So mancher Politiker in Brandenburg pflegt ein regelrecht mystisches Verhältnis zum Neubau des Kraftwerkes Jänschwalde. Zwischen 2020 und 2030 könnte hier das alte Kraftwerk durch einen Neubau ersetzt werden, zu dessen Versorgung mindestens der Tagebau Jänschwalde-Nord aufgeschlossen und mehrere brandenburgische Dörfer abgebaggert werden müssten. Auf dieses Kraftwerk werden seitens der Befürworter derartig viele unerfüllbare Hoffnungen projiziert, dass eine Versachlichung der Debatte dringend Not tut. Die Zahlen, die zu Wirkungsgrad, Flexibilität, CO2-Abscheidung und Arbeitsplatzsicherung in Umlauf gebracht werden, schließen sich gegenseitig faktisch aus. So senkt ein regelmäßiger Teillastbetrieb (Flexibilität) den Wirkungsgrad und die Arbeitsplatzeffekte, CO2-Abscheidung senkt den Wirkungsgrad und schränkt die Flexibilität ein.
Schauen wir uns zunächst die Versprechungen an: Bei einer Leistung von 2000 Megawatt soll das Kraftwerk laut den Szenarien der „Energiestrategie 2030“ gleichzeitig
– hochflexibel sein,
– 44 % elektrischen Wirkungsgrad erreichen,
– das entstehende Kohlendioxid „mit einer hohen Abscheiderate von über 90 Prozent“ abscheiden sowie
– mit mehr als 7000 Volllaststunden gefahren werden und tausende direkte und indirekte Arbeitsplätze sichern.
Gewissermaßen wird hier ein eierlegendes Wollmilchkraftwerk propagiert, dass alle Probleme der Energiewirtschaft mit einem Schlag löst. Jeder einzelne dieser Angaben ist dabei höchst zweifelhaft und wird in der Praxis voraussichtlich nicht erreichbar sein. Die zur Energiestrategie des Landes Brandenburg erstellten Studien haben nicht überprüft, wie realistisch diese Annahmen sind: Sie wurden den Gutachtern stattdessen von Regierungsseite mit der Aufgabenstellung vorgegeben. Gänzlich ausgeschlossen ist jedoch, dass sie in dieser Kombination auftreten.
Der elektrische Wirkungsgrad des Kraftwerkes gibt den Idealzustand an, wie er bei gleichmäßigem Betrieb und voller Auslastung des Kessels eintritt. Nun werden „hochflexible“ Braunkohlenkraftwerke versprochen, die als „Partner der Erneuerbaren Energien“ zum Ausgleich der schwankenden Einspeisung ständig hoch- und runter gefahren werden. Wird ein Kohlekraftwerk in niedrigen Teillastbereichen gefahren, sinkt der Wirkungsgrad jedoch deutlich ab.
Sollten Braunkohlenkessel jemals auf 20 % der Nennlast heruntergeregelt werden können, wird dieser Wirkungsgradverlust nach Einschätzung von Kraftwerkstechnikern dramatisch sein. Der regelmäßige Teillastbetrieb ist aber Sinn und Zweck von hoher Flexibilität.
Zudem hat er einen zweiten Effekt: Bei geringer Auslastung sinkt der Kohleverbrauch und mit ihm die Arbeitsplatzeffekte des Kraftwerkes. Ein großer Teil der im Tagebau anfallenden Arbeiten ist natürlich von der Fördermenge abhängig, da die Arbeitsschritte bei höherer Förderung häufiger vorgenommen werden müssen: Das reicht vom Rücken der Gleise, dem Bohren neuer Entwässerungsbrunnen über den Betrieb und die Wartung der Bagger bis zur Rekultivierung gekippter Flächen. Hochflexible Kraftwerke, die sich im niedrigen Teillastbereich zu Hause fühlen, würden deutlich weniger Arbeit im Tagebau schaffen, als bisher. Der Schaden, den ein Tagebau Jänschwalde-Nord durch Grundwasserabsenkung, Umsiedlung und Zerstörung von Kulturlandschaft anrichten würde, sinkt dagegen durch geringere Jahresförderung kaum, wenn das Gesamtprojekt einmal genehmigt ist.
Gleichzeitig soll Braunkohle „klimaverträglich“ werden, in dem das entstehende Kohlendioxid abgeschieden und an bisher nicht genannten Orten im Ausland entsorgt werden soll. Die Wirtschaftlichkeit dieses Unterfangens sowie die Sicherheit der Verpressung sind hochgradig umstritten. Ginge man dennoch von CCS-Anwendung aus, so wäre sie mit dem genannten Wirkungsgrad nicht vereinbar. Wirkungsgrade von 40 % bei Braunkohlekraftwerken mit CCS gelten bereits als ehrgeiziges und kaum erreichbares Ziel, da insbesondere die „700-Grad-Technik“ bisher kaum die in sie gesetzten Hoffnungen erfüllen konnte. Die Landesregierung legte mal eben noch 4 Prozent drauf, ohne an irgendeiner Stelle eine Begründung dafür zu liefern. Bei dieser Vorgabe für die Gutachter der Energiestrategie handelt es sich offenbar nicht um eine fachliche Prognose, sondern um politische Propaganda. Grundsätzlich gilt: Je höher der Abscheidegrad, desto mehr Energie ist dafür notwendig, umso stärker sinkt also der Wirkungsgrad. Bei mehr als 90 % Abscheiderate ist ein elektrischer Wirkungsgrad von 44 % völlig indiskutabel.
Ähnlich ist es mit der Flexibilität: Bei der von Vattenfall verfolgten Oxyfuel Technologie muss neben der Kohleverbrennung auch Luft zerlegt und CO2 verflüssigt werden, es entsteht eine Mischung aus Kraftwerk und Chemiefabrik. Hohe Abscheideraten funktionieren am besten bei gleichmäßigen Prozessen. Ob in der Praxis der schwankende Teillastbetrieb zu geringen CO2-Abscheideraten
führen würde oder die CO2-Abscheidung die Vereinbarkeit mit Erneuerbaren Energien verhindert, das hinge von den politischen und betriebswirtschaftlichen Rahmenbedingungen ab. Beide Ansprüche gleichzeitig zu erfüllen geht nicht oder nur zu unvertretbaren Kosten.
Fazit: Jedes reale Kraftwerk wird die ideologisch aufgeladenen Hoffnungen der brandenburgischen Regierungspolitik zwangsläufig enttäuschen müssen. Sein energie- und strukturpolitischer Nutzen wird daher deutlich hinter den Erwartungen zurück bleiben. In keinem Fall rechtfertigt ein Neubaukraftwerk die durch Braunkohlenabbau, -verstromung sowie CO2-Transport und – verpressung verursachten Probleme und Risiken. In der überregionalen Wirkung würde es den Status der Lausitz als Sackgasse für problematische und ineffiziente Technologien des letzten Jahrhunderts festigen.
Wolfgang Nešković, MdB
Richter am Bundesgerichtshof a.D.
Justiziar und Vorstandsmitglied der Fraktion DIE LINKE.
So mancher Politiker in Brandenburg pflegt ein regelrecht mystisches Verhältnis zum Neubau des Kraftwerkes Jänschwalde. Zwischen 2020 und 2030 könnte hier das alte Kraftwerk durch einen Neubau ersetzt werden, zu dessen Versorgung mindestens der Tagebau Jänschwalde-Nord aufgeschlossen und mehrere brandenburgische Dörfer abgebaggert werden müssten. Auf dieses Kraftwerk werden seitens der Befürworter derartig viele unerfüllbare Hoffnungen projiziert, dass eine Versachlichung der Debatte dringend Not tut. Die Zahlen, die zu Wirkungsgrad, Flexibilität, CO2-Abscheidung und Arbeitsplatzsicherung in Umlauf gebracht werden, schließen sich gegenseitig faktisch aus. So senkt ein regelmäßiger Teillastbetrieb (Flexibilität) den Wirkungsgrad und die Arbeitsplatzeffekte, CO2-Abscheidung senkt den Wirkungsgrad und schränkt die Flexibilität ein.
Schauen wir uns zunächst die Versprechungen an: Bei einer Leistung von 2000 Megawatt soll das Kraftwerk laut den Szenarien der „Energiestrategie 2030“ gleichzeitig
– hochflexibel sein,
– 44 % elektrischen Wirkungsgrad erreichen,
– das entstehende Kohlendioxid „mit einer hohen Abscheiderate von über 90 Prozent“ abscheiden sowie
– mit mehr als 7000 Volllaststunden gefahren werden und tausende direkte und indirekte Arbeitsplätze sichern.
Gewissermaßen wird hier ein eierlegendes Wollmilchkraftwerk propagiert, dass alle Probleme der Energiewirtschaft mit einem Schlag löst. Jeder einzelne dieser Angaben ist dabei höchst zweifelhaft und wird in der Praxis voraussichtlich nicht erreichbar sein. Die zur Energiestrategie des Landes Brandenburg erstellten Studien haben nicht überprüft, wie realistisch diese Annahmen sind: Sie wurden den Gutachtern stattdessen von Regierungsseite mit der Aufgabenstellung vorgegeben. Gänzlich ausgeschlossen ist jedoch, dass sie in dieser Kombination auftreten.
Der elektrische Wirkungsgrad des Kraftwerkes gibt den Idealzustand an, wie er bei gleichmäßigem Betrieb und voller Auslastung des Kessels eintritt. Nun werden „hochflexible“ Braunkohlenkraftwerke versprochen, die als „Partner der Erneuerbaren Energien“ zum Ausgleich der schwankenden Einspeisung ständig hoch- und runter gefahren werden. Wird ein Kohlekraftwerk in niedrigen Teillastbereichen gefahren, sinkt der Wirkungsgrad jedoch deutlich ab.
Sollten Braunkohlenkessel jemals auf 20 % der Nennlast heruntergeregelt werden können, wird dieser Wirkungsgradverlust nach Einschätzung von Kraftwerkstechnikern dramatisch sein. Der regelmäßige Teillastbetrieb ist aber Sinn und Zweck von hoher Flexibilität.
Zudem hat er einen zweiten Effekt: Bei geringer Auslastung sinkt der Kohleverbrauch und mit ihm die Arbeitsplatzeffekte des Kraftwerkes. Ein großer Teil der im Tagebau anfallenden Arbeiten ist natürlich von der Fördermenge abhängig, da die Arbeitsschritte bei höherer Förderung häufiger vorgenommen werden müssen: Das reicht vom Rücken der Gleise, dem Bohren neuer Entwässerungsbrunnen über den Betrieb und die Wartung der Bagger bis zur Rekultivierung gekippter Flächen. Hochflexible Kraftwerke, die sich im niedrigen Teillastbereich zu Hause fühlen, würden deutlich weniger Arbeit im Tagebau schaffen, als bisher. Der Schaden, den ein Tagebau Jänschwalde-Nord durch Grundwasserabsenkung, Umsiedlung und Zerstörung von Kulturlandschaft anrichten würde, sinkt dagegen durch geringere Jahresförderung kaum, wenn das Gesamtprojekt einmal genehmigt ist.
Gleichzeitig soll Braunkohle „klimaverträglich“ werden, in dem das entstehende Kohlendioxid abgeschieden und an bisher nicht genannten Orten im Ausland entsorgt werden soll. Die Wirtschaftlichkeit dieses Unterfangens sowie die Sicherheit der Verpressung sind hochgradig umstritten. Ginge man dennoch von CCS-Anwendung aus, so wäre sie mit dem genannten Wirkungsgrad nicht vereinbar. Wirkungsgrade von 40 % bei Braunkohlekraftwerken mit CCS gelten bereits als ehrgeiziges und kaum erreichbares Ziel, da insbesondere die „700-Grad-Technik“ bisher kaum die in sie gesetzten Hoffnungen erfüllen konnte. Die Landesregierung legte mal eben noch 4 Prozent drauf, ohne an irgendeiner Stelle eine Begründung dafür zu liefern. Bei dieser Vorgabe für die Gutachter der Energiestrategie handelt es sich offenbar nicht um eine fachliche Prognose, sondern um politische Propaganda. Grundsätzlich gilt: Je höher der Abscheidegrad, desto mehr Energie ist dafür notwendig, umso stärker sinkt also der Wirkungsgrad. Bei mehr als 90 % Abscheiderate ist ein elektrischer Wirkungsgrad von 44 % völlig indiskutabel.
Ähnlich ist es mit der Flexibilität: Bei der von Vattenfall verfolgten Oxyfuel Technologie muss neben der Kohleverbrennung auch Luft zerlegt und CO2 verflüssigt werden, es entsteht eine Mischung aus Kraftwerk und Chemiefabrik. Hohe Abscheideraten funktionieren am besten bei gleichmäßigen Prozessen. Ob in der Praxis der schwankende Teillastbetrieb zu geringen CO2-Abscheideraten
führen würde oder die CO2-Abscheidung die Vereinbarkeit mit Erneuerbaren Energien verhindert, das hinge von den politischen und betriebswirtschaftlichen Rahmenbedingungen ab. Beide Ansprüche gleichzeitig zu erfüllen geht nicht oder nur zu unvertretbaren Kosten.
Fazit: Jedes reale Kraftwerk wird die ideologisch aufgeladenen Hoffnungen der brandenburgischen Regierungspolitik zwangsläufig enttäuschen müssen. Sein energie- und strukturpolitischer Nutzen wird daher deutlich hinter den Erwartungen zurück bleiben. In keinem Fall rechtfertigt ein Neubaukraftwerk die durch Braunkohlenabbau, -verstromung sowie CO2-Transport und – verpressung verursachten Probleme und Risiken. In der überregionalen Wirkung würde es den Status der Lausitz als Sackgasse für problematische und ineffiziente Technologien des letzten Jahrhunderts festigen.
Wolfgang Nešković, MdB
Richter am Bundesgerichtshof a.D.
Justiziar und Vorstandsmitglied der Fraktion DIE LINKE.
So mancher Politiker in Brandenburg pflegt ein regelrecht mystisches Verhältnis zum Neubau des Kraftwerkes Jänschwalde. Zwischen 2020 und 2030 könnte hier das alte Kraftwerk durch einen Neubau ersetzt werden, zu dessen Versorgung mindestens der Tagebau Jänschwalde-Nord aufgeschlossen und mehrere brandenburgische Dörfer abgebaggert werden müssten. Auf dieses Kraftwerk werden seitens der Befürworter derartig viele unerfüllbare Hoffnungen projiziert, dass eine Versachlichung der Debatte dringend Not tut. Die Zahlen, die zu Wirkungsgrad, Flexibilität, CO2-Abscheidung und Arbeitsplatzsicherung in Umlauf gebracht werden, schließen sich gegenseitig faktisch aus. So senkt ein regelmäßiger Teillastbetrieb (Flexibilität) den Wirkungsgrad und die Arbeitsplatzeffekte, CO2-Abscheidung senkt den Wirkungsgrad und schränkt die Flexibilität ein.
Schauen wir uns zunächst die Versprechungen an: Bei einer Leistung von 2000 Megawatt soll das Kraftwerk laut den Szenarien der „Energiestrategie 2030“ gleichzeitig
– hochflexibel sein,
– 44 % elektrischen Wirkungsgrad erreichen,
– das entstehende Kohlendioxid „mit einer hohen Abscheiderate von über 90 Prozent“ abscheiden sowie
– mit mehr als 7000 Volllaststunden gefahren werden und tausende direkte und indirekte Arbeitsplätze sichern.
Gewissermaßen wird hier ein eierlegendes Wollmilchkraftwerk propagiert, dass alle Probleme der Energiewirtschaft mit einem Schlag löst. Jeder einzelne dieser Angaben ist dabei höchst zweifelhaft und wird in der Praxis voraussichtlich nicht erreichbar sein. Die zur Energiestrategie des Landes Brandenburg erstellten Studien haben nicht überprüft, wie realistisch diese Annahmen sind: Sie wurden den Gutachtern stattdessen von Regierungsseite mit der Aufgabenstellung vorgegeben. Gänzlich ausgeschlossen ist jedoch, dass sie in dieser Kombination auftreten.
Der elektrische Wirkungsgrad des Kraftwerkes gibt den Idealzustand an, wie er bei gleichmäßigem Betrieb und voller Auslastung des Kessels eintritt. Nun werden „hochflexible“ Braunkohlenkraftwerke versprochen, die als „Partner der Erneuerbaren Energien“ zum Ausgleich der schwankenden Einspeisung ständig hoch- und runter gefahren werden. Wird ein Kohlekraftwerk in niedrigen Teillastbereichen gefahren, sinkt der Wirkungsgrad jedoch deutlich ab.
Sollten Braunkohlenkessel jemals auf 20 % der Nennlast heruntergeregelt werden können, wird dieser Wirkungsgradverlust nach Einschätzung von Kraftwerkstechnikern dramatisch sein. Der regelmäßige Teillastbetrieb ist aber Sinn und Zweck von hoher Flexibilität.
Zudem hat er einen zweiten Effekt: Bei geringer Auslastung sinkt der Kohleverbrauch und mit ihm die Arbeitsplatzeffekte des Kraftwerkes. Ein großer Teil der im Tagebau anfallenden Arbeiten ist natürlich von der Fördermenge abhängig, da die Arbeitsschritte bei höherer Förderung häufiger vorgenommen werden müssen: Das reicht vom Rücken der Gleise, dem Bohren neuer Entwässerungsbrunnen über den Betrieb und die Wartung der Bagger bis zur Rekultivierung gekippter Flächen. Hochflexible Kraftwerke, die sich im niedrigen Teillastbereich zu Hause fühlen, würden deutlich weniger Arbeit im Tagebau schaffen, als bisher. Der Schaden, den ein Tagebau Jänschwalde-Nord durch Grundwasserabsenkung, Umsiedlung und Zerstörung von Kulturlandschaft anrichten würde, sinkt dagegen durch geringere Jahresförderung kaum, wenn das Gesamtprojekt einmal genehmigt ist.
Gleichzeitig soll Braunkohle „klimaverträglich“ werden, in dem das entstehende Kohlendioxid abgeschieden und an bisher nicht genannten Orten im Ausland entsorgt werden soll. Die Wirtschaftlichkeit dieses Unterfangens sowie die Sicherheit der Verpressung sind hochgradig umstritten. Ginge man dennoch von CCS-Anwendung aus, so wäre sie mit dem genannten Wirkungsgrad nicht vereinbar. Wirkungsgrade von 40 % bei Braunkohlekraftwerken mit CCS gelten bereits als ehrgeiziges und kaum erreichbares Ziel, da insbesondere die „700-Grad-Technik“ bisher kaum die in sie gesetzten Hoffnungen erfüllen konnte. Die Landesregierung legte mal eben noch 4 Prozent drauf, ohne an irgendeiner Stelle eine Begründung dafür zu liefern. Bei dieser Vorgabe für die Gutachter der Energiestrategie handelt es sich offenbar nicht um eine fachliche Prognose, sondern um politische Propaganda. Grundsätzlich gilt: Je höher der Abscheidegrad, desto mehr Energie ist dafür notwendig, umso stärker sinkt also der Wirkungsgrad. Bei mehr als 90 % Abscheiderate ist ein elektrischer Wirkungsgrad von 44 % völlig indiskutabel.
Ähnlich ist es mit der Flexibilität: Bei der von Vattenfall verfolgten Oxyfuel Technologie muss neben der Kohleverbrennung auch Luft zerlegt und CO2 verflüssigt werden, es entsteht eine Mischung aus Kraftwerk und Chemiefabrik. Hohe Abscheideraten funktionieren am besten bei gleichmäßigen Prozessen. Ob in der Praxis der schwankende Teillastbetrieb zu geringen CO2-Abscheideraten
führen würde oder die CO2-Abscheidung die Vereinbarkeit mit Erneuerbaren Energien verhindert, das hinge von den politischen und betriebswirtschaftlichen Rahmenbedingungen ab. Beide Ansprüche gleichzeitig zu erfüllen geht nicht oder nur zu unvertretbaren Kosten.
Fazit: Jedes reale Kraftwerk wird die ideologisch aufgeladenen Hoffnungen der brandenburgischen Regierungspolitik zwangsläufig enttäuschen müssen. Sein energie- und strukturpolitischer Nutzen wird daher deutlich hinter den Erwartungen zurück bleiben. In keinem Fall rechtfertigt ein Neubaukraftwerk die durch Braunkohlenabbau, -verstromung sowie CO2-Transport und – verpressung verursachten Probleme und Risiken. In der überregionalen Wirkung würde es den Status der Lausitz als Sackgasse für problematische und ineffiziente Technologien des letzten Jahrhunderts festigen.
Wolfgang Nešković, MdB
Richter am Bundesgerichtshof a.D.
Justiziar und Vorstandsmitglied der Fraktion DIE LINKE.
So mancher Politiker in Brandenburg pflegt ein regelrecht mystisches Verhältnis zum Neubau des Kraftwerkes Jänschwalde. Zwischen 2020 und 2030 könnte hier das alte Kraftwerk durch einen Neubau ersetzt werden, zu dessen Versorgung mindestens der Tagebau Jänschwalde-Nord aufgeschlossen und mehrere brandenburgische Dörfer abgebaggert werden müssten. Auf dieses Kraftwerk werden seitens der Befürworter derartig viele unerfüllbare Hoffnungen projiziert, dass eine Versachlichung der Debatte dringend Not tut. Die Zahlen, die zu Wirkungsgrad, Flexibilität, CO2-Abscheidung und Arbeitsplatzsicherung in Umlauf gebracht werden, schließen sich gegenseitig faktisch aus. So senkt ein regelmäßiger Teillastbetrieb (Flexibilität) den Wirkungsgrad und die Arbeitsplatzeffekte, CO2-Abscheidung senkt den Wirkungsgrad und schränkt die Flexibilität ein.
Schauen wir uns zunächst die Versprechungen an: Bei einer Leistung von 2000 Megawatt soll das Kraftwerk laut den Szenarien der „Energiestrategie 2030“ gleichzeitig
– hochflexibel sein,
– 44 % elektrischen Wirkungsgrad erreichen,
– das entstehende Kohlendioxid „mit einer hohen Abscheiderate von über 90 Prozent“ abscheiden sowie
– mit mehr als 7000 Volllaststunden gefahren werden und tausende direkte und indirekte Arbeitsplätze sichern.
Gewissermaßen wird hier ein eierlegendes Wollmilchkraftwerk propagiert, dass alle Probleme der Energiewirtschaft mit einem Schlag löst. Jeder einzelne dieser Angaben ist dabei höchst zweifelhaft und wird in der Praxis voraussichtlich nicht erreichbar sein. Die zur Energiestrategie des Landes Brandenburg erstellten Studien haben nicht überprüft, wie realistisch diese Annahmen sind: Sie wurden den Gutachtern stattdessen von Regierungsseite mit der Aufgabenstellung vorgegeben. Gänzlich ausgeschlossen ist jedoch, dass sie in dieser Kombination auftreten.
Der elektrische Wirkungsgrad des Kraftwerkes gibt den Idealzustand an, wie er bei gleichmäßigem Betrieb und voller Auslastung des Kessels eintritt. Nun werden „hochflexible“ Braunkohlenkraftwerke versprochen, die als „Partner der Erneuerbaren Energien“ zum Ausgleich der schwankenden Einspeisung ständig hoch- und runter gefahren werden. Wird ein Kohlekraftwerk in niedrigen Teillastbereichen gefahren, sinkt der Wirkungsgrad jedoch deutlich ab.
Sollten Braunkohlenkessel jemals auf 20 % der Nennlast heruntergeregelt werden können, wird dieser Wirkungsgradverlust nach Einschätzung von Kraftwerkstechnikern dramatisch sein. Der regelmäßige Teillastbetrieb ist aber Sinn und Zweck von hoher Flexibilität.
Zudem hat er einen zweiten Effekt: Bei geringer Auslastung sinkt der Kohleverbrauch und mit ihm die Arbeitsplatzeffekte des Kraftwerkes. Ein großer Teil der im Tagebau anfallenden Arbeiten ist natürlich von der Fördermenge abhängig, da die Arbeitsschritte bei höherer Förderung häufiger vorgenommen werden müssen: Das reicht vom Rücken der Gleise, dem Bohren neuer Entwässerungsbrunnen über den Betrieb und die Wartung der Bagger bis zur Rekultivierung gekippter Flächen. Hochflexible Kraftwerke, die sich im niedrigen Teillastbereich zu Hause fühlen, würden deutlich weniger Arbeit im Tagebau schaffen, als bisher. Der Schaden, den ein Tagebau Jänschwalde-Nord durch Grundwasserabsenkung, Umsiedlung und Zerstörung von Kulturlandschaft anrichten würde, sinkt dagegen durch geringere Jahresförderung kaum, wenn das Gesamtprojekt einmal genehmigt ist.
Gleichzeitig soll Braunkohle „klimaverträglich“ werden, in dem das entstehende Kohlendioxid abgeschieden und an bisher nicht genannten Orten im Ausland entsorgt werden soll. Die Wirtschaftlichkeit dieses Unterfangens sowie die Sicherheit der Verpressung sind hochgradig umstritten. Ginge man dennoch von CCS-Anwendung aus, so wäre sie mit dem genannten Wirkungsgrad nicht vereinbar. Wirkungsgrade von 40 % bei Braunkohlekraftwerken mit CCS gelten bereits als ehrgeiziges und kaum erreichbares Ziel, da insbesondere die „700-Grad-Technik“ bisher kaum die in sie gesetzten Hoffnungen erfüllen konnte. Die Landesregierung legte mal eben noch 4 Prozent drauf, ohne an irgendeiner Stelle eine Begründung dafür zu liefern. Bei dieser Vorgabe für die Gutachter der Energiestrategie handelt es sich offenbar nicht um eine fachliche Prognose, sondern um politische Propaganda. Grundsätzlich gilt: Je höher der Abscheidegrad, desto mehr Energie ist dafür notwendig, umso stärker sinkt also der Wirkungsgrad. Bei mehr als 90 % Abscheiderate ist ein elektrischer Wirkungsgrad von 44 % völlig indiskutabel.
Ähnlich ist es mit der Flexibilität: Bei der von Vattenfall verfolgten Oxyfuel Technologie muss neben der Kohleverbrennung auch Luft zerlegt und CO2 verflüssigt werden, es entsteht eine Mischung aus Kraftwerk und Chemiefabrik. Hohe Abscheideraten funktionieren am besten bei gleichmäßigen Prozessen. Ob in der Praxis der schwankende Teillastbetrieb zu geringen CO2-Abscheideraten
führen würde oder die CO2-Abscheidung die Vereinbarkeit mit Erneuerbaren Energien verhindert, das hinge von den politischen und betriebswirtschaftlichen Rahmenbedingungen ab. Beide Ansprüche gleichzeitig zu erfüllen geht nicht oder nur zu unvertretbaren Kosten.
Fazit: Jedes reale Kraftwerk wird die ideologisch aufgeladenen Hoffnungen der brandenburgischen Regierungspolitik zwangsläufig enttäuschen müssen. Sein energie- und strukturpolitischer Nutzen wird daher deutlich hinter den Erwartungen zurück bleiben. In keinem Fall rechtfertigt ein Neubaukraftwerk die durch Braunkohlenabbau, -verstromung sowie CO2-Transport und – verpressung verursachten Probleme und Risiken. In der überregionalen Wirkung würde es den Status der Lausitz als Sackgasse für problematische und ineffiziente Technologien des letzten Jahrhunderts festigen.
Wolfgang Nešković, MdB
Richter am Bundesgerichtshof a.D.
Justiziar und Vorstandsmitglied der Fraktion DIE LINKE.