Heute startet Andrea Bunar in ihre zehnte Saison als Kahn-Zustellerin und liefert im Spreewalddorf Lehde wieder Briefe und Pakete auf dem Wasserweg aus. „Die Corona-Pandemie hat auch meinen privaten und beruflichen Alltag in den letzten Monaten verändert, aber manche Dinge sind glücklicherweise beim Alten geblieben. Und dazu gehört die unberührte Natur im Spreewald. Gerade in diesen turbulenten Zeiten ist es schön, auf dem Wasser etwas Ruhe und Gelassenheit zu tanken. Ich freue mich sehr darauf, wieder auf den Kahn zu steigen und auf den idyllischen Fließen unterwegs zu sein“, sagt sie.
Mehr als 600 Briefe und 70 Pakete pro Woche
In den Wintermonaten werden die Kunden in Lehde mit dem Postauto beliefert. Dabei müssen jedoch längere Strecken zu Fuß, teils über Brücken und Treppen, zurückgelegt werden. Die Postzustellung per Kahn hat eine bereits 124-jährige Tradition – und gehört damit für die meisten Einheimischen zum festen Bestandteil ihres Alltags. Pro Woche liefert die Postzustellerin in Lehde mehr als 600 Briefe, Einschreiben und Postkarten sowie rund 70 Pakete und Päckchen per Kahn aus, denn viele der 65 Haushalte hier haben keine direkte Anbindung zur Straße. Andrea Bunar bietet auf ihrer Tour auch einen mobilen Postservice an: Kunden können ihr Briefe und Pakete mitgeben sowie Brief- und Paketmarken kaufen. Auf der Tour durch Lehde leert sie außerdem zwei Briefkästen an Ausflugslokalen.
Vormittags Auto, nachmittags Kahn
Vormittags beliefert die 50-Jährige zuerst die Kunden in Lübbenau mit dem Postauto. Gegen Mittag steigt sie in ihren gelben Kahn um. Muskelkater in den Armen ist in den ersten Wochen nach dem Saisonstart inklusive. Pakete können bis zu 31,5 Kilogramm wiegen. Egal, ob Rasenmäher, Flachbildschirm, Hollywoodschaukel oder Gartenhecke – Andrea Bunar hat das alles auch schon über die Fließe zu ihren Kunden gebracht. „Im letzten Jahr hatte ich ein ganz besonderes Paket auf meinem Kahn: Einen sorgsam verpackten Apfelbaum! Auch den habe ich wohlbehalten auf dem Wasserweg zu seinem Empfänger transportiert. Über die Jahre kommt schon einiges an Gewicht zusammen. Den Kahn bewege ich auf meiner rund acht Kilometer langen Tour mit reiner Muskelkraft“, sagt die Postzustellerin. Die klimaneutrale und leise Kahn-Zustellung ist im UNESCO Biosphärenreservat Spreewald ideal.
Andrea Bunar pflegt auch privat die Bräuche der Region: „Bei Festen wie der Fastnacht trage ich die sorbische Tracht. Mit der Kahnzustellung erhält die Deutsche Post eine lange Tradition, die weit über den Spreewald hinaus bekannt ist“, sagt sie. Ende der 1890er Jahre mussten die Bewohner Lehdes ihre Post sonntags beim Kirchgang abholen. Mit der Industrialisierung und der damit verbundenen Landflucht nahm der Postversand zur Kontaktaufnahme mit den Daheimgebliebenen immer mehr zu. Deshalb beschloss die Post 1897, die Sendungen per Kahn direkt zu den Kunden nach Hause zu bringen. Heute ist die Paket- und Briefzustellung der Deutschen Post bis in den entlegensten Winkel an sechs Tagen pro Woche bundesweiter Standard.
Sonderstempel veröffentlicht
Zum Saisonstart gibt es für Briefmarkenfreunde auch wieder einen Sonderstempel. Interessierte können Vorlagen mit ihren Stempelwünschen an folgende Adresse schicken: Deutsche Post AG, Niederlassung Multikanalvertrieb, Sonderstempelstelle, 92627 Weiden (bei
Paketen bitte folgende Hausanschrift verwenden: Franz-Zebisch-Straße 15, 92637 Weiden.)
Fotos: Deutsche Post DHL/Jens Schlüter