Der Streit um die Karlsfelder Brücke bei Proschim (OT Welzow) erreicht nun auch den Landtag in Potsdam. Bereits im Frühjahr 2015 hatte die CDU/Grüne Zukunft Fraktion im Welzower Stadtparlament eine Petition eingereicht. Gestern erhielten die Abgeordneten Günter Jurischka und Erhard Lehmann (beide CDU) ein erstes Zwischenergebnis bei der Sprechstunde des Petitionsausschusses in Forst/Lausitz. Die Landtagsabgeordnete Heide Schinowsky (Grüne) erläuterte den Proschimern, dass das Infrastrukturministerium aufgefordert wurde, eine Stellungnahme abzugeben. Der Vorsitzende des Petitionsausschusses Henryk Wichmann (CDU) wies darauf hin, dass Verkehrsministerin Schneider bis Mitte Oktober antworten wolle. Eine Entscheidung könne daher schon im November fallen. Wichmann und Schinowsky wollen nun prüfen, ob es nicht einen Vor-Ort-Termin des Petitionsausschusses an der Brücke geben kann, zu dem auch Vertreter des Ministeriums geladen werden. Sollte sich der Petitionsausschuss kritisch äußern, könnte der von Teilen der Welzower Stadtverordneten favorisierte Abriss der Brücke doch noch verhindert werden, hoffen die Proschimer.
Die im Jahr 1939 als Kohlebahn gebaute Überführung über die Strasse zwischen Welzow und Spremberg wurde 1998 als Radwegebrücke mit öffentlichen Mitteln erneuert. Der EU-Radweg verbindet die Stadt am Tagebau mit dem Lausitzer Seenland. Die Stadt will nun die Brücke abreißen, weil sie Schäden aufweist. Dagegen erhebt sich massiver Widerstand, insbesondere in Proschim. Die Brücke dient nicht nur als Sichtschutz zum bereits für den voranschreitenden Tagebau entsiedelten Ort Haidemühl, in dem die Häuser dem Verfall preisgegeben werden. Auch werde man noch weiter von der Außenwelt abgeschnitten, wenn noch nicht mal mehr Radtouristen kommen können, kritisierte Jurischka in Forst. Auch Proschim soll nach Willen von Vattenfall dem Tagebau weichen.
Die Bürgermeisterin Birgit Zuchold (SPD) will die Brücke jetzt abreißen lassen, weil vor etwa sechs Jahren das Bauwerk durch eine Häufung von Auffahrunfällen beschädigt worden ist. Was genau damals passiert ist, kann niemand mehr sagen, auch weil nicht ernsthaft ermittelt worden ist, sagte Jurischka. Ein Gutachter aus Spremberg beschrieb im Frühjahr 2015 die Lage so: Ein schweres Fahrzeug muss gegen den 4,50 Meter hohen Brückenauflieger aus Stahl gefahren sein. Und das ist nicht nur einmal passiert. Aus beiden Fahrtrichtungen weist die Brücke Spuren dafür auf, dass Fahrzeuge an die Brücke angeprallt sind, beschrieb Hans Siedentopf vom Büro Aring Bauplanung die Sachlage, der von der Stadt als Gutachter bestellt worden ist.
„Die Bücke ist 4,50 Meter hoch, ein Standard-LKW hingegen nur 4 Meter. Das muss also ein Spezialfahrzeug gewesen sein. Und die werden in unserer Region eigentlich nur von Firmen benutzt, die im Umfeld des Tagebaus tätig sind“, berichtet Jurischka. Ob die Beschädigung mutwillig oder unabsichtlich geschehen sind, kann niemand sagen, aber eigenartig sei die ganze Sache schon. Insbesondere wenn man bereits seit 1995 hört, dass sich der Bergbaubetreiber für einen Abriss ausspricht. Und so verwundert es auch nicht, dass als die Beschädigungen im Jahr 2011 bekannt wurden, Vattenfall der Stadt Welzow angeboten hat, die Kosten für einen Abriss zu übernehmen, aber nicht für eine Sanierung. Der Abriss scheiterte seinerzeit am Widerstand der Proschimer.
Jetzt unternimmt die Stadt Welzow einen erneuten Anlauf. Als erstes wurde der EU geförderte Radweg gesperrt. Nun will die Stadt den Abriss der Brücke mit allen Mitteln schnellstmöglich durchsetzen, obwohl Gutachten belegen, dass eine Sanierung kostengünstiger machbar wäre. „Jetzt will die Stadt auch noch die Kosten aus dem schmalen Stadtsäckerl begleichen. Das ist unverständlich“, sagt Erhard Lehmann. Die Kosten sollen wieder einmal der Allgemeinheit aufgedrückt werden. Sollte der neue Tagebau kommen, muss Vattenfall die Brücke eh abreissen, aber auf eigene Kosten, erläutert Lehmann.
Die stellvertretende Grünenvorsitzende des Kreises Spree-Neiße Karin Noack sieht den Abriss ebenfalls kritisch: „Obwohl die Schuldfrage des Verursachers ungeklärt ist, ist für mich unverständlich warum die die Stadt so ohne weiteres die Kosten tragen will. Zumal in der Stadt im Moment mit jedem Cent gerechnet werden muß.“ Auch die Ratsburg in der Welzower Innenstadt sei baufällig und gefährlich für Fußgänger, doch hier hält sich sie Stadt zurück.
v.l.n.r. Erhard Lehmann und Günter Jurischka beim Petitionsausschuss
Quelle & Fotos: Allianz für Welzow