Eine neue, sensationelle Entdeckung im Vorfeld des Tagebaus Nochten steht aktuell im Mittelpunkt der Arbeit der Archäologen des Landesamtes für Archäologie Sachsen. Erstmals wurde auf engstem Raum eine vollständige bronzezeitliche Siedlungslandschaft entdeckt.
Sie besteht aus einer Wohnsiedlung, einem Wirtschaftsareal und einem umfangreichen Bestattungsplatz. Alle Siedlungsbestandteile wurden zwischen 1400 und 1000 v. Chr. genutzt. Auf knapp zwei Hektar Siedlungsfläche konnten sieben Hausgrundrisse, darunter vier typische Wandgräbchenhäuser mit Schwebebalken und Fachwerkkonstruktion, nachgewiesen werden. „Mit 43 Meter Länge und 5 bis 6 Meter Breite ist darunter das größte bisher bekannte bronzezeitliche Haus in Ostsachsen“, berichtet der Referatsleiter Nordwestsachsen beim Landesamt für Archäologie Sachsen, Dr. Wolfgang Ender.
Alle Fundstellen werden bis zur heranrückenden Kohleförderung vollständig untersucht. Dafür stimmt sich das Landesamt intensiv mit dem Unternehmen Lausitz Energie Bergbau AG (LEAG) ab. „Wir sind in einem stetigen Austausch mit den Archäologen, so dass wir uns in unserer Arbeit gegenseitig nicht behindern und die Untersuchungen im Vorfeld rechtzeitig vor Anrücken des Vorschnittbaggers abgeschlossen sind“, informiert der Leiter Rekultivierung/Umsiedlungsmanagement, Thomas Penk. Seit den neunziger Jahren sichert das Landesamt für Archäologie Sachsen mit finanzieller Unterstützung des Bergbautreibenden den archäologischen Denkmalbestand in den ostsächsischen Tagebauen Nochten und Reichwalde. Seit 2017 werden die Arbeiten auf Basis eines Dreijahresvertrages durchgeführt. Über 200 eng beieinander liegende Gruben dienten nach derzeitigem Kenntnisstand als Speicherareal für Getreidevorräte.
„Sie werfen ein neues Bild auf die wirtschaftlichen Grundlagen der dichten bronzezeitlichen Besiedlung der Oberlausitz“, so Ender. Neben den Arealen der Lebenden wurden gegenüber einer Quellmunde die Toten bestattet. „Deutlich lassen sich anhand von Erdverfärbungen und Steinkreisen mindestens sieben ehemalige Grabhügel mit einem Durchmesser von 8 bis 12 Meter rekonstruieren“, so Ender weiter. Sie verteilen sich locker auf knapp einen Hektar Fläche. Zwischen den Grabhügeln wurden mindestens 95 einfache Erdgräber angelegt und mit den für die Jungbronzezeit typischen Keramikgefäßen ausgestattet.
„Die Brandgräber wurden in getrennten Gruppen, auf die einzelnen Hügel bezogen, angelegt. Möglicherweise legte jeweils eine soziale Gruppe ihren Hügel an“, vermutet Ender. Einzelnen Verstorbenen seien Ausrüstungs- und Schmuckgegenstände beigegeben worden, die auf ihre soziale Rolle schließen lassen würden, erklärt Ender weiter. Die aktuellen Grabungen im Vorfeld des Tagebaus Nochten befinden sich unweit der Ortslage Trebendorf. Die Flächen waren zuvor bewaldet und forstwirtschaftlich genutzt. „Etwa 100 Hektar nimmt der Tagebau Nochten jedes Jahr in Anspruch. Ungefähr genauso groß ist die Fläche, die wir jedes Jahr wieder für die Rekultivierung herstellen“, berichtet Thomas Penk.
Aktuell wird in der Rekultivierung des Tagebaus ein 1.700 Hektar großes Areal südlich von Weißwasser für den Arten- und Biotopschutz gestaltet. Dabei wechseln sich Offenlandbereiche und Waldflächen ab. Erschlossen werden die Flächen mit einem Wegenetz, das nach historischem Vorbild gestaltet wird. „Bei den Waldflächen legen wir Wert auf eine naturnahe Gestaltung, zum Beispiel durch breite Waldsäume. Die Offenlandflächen gestalten wir mit für die Muskauer Heide typischen Elementen. Dazu gehören unter anderem Heideflächen“, so Penk. Um den jungen Flächen schnell Struktur zu geben und die Besiedlung der Fläche zügig voranzubringen, werden Totholzelemente, Stubben und auch Findlinge aufgebracht.
pm/red