Verwerfungen der Weltmärkte, Diskussionen um das Tierwohl, hohe bürokratische Lasten und die Hoffnung auf den Trend zur Regionalität: In diesem Spannungsfeld bewegte sich der landwirtschaftliche Unternehmertag im Dorint Sanssouci Berlin Potsdam. Im Mittelpunkt stand die Ehrung der Preisträger des mit 7.000 Euro dotierten landwirtschaftlichen Unternehmerpreises „Agricola“: Der in diesem Jahr zum dritten Mal nach 2012 und 2014 von den Volksbanken Raiffeisenbanken in Brandenburg vergebene Preis geht an die Rösch Agrar GmbH.
Auch in der aktuell von Negativschlagzeilen über die schwierige Situation der Milchwirtschaft und unerfreulichen Preisen nach der Getreideernte geprägten Situation „stehen wir zu den Bauern und zur Landwirtschaft“ betonte Frank Robby Wallis, Vorstand der Brandenburger Bank Volksbank-Raiffeisenbank, stellvertretend für die Gastgeber. „Die Agrarbetriebe sind ein bedeutender Wirtschaftsfaktor in Brandenburg und wichtige Geschäftspartner für die Volksbanken Raiffeisenbanken: Rund ein Drittel ihres gesamten Kreditvolumens fließt in diesen Sektor. Mehr als 40 Prozent aller in Brandenburg vergebenen Agrarkredite sind genossenschaftlich.“
Internationale Anforderungen treiben landwirtschaftliche Trends
Einen Einblick in wichtige Trends aus der Perspektive eines internationalen Konzerns der Fleischwirtschaft gab Dr. Heinz Schweer, Direktor Landwirtschaft der deutsch-niederländischen Vion GmbH. Er sieht die Zukunft der Landwirtschaft geprägt von einer zunehmenden vertikalen Integration. Dabei werden Teilleistungen der agrarischen Produktion unter einheitlicher Unternehmensführung zusammengefasst, die auch die wirtschaftlichen Entscheidungen trifft. Diese von den auf ihre Selbstständigkeit bedachten Landwirten mit gemischten Gefühlen betrachtete Vision begründet er mit der Notwendigkeit der weltweiten Vermarktung, die nur in großen Einheiten geleistet werden könne. Ergänzend dazu sieht er die horizontale Kooperation in der Rechtsform der Genossenschaft als eine Chance der Betriebsinhaber für Partnerschaften auf Augenhöhe.
Eduard Krassa, Abteilungsleiter im Brandenburger Ministerium für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Landwirtschaft, mahnte einen respektvollen Umgang in der Tierschutz-Diskussion auch mit den Haltern der Tiere an. Die entsprechenden Forderungen aus der Gesellschaft träfen auf eine von hohem finanziellen Druck geprägte Situation. Die Arbeit an einem Tierschutzplan solle eine Versachlichung der Diskussion bringen. Prof. Dr. Harald Grethe, Leiter des Fachgebiets internationaler Agrarhandel und Entwicklung an der Berliner Humboldt-Universität, sprach sich für einen schrittweisen Umbau der derzeitigen Direktzahlungen an Landwirte zu einer Bindung an spezifische Ziele aus. Dafür hält er einen Zeitraum von 15 Jahren für realistisch. Die Gelder der EU ließen sich sonst dauerhaft nicht legitimieren, weil es auch konkurrierende gesellschaftliche Herausforderungen gebe.
„Agricola“ stellt nachhaltige Landschaftspflege in den Mittelpunkt
Als „ein Stück Anerkennung für viele Jahre harte Arbeit“ freute sich Inhaber Hagen Rösch über die Auszeichnung mit dem „Agricola“, für den das Unternehmen durch die Volksbank Spree-Neiße eG nominiert wurde. Die Rösch Gruppe ist ein Familienunternehmen aus Proschim in der Lausitz mit über 80 Beschäftigten. Im Mai 2016 hat der landwirtschaftliche Betrieb sein 25-jähriges Bestehen gefeiert. Kerngeschäft ist die Rinderzucht, es wird auch noch selbst geschlachtet. In Zeiten, in denen immer mehr Kunden Rindfleisch kaufen, ist das Proschimer Rind zu einer unverwechselbaren Marke geworden, zum „Mythos Proschimer Rind”. Die Rösch Gruppe vermarktet es direkt in den Filialen der eigenen Landschlachterei. Außerdem gehört der QS-zertifizierte Betrieb seit Jahren zu den etablierten Milcherzeugern in Brandenburg.
In diesem Jahr hieß der Themenschwerpunkt des Agricola “Landwirtschaft – mehr als Agrarproduktion”. Ausgezeichnet wurden landwirtschaftliche Unternehmen, die erfolgreich nachhaltige Maßnahmen der Landschaftspflege realisiert haben und sich u.a. um den Landschafts- bzw. Wasserschutz verdient machen. Ins Rennen gingen dieses Jahr 10 landwirtschaftliche Betriebe, nominiert von 10 Volksbanken und Raiffeisenbanken. Zweitplatzierter war die Agrargenossenschaft Ranzig eG. „Alles aus einem Haus und einer Hand“ ist ihr Motto: Sie ist ein gemischter landwirtschaftlicher Betrieb zwischen Oder und Spree mit aktuell 94 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Umweltschutz wird bei der drittplatzierten Agrarproduktivgenossenschaft Abbendorf in der Prignitz groß geschrieben. Die gesamte Betriebsfläche liegt im Landschaftsschutzgebiet „Brandenburgische Elbtalaue“ und im Vogelschutzgebiet „Unteres Elbtal“, große Teile gehören sogar zum UNESCO Biosphärenreservat „Flusslandschaft Elbe“.
Bild: Bei der Verleihung des Agricola-Preises beim Landwirtschaftlichen Unternehmertag der Volksbanken Raiffeisenbanken in Brandenburg v.l.n.r.: Frank Baer (Vorstand der Volksbank Spree-Neiße eG), Petra Rösch und Hagen Rösch (beide Geschäftsführer der Rösch Agrar GmbH) Foto: Meike Engels