen Bodens ist? z.B. im Vergleich zu einem gebauten Damm? Wie sehr verstärkt die Dichtwand die Standfestigkeit?”
Herr Neubauer: “Herr Krupp hat die Standfestigkeit des Bodens bei Lieske nicht in Zahlen bemessen. Entscheidend ist aber, dass erst durch den Bau der Dichtwand an dieser ein punktuell sehr steiler hydraulischer Gradient bzw. hoher Wasserdruck entsteht (ohne die Dichtwand wäre der hydraulische Gradient viel flacher). Das heißt, dass die Gefahr einer plötzlichen Rutschung gerade durch die Stauwirkung der Dichtwand entsteht.”
B.A.: “Wie wahrscheinlich ist eine Unterspülung der Dichtwand und gibt es Erfahrungswerte, in welchem Zeitraum so etwas abläuft?”
Herr Neubauer: “Herr Krupp geht davon aus, dass es aufgrund der bekannten Bodenstruktur, vor allem wegen des Fehlens einer grundwasserstauenden Tonschicht am unteren Ende der Dichtwand, zur Unterspülung kommen wird. Daraus resultiert die Gefahr eines hydraulischen Grundbruch (d.h. einer Erdrutschung), wobei sich dazu kaum ein Eintrittswahrscheinlichkeit bemessen läßt. Klar ist allerdings, dass ein solcher Grundbruch sehr plötzlich, d.h. innerhalb von Sekunden, und auf großen Flächen auftreten kann.”
B.A.: “Was müsste Vattenfall tun, damit der Ort sicher ist?”
Herr Neubauer: “Als erstes ist hier Ministerpräsident Platzeck gefordert, der das Braunkohleplanverfahren Welzow-Süd II umgehend stoppen muss. Es kann nicht sein, dass das Leben randbetroffener Bürger für den Kohleabbau aufs Spiel gesetzt wird. Eine mögliche Option, um das Problem zu beheben wäre ein vergrößerter Sicherheitsabstand. Das ist aber technisch kaum möglich, weil der Tagebau bei Lieske schon recht schmal ist. Die Beendigung der Tagebaupläne ist daher die einzig sinnvolle Abhilfe.”
B.A.: “Was bedeutet, es wäre technisch kaum möglich den Tagebau schmaler zu bauen? Von den Abbaugerätschaften her oder von der Wirtschaftlichkeit des Tagebaus?”
Herr Neubauer: “Meine Bemerkung, dass es technisch kaum möglich ist, den Tagebau schmaler zu bauen betrifft die Abbaugeräte. Der geplante Tagebau hat zwischen Lieske und Welzow mit ca. 2 km seine schmalste Ausdehnung. Um genauere Angaben darüber zu erhalten, wie stark man den Sicherheitsabstand theoretisch erhöhen könnten, müssten Sie aber bei Vattenfall nachfragen.”
B.A.: “Wie lang würde die geförderte Kohle die Kraftwerke versorgen können?”
Herr Neubauer: “Die Kohle aus dem Tagebau Welzow-Süd II soll in den Jahren 2027 bis 42 gefördert werden und dient in erster Linie der Versorgung des Kraftwerks Schwarze Pumpe. Insgesamt lagern in dem geplanten Tagebau 204 Millionen Tonnen Braunkohle, der Tagebau hätte eine Fläche von 1,9 qkm. Wie hoch die daraus entstehende Strommenge ist, kann ich gegenwärtig nicht sagen.”
B.A.: “Gibt es ähnliche Projekte, die bereits durchgeführt wurden oder in Planung sind?”
Herr Neubauer: “Die im Bau befindliche Dichtwand ist nicht das erste solche Projekt, Vattenfall betreibt beispielsweise am Tagebau Jänschwalde bereits eine Dichtwand. Allerdings wird dort der Tagebau nicht so nahe an einen riesigen Restlochsee herangeführt, so dass die Voraussetzungen ganz andere sind.”
Vielen Dank!
Foto: Gerald Neubauer, Isadora Tast/Greenpeace