Am 18. Oktober 2018 wurde in der Deutschen Bank in Spremberg die Ausstellung „Erzähle mir von Rot“ mit Werken von Franka Just eröffnet
Die Werke von Franka Just waren schon in einigen Ausstellungen zu besichtigen. Auch bei der neuesten Präsentation ihrer Arbeiten ging es ihr darum, die Besucher herauszufordern. Unter dem Titel „Erzähle mir von Rot – Malerei und Grafik von Franka Just“ wurde am 18. Oktober 2018 die Kunstausstellung in der Deutschen Bank in Spremberg eröffnet. Zahlreich erschienen die Gäste zur Vernissage am Donnerstagabend, um die Bilder zu betrachten und sich einen Eindruck von der Tätigkeit der Künstlerin zu verschaffen.
Die Arbeiten, die Franka Just ausgewählt hat, lassen viel Raum für Entdeckungen. Der Betrachter sieht auf den ersten Blick großen Flächen, die von einer Farbe dominiert werden. Unwillkürlich taucht die Frage auf, ob sich hinter der plakativen Gestaltung vielleicht etwas Gegenständliches verbirgt oder ob sich dem Besucher eine tiefere Bedeutung erschließt.
Die Grußworte sprach Henry Lehmann, Agenturleiter in der Agentur Spremberg. Er begrüßte die Künstlerin Franka Just, den Marktregionsleiter der Marktregion Brandenburg OST, Wolfgang Schmidt, sowie die Kunden und Gäste. Die Agentur besteht seit Mai 2017 und am Anfang war mancher Spremberger skeptisch. „Inzwischen können wir mit Stolz sagen, dass unser Team immer mehr Kundenzuspruch erfährt“, sagte Lehmann und fuhr fort: „Deswegen haben wir uns im Team vorgenommen, solche Abende wie heute zur Tradition werden zu lassen.“ Dafür wurde Kontakt zur „Künstlergemeinschaft Kreis 07“ aufgenommen.
Nachdem die Gäste das Glas erhoben und auf den gemeinsamen Abend angestoßen hatten, ergriff Franka Just das Wort. Sie lud die Besucher ein, Fragen zu stellen. Anschließend hielt Kerstin Landsgesell aus Hoyerswerda die Laudatio.
Im Anschluss an die Laudatio konnten sich die Gäste an einem kleinen Büfett stärken. Danach hatten die Anwesenden die Möglichkeit, sich den Kunstwerken zuzuwenden, die sich in verschiedenen Räumen befinden. Franka Just, Jahrgang 1968, ist dabei immer für den Dialog mit dem Besucher zu haben. Für die Werke in der Ausstellung verwendete sie meist Acrylfarben, Kohle und Ölkreide und trug die Farben auf Leinwand auf. Die meisten Bilder tragen keinen Titel, was einen breiten Spielraum für Interpretation lässt. Manchem Gast erschlossen sich die Werke erst nach längerer Betrachtung. „Bei diesem Bild sehe ich einen ruhigen See mit Bäumen am Ufer“, resümiert ein Besucher.
Franka Just, die seit 1998 als Grafikdesignerin tätig ist, lebt in Senftenberg. Hier gehört sie zum Kunstverein „Pro Ars Lausitz e.V.“ und zur „Künstlergemeinschaft Kreis 07“. Die Werke der Ausstellung können bis zum Frühjahr 2019 während der Öffnungszeiten der Deutschen Bank besichtigt werden.
Mehr über Franka Just: www.frankajust.de
Laudatio von Kerstin Landsgesell
Liebe Franka Just! Sehr geehrtes Publikum!
Über Kunst lässt sich streiten. Streitkultur ist dort ausgeprägt, wo Menschen in Harmonie zusammenfinden und Argumente vorbringen, die Standpunkte bekräftigen oder widerlegen.
Lassen Sie uns also heute kultiviert über die Kunst von Franka Just streiten, Meinungen austauschen, Gefühle wecken und in Stimmungen verfallen, die jedes einzelne ihrer Werke vermittelt.
Egal dabei ist, wie individuell Sie der Bewertung von Kunst gegenüberstehen. Irgendwo wird es immer eine Mischung sein aus dem Authentischen – also wie ein Kunstwerk erlebt und erfahrbar gemacht wird, aus dem Originellen – folglich welche Vorstellungs- und Schöpferkraft und welcher Ideenreichtum im Entstehungsprozess einhergingen, und aus dem handwerklich Gekonnten – dementsprechend mit welchem technischen Verständnis und welcher Materialbeherrschung sich das künstlerische Ergebnis präsentiert.
Ein ideales und damit gutes Kunstwerk besitzt eine Ausgewogenheit aller drei Komponenten.
Hier und heute bleibt es Ihnen überlassen, worauf Sie Ihren Fokus richten. Voraussetzung ist aber immer, dass Sie neugierig und aufgeschlossen den künstlerischen Arbeiten von Franka Just entgegentreten.
Zur heutigen Ausstellung. Vielleicht erinnern Sie sich an ein auf den ersten Blick zweifarbiges Bild: Ein durchtränktes Rot erobert fast die gesamte Bildfläche. Im unteren Bildbereich, klar abgegrenzt, ein Streifen aus bläulichen Tönen. Einzelne Grüntöne scheinen wie verloren darin, aber in Konkurrenz zum dominierenden Rot zu stehen. Wie ein Vorhang schiebt sich die rote Farbfläche von oben nach unten so, als würden vorhandene Farbschichten ausgelöscht und als ginge es in ein neues Szenario.
Auf den ersten Blick meint man, eine Landschaft vor sich zu haben. Etwa in Form eines Sonnenuntergangs über einem Meer. Dabei wird Himmel und Wasser mit unseren Erfahrungen und unserem Erlebtem in Verbindung gebracht. Wir empfinden das Dargestellte fast bedrohlich angesichts des völlig in Rot getauchten Himmels. Diese Sinneseindrücke sind ähnlich intensiv wie es in dem bekannten Bild von Edvard Munch, „Der Schrei“, Betrachter und dargestellte Person erleben.
Doch Franka Just geht es in ihren Bildern weniger um das Gegenständliche. Das Gegenständliche und damit Traditionelle bleibt nur in der Vorstellung vorhanden und beeinflusst praktisch unseren Wahrnehmungsprozess.
Arbeiten wie „Verschollen“ und „Vergessen“ sind vergleichbar mit Werken expressiver Künstler. Gemeinsam ist ihnen die subjektive Farbgebung, die genutzt wird, um Farbe folgerichtig als Träger seelischer Zustände einzusetzen und um den Betrachter so an den Gefühlen der Künstler zum Dargestellten teilhaben zu lassen.
Gegenständliche Titel wie „Blaues Schilf“ oder „Untiefe“ bewirken eine geschickte Verknüpfung des Außen mit dem Innen und helfen uns, Zugang zu den künstlerischen Arbeiten von Franka Just zu bekommen.
Regionale Kunstkenner verbinden vielleicht auch die Bilder von Franka Just mit den emotionalen Landschaftsbildern eines Gerhart Lampa. Erkennbar ist dabei gleichzeitig auch der künstlerische Einfluss und die Vorbildwirkung bezüglich der vereinfachten, aber spannungsgeladenen Kompositionen und einer reduzierten Farbpalette.
Es findet sich auch manch philosophischer Gedankengang zur sich wandelnden Lausitz malerisch aufgegriffen. Dieser wird in den ungegenständlichen Bildern von Franka Just gleichnishaft durch die Autonomie der Farben in eine überregionale gesellschaftliche Momentaufnahme gesetzt.
Die Werke von Franka Just demonstrieren eine Art Befreiung aus dem Traditionellen, eine Befreiung von der Fixierung auf nur einen Malstil, auf nur eine künstlerische Haltung und schlussendlich eine Befreiung auf nur eine Wahrnehmung des Menschen.
„Erzähle mir von Rot …“ fordert uns die Künstlerin mit dem Titel der heutigen Ausstellung auf, unsere Aufmerksamkeit auf ihre Bilder zu lenken und uns von diesen vereinnahmen zu lassen: Im Mittelpunkt steht das malerische Werk. Arbeiten, die den Betrachter durch Größe und Farbgebung in ihren Bann ziehen. Farbgeschichten, die uns mal mehr, mal weniger Raum lassen, um ihre Protagonisten zu ergründen, dem Spannungsbogen aus Farbtönen, Farbformen und Farbkompositionen zu folgen und eine eigene Perspektive auf diese künstlerische Figurenwelt einzunehmen. Die Werkreihe „Kleine bunte Gedanken“ wäre ein solches Beispiel.
Biografische Farbpunkte der 1968 in Berlin geborenen Künstlerin zeigen sich schon in ihrem musisch geprägten Elternhaus.
Ihrem Studium zur Designerin an der Fachhochschule für angewandte Kunst in Schneeberg bis 1992 schloss sich ein Kunststudium bis 1996 in Berlin an. In dieser Zeit führte Franka Just ein Stipendium nach Oslo.
Fruchtbar dürfte für Franka Just ebenso die künstlerische Arbeit für das Mode-Label von Vivienne Westwood gewesen sein. Bei beiden ist Leidenschaft zu spüren, den Dingen auf den Grund zu gehen und eine eigene Handschrift im Zusammensetzen von Farbstrukturen zu entwickeln. Auf diese Weise entstehen vielschichtige Kunstwerke.
Seit 1998 arbeitet Franka Just als Grafikdesignerin.
Sie ist Mitglied in der „Künstlergemeinschaft Kreis 07“, die ihre Wirkungsstätte in Senftenberg hat. Hier lebt auch Franka Just.
„Erzähle mir von Rot …“ ist wie bereits erwähnt, der Titel der heutigen Ausstellung und einem Gedicht von Thomas Mühlfellner entnommen (Wiener, Jahrgang 1982).
„Erzähle mir von Rot…“ könnte die Aufforderung an uns sein, Aufschluss über den Zustand unserer Seele zu erhalten: Sind es Kraft und Wärme des primären Rottons, die uns fesseln? Oder drängt uns eher sein lautes aggressives Wesen weg … hin zu einem ruhigen und verhaltenem Blau, das uns zur Einkehr in unser Innenleben einlädt?
„Erzähle mir von Rot …“ ist vielleicht der Impuls, „Malen als andere Form des Denkens“ wahrzunehmen, wie es einst Gerhard Richter so treffend formulierte und welcher der Künstlerin bis heute ein Vorbild ist.
Franka Just „denkt“ im Übrigen auch grafisch: ihre Experimentierfreude offenbart sich ebenfalls in ihren druckgrafischen Blättern. In dieser Ausstellung in der Minderheit, dennoch eindrucksvoll durch die Arbeiten „Akt blau I“ und „Akt blau II“ repräsentiert. So sammelt die Künstlerin einmalige Erfahrungen, indem sie auf fertig ausgewischten Druckplatten Farbe aufrollt und die so erzeugten neuen Farbwirkungen erkundet.
Farbüberlagerungen scheinen Gestaltungsprinzip im künstlerischen Werk von Franka Just zu sein. Sie wecken die Neugier in uns, ihrem Entstehungsprozess nachzuspüren. Schicht für Schicht zum Grund der Leinwand abzutauchen. Den Anfang der Geschichte zu finden, in welchem sich das Weiß wie eine nackte Haut einem Farbton hingibt oder ihn abwehrt … sichtbar an den bedeckten, transparenten bzw. ausgesparten Bildstellen.
Bilder als reine Farbräume zu erleben und sie über seine Sinne zu betreten, war schon ein Malkonzept der so genannten Farbfeldmalerei. Barnett Newman überließ 1969 die Entscheidung dem Betrachter, seine riesige Leinwand aus je einer roten, blauen und gelben Farbfläche zu erleben, indem er ihr einen provozierenden Bildtitel gab: „Who is afraid of Red, Yellow and Blue?“ („Wer hat Angst vor Rot, Gelb und Blau?“).
Fast 50 Jahre später möchte ich an Sie, sehr geehrtes Publikum, erneut diese Frage richten: Haben Sie Angst vor Rot, Gelb oder gar Blau?
Lassen Sie uns auf alle Fälle in den Dialog mit den Bildern, mit sich selbst, mit Gleichgesinnten und der Künstlerin gehen. Erzählen Sie ihr von den Farben, die Sie wahrnehmen! Erzählen Sie ihr, was sie in Ihnen auslösen …
… vielleicht setzen die künstlerischen Arbeiten ähnliche Befindlichkeiten frei wie in dem Gedichtaufhänger zur heutigen Ausstellung?
„… ich lausche den
gellenden Sirenen,
spüre die versinkende Sonne,
beiße auf süßliche Kerne.
Bis ich das Rot
nicht mehr
hören, fühlen, schmecken
kann
und dann
sage ich
leise
zu dir
Erzähl’ mir von Blau.
Erzähl’ mir.“