Im lokalen Internet-Portal „guben-online“ war zu lesen, dass der Gubener Heimatbund am 14. Februar 2008 in Guben eine Gesprächsrunde durchführt mit dem Gubener Bürgermeister sowie Herrn Gerhard Gunia als anerkannten Heimatforscher und Herrn Andreas Peter, ebenfalls geschätzter Heimatforscher und Verleger, wohl auch ganz stark persönlich in den Gubener Heimatbund involviert.
Die gegenwärtige von einigen Heimatforschern zwischen Spremberg und Guben in die Öffentlichkeit (z.B. Lausitzer Rundschau) getragene Debatte um die Titulierung „Perle der Niederlausitz“ ist aus unserer Sicht eher kontraproduktiv, sofern sie nicht mit dem Blick in die Zukunft geführt wird. Damit sprechen wir nicht gegen eine solche Podiumsdiskussion wie die in Guben und die genannten Herren mögen sich durch uns auch nicht direkt angesprochen fühlen mit unserer kritischen Haltung dazu. Wir, Die Niederlausitzer Wandergurken, hätten uns selbst gern auf den weiten Weg gemacht, um an dieser Gesprächsrunde teilzunehmen. Leider sind wir durch eine langfristig geplante eigene Veranstaltung zum Valentinstag daran gehindert. Aber wir finden, da Guben ja prädestiniert für Brückenschläge ist, ist es durchaus legitim, sich einen solchen Tag für eine solche Gesprächsrunde auszuwählen. Am Tag der Verliebten kann man ja durchaus zeigen, mit wem man verliebt ist. Die meisten von uns sind das in einen liebenswerten Menschen, aber es wird sicherlich auch viele geben, die darüber hinaus auch in ihren Heimatort, ihre Stadt verliebt sind…
Aber zurück zum Thema oder sind wir schon mitten drin? Für uns ergeben sich dazu eine ganze Reihe von Fragen, besser gesagt, Hinterfragungen, die wir bei Anwesenheit vor Ort selbst in den Raum gestellt hätten, z.B.:
-Warum diese Diskussion zur jetzigen Zeit? Soll sie evtl. Bewerbungen für die LAGA 2013 unter-stützen?
-Warum macht man in dieser Diskussion das „Recht“, sich Perle der Niederlausitz zu nennen, hauptsächlich daran fest, wer diesen „Titel“ zuerst gebraucht hat?
-Haben das große Teile der Bevölkerung, zum Beispiel das Proletariat, zu der Zeit, als der „Titel“ aufkam, ihren Heimatort, ihre Stadt, auch so gesehen -als Perle- oder hatten diese Leute ganz andere Sorgen? Wie sehen das die Menschen in den Städten und Gemeinden heute? Ist das für sie ein The-ma? Wie sind Heimatliebe und territoriale Verbundenheit heute ausgeprägt? Gibt es nicht auch heute Schichten in der Bevölkerung, deren Menschen ganz andere Sorgen haben? Ist heutige „Landflucht gen Westen“, vor allem junger Menschen, nicht eine erneute „Abstimmung mit den Füßen“?
-War das damals vielleicht nur der Ausdruck der Liebe einiger weniger Heimatforscher und „besser betuchter“ Bürger zu ihrer unmittelbaren Heimat, zu ihrer Heimatstadt, um so auf diese und damit auf ihr Unternehmen bzw. Geschäft aufmerksam zu machen?
-Was ist eigentlich die Niederlausitz, wie ist sie historisch entstanden? Wie groß war sie einst und wie ist heute ihre Ausdehnung z.B. von Norden bis Süden und von Osten bis Westen? Dazu gibt es in der historischen Literatur auch konkrete Angaben. Ist es heute noch legitim, auf die gesamte Niederlau-sitz in ihren historischen Grenzen zu verweisen?
-Wie ist es um die Orte bestellt, die mitten drin lagen und territorial nicht zur Niederlausitz gehörten und gehören (also so genannte Enklaven)? Könnten die sich auch Perlen der Niederlausitz nennen?
-Wie ist es mit den Niederlausitzer Gebieten, die außerhalb der Niederlausitz lagen und heute liegen (Exklaven)? Gab und gibt es solche überhaupt?
-Wie steht es um den alten Landkreis Sorau, also teilweise die heutige polnische Niederlausitz, wohl wissend, dass ein Teil des alten Landkreises Sorau heute zum Spree-Neiße Kreis gehört?
-Wie steht es in Guben mit der Einvernahme des „Titels“ Perle der Niederlausitz einst und heute? Die frühere Perle der Niederlausitz Guben war ja wohl mehr der Teil des heutigen Gubins, wenn wir K. Gander (1900) in „Die Provinz Brandenburg in Wort und Bild“ richtig gelesen und verstanden haben? Und das mit dem Hintergrund der heutigen Querelen um die Baugenehmigung der neuen Neißebrücke und die Gestaltung der Neißeinsel. Dabei bietet die offene Grenze für das Zusammenkommen der Menschen doch so viele, teils noch ungeahnte Möglichkeiten, oder? Wird diese Frage der Baugenehmigung etwa zum Stolperstein der sich (auch nicht widerspruchslos) entwickelnden Beziehungen zwischen den Städten Guben und Gubin bezogen auf ihre Verantwortungsträger?
-Könnte sich heute eine Stadt oder ein Ort auch Perle der Niederlausitz nennen, der das früher vor 100 Jahren noch nicht so ausdrücklich und nachhaltig in seiner Außendarstellung getan hat?
-Auch sollte in der Debatte die Frage eine wichtige Rolle spielen, was durch den Verderben und Zerstörung bringenden Krieg übrig geblieben ist von solchen einstigen „Perlen der Niederlausitz“ Spremberg, Forst und Guben? Oder verallgemeinert –
-Wie hilft eine solche Debatte, die regionale und örtliche Geschichtsschreibung weiter zu beleben und zu vervollkommnen?
-Wie hilfreich ist so etwas, um Heimatgefühl wieder zu erzeugen und/oder wieder zu vertiefen ohne das Nationale bzw. den Lokalpatriotismus über zu bewerten?
Für uns ist deshalb mit dem Blick nach vorn vor allem die Frage wichtig: Was bringt eine solche Debatte, die ja auch richtungsweisend sein kann und muss, sowohl für die innere Entwicklung der gesamten Niederlausitz als Region, die zweimal so groß ist wie das Saarland -und das ist immerhin ein eigenständiges Bundesland- als auch für die globale Außendarstellung der Niederlausitz im Zuge eines ein-heitlichen Regionalmarketings. Also sollte man einen Wettbewerb ins Leben rufen um den Titel „Perle in der Niederlausitz“, weil ein solcher Titel viel Raum lässt, was eigentlich eine solche Perle auszeichnen könn-te oder sollte unter den gegenwärtigen gesellschaftlichen Verhältnissen und Bedingungen. Dabei tauchen aber gleich neue Fragen auf, z.B.:
-Können nur Städte einen solchen Titel verliehen bekommen oder auch kleinere Orte?
-Können nur Kommunen einen solchen Titel verliehen bekommen oder auch Sehenswürdigkeiten und regionale Landschaften?
-Wie ist die Verfahrensweise der Erlangung eines solchen Titels und dann der Umgang mit demsel-ben?
-Wie dauerhaft ist eine solche Titulierung und welche Konsequenzen hat die Verleihung?
-Können auch Kommunen u.a. in Betracht kommende Highlights der Niederlausitz außerhalb der definierten wirtschaftlichen „Wachstumskerne“ eine „Perle in der Niederlausitz“ werden und sein und was ist dazu erforderlich?
-Was sind die Prämissen für die Verleihung eines solchen Titels überhaupt und wer kann einen solchen Titel verleihen – oder kann es auch so sein, dass man sich den einfach selbst gibt?
Das wäre doch endlich einmal ein Wettbewerb, der die Niederlausitz als einheitliches Ganzes nicht nur in Deutschland aufwerten und eine Schubwirkung auf allen Gebieten der gesellschaftlichen Entwicklung in der gesamten Niederlausitz bringen würde, sondern auch eine dankbare Aufgabe für das hie-sige Regionalmarketing, oder?
„Wir sind Papst!“ – „Wir sind Deutschland!“ – Das war gestern! – Zukünftig sollte es bei uns ganz laut und vernehmlich heißen: Wir sind die Niederlausitz!
Vielleicht sind ja solche lokalen Internet-Portale wie „guben-online.de“ u.a. neben der Lausitzer Rundschau auch gute neutrale Plattformen für eine öffentliche Diskussion zu dieser Problematik?
Die Niederlausitzer Wandergurken
Gerd Laeser
Lübbenau
Übrigens: Auch nebenstehende Fotos sind für uns Perlen der Niederlausitz. Das erste Foto: Weg von Kerkwitz über den Käsehebbel nach Atterwasch. „Perle der Niederlausitz“ – wie lange noch?
Zum gegenwärtigen Wetter wieder passend – Teiche beim Schwarzen Fließ in der Nähe von Atterwasch – für uns eine Perle der Niederlausitz – wie lange noch?
Grabkoer Seewiesen – für uns eine Perle der Niederlausitz – wie lange noch?
Kirche in Kerkwitz – für uns eine Perle der Niederlausitz – wie lange noch?