Lauchhammer. Seit dem Stellenantritt des neuen Chefarztes Dr. med. Konstantin Godin vor zwei Jahren spezialisiert sich die Klinik für Urologie des Klinikums Niederlausitz auf operative Eingriffe bei Tumoren des Harntraktes und auf die Wiederherstellungschirurgie. Bereits seit Ende 2016 erfolgen regelmäßig Niereneingriffe – falls die Situation es erlaubt – mittels laparoskopischer OP-Technik, der sogenannten Schlüssellochchirurgie.
Die erste radikale laparoskopische Prostatektomie, vollständige Entfernung der Prostata, mit der Schlüssellochchirurgie erfolgte Ende August im Klinikum Niederlausitz. „Bei der OP war keine zusätzliche Blutübertragung notwendig. Der 71-jährige Patient aus Lauchammer mit einem organbegrenztem Prostatakarzinom erholte sich schnell nach dem Eingriff. Der Harnblasenkatheter wurde am siebten Tag nach der OP entfernt und der Patient konnte am Folgetag aus der Klinik entlassen werden“, erläutert Chefarzt Dr. Godin den Verlauf der Behandlung.
Die radikale Prostatektomie (RPE) stellt eine urologische Operationstechnik dar, bei der beim Vorliegen eines lokal begrenzten Prostatakarzinoms die vollständige Entfernung der Prostata vorgenommen wird. Somit besteht der Vorteil, dass eine vollständige Tumorentfernung erfolgt und somit eine Heilung ermöglicht werden kann.
Beim Prostatakarzinom (Krebs) handelt es sich um eine bösartige Geschwulst. Prostatakrebs ist in Deutschland mit Abstand die häufigste Krebsart bei Männern. Im Jahr 2014 wurde die Erkrankung bei knapp 60.000 Betroffenen neu entdeckt. Mit einem Anteil von rund 10 Prozent steht das Prostatakarzinom hinter Lungen- und Darmkrebs an dritter Stelle bei den zum Tode führenden Krebserkrankungen. Tumore der Vorsteherdrüse treten meistens erst im fortgeschrittenen Alter auf. Zum Zeitpunkt der Diagnose sind die Betroffenen durchschnittlich 70 Jahre alt. Oft bleibt der Krebs lange Zeit unbemerkt. Zur Einengung der Harnröhre mit Störungen beim Wasserlassen kommt es meist erst dann, wenn der Tumor bereits groß ist und sich ausgebreitet hat. Ob es sich um eine gut- oder bösartige Prostataveränderung handelt, kann nur der Arzt überprüfen. Für Prostatakrebs gilt: Je früher er festgestellt wird, desto besser sind die Chancen für eine vollständige Heilung.
Das ehrgeizige Ziel, die laparoskopische radikale Prostataentfernung (Prostatektomie) auch in der Klinik für Urologie in Lauchhammer zu etablieren, wurde kürzlich durch die Einstellung eines neuen Arztes mit sehr guten operativen Erfahrungen möglich. Im Gegenteil zu laparoskopischen Niereneingriffen, spielt der Assistent bei der laparoskopischen Prostatektomie eine aktive Rolle und muss sich in den anatomischen Feinheiten und Präparationsschritten sehr gut auskennen. Nach zweijähriger Vorlaufzeit, in der mehrere laparoskopische Niereneingriffe erfolgten, konnten auch die Narkoseärzte und -schwestern und die Operationsschwestern sich entsprechende Vorerfahrungen aneignen, damit der erste Eingriff an der Prostata einwandfrei ablaufen konnte.
Klinik für Urologie in Lauchhammer
In der Klinik für Urologie des Klinikums Niederlausitz am Standort Lauchhammer werden pro Jahr rund 1.000 Patienten stationär behandelt. Das Ärzteteam umfasst neben Chefarzt Dr. med. Konstantin Godin vier weitere Fachärzte und zwei Ärzte in Weiterbildung. Die Klinik befasst sich mit der Diagnostik und den Erkrankungen der Nieren und des harnableitenden Systems (Harnblase, Harnleiter und Harnröhre) sowie den männlichen Geschlechtsorganen (Prostata, Hoden und Penis). Zu den medizinischen Leistungen zählen die laparoskopische Chirurgie (Schlüssellochchirurgie), die offene Tumorchirurgie bei lokal fortgeschrittene Tumoren, die Harnröhrenchirurgie, die Kinderurologie sowie die Untersuchung, Beratung, medikamentöse und operative Therapie der Harninkontinenz
Laparoskopische radikale Prostatektomie
Die Technik der laparoskopischen radikalen Prostatektomie wurde in 1990er entwickelt und bekam ihre Weiterentwicklung in der roboterassistierten radikalen Prostatektomie, die derzeit nur in wenigen großen Kliniken angeboten wird. Analog zur robotischen Technik erfolgt der Eingriff mit miniaturisierten 5 bis maximal 10 mm starken Instrumenten, unter der Kontrolle einer HD-Kamera. Sämtliche Instrumente mitsamt Kamera werden durch insgesamt fünf 0,5 bis 1 cm lange Schnitte in den Körper eingeführt. Der Unterschied zur roboterassistierten Operation besteht darin, dass Instrumente nicht mittelbar durch die Roboterarme, sondern direkt vom Operateur und Assistenten bewegt werden. Der Vorteil beider Techniken, im Vergleich zur klassischen offenen Methode, besteht in besserer Erkennung feiner anatomischen Strukturen unter mehrfacher Vergrößerung der HD-Kamera, was beim Erhalt der Kontinenz (Fähigkeit, Urin zu halten) und der Potenz besonders wichtig ist. Zu weiteren Vorteilen gehören ein nachgewiesen geringerer Blutverlust, ein geringerer Schmerzmittelverbrauch nach der Operation und eine schnellere Wiedereingliederung in den Alltag.
Foto: Foto: Klinikum Niederlausitz / Daniela Graß