Immer wieder ging der Blick aller in Richtung Himmel: Wird das Wetter durchhalten? Der Vorsitzende der Kahnfährgemeinschaft Raddusch e.V., Detlef Mecke, hatte mit seinen Leuten zwar Zelte aufgebaut, die den schlimmsten Regen hätten abhalten können. Doch wichtig war ihm und seinen Kollegen auch ein zahlreiches Erscheinen der Gäste des Festes – mitten in den Eisheiligen nicht ganz ohne Risiko. Die Fährmannsfrauen hatten 16 Kuchen gebacken und reichlich Kaffee gekocht – beides war in einer Stunde komplett vergriffen. Das Gelände im Radduscher Naturhafen hatte sich schon vor dem Beginn schnell mit Gästen aus der Region und mit Tagestouristen gefüllt und somit den Veranstalter aller Teilnahmesorgen entledigt. „Dieser Besucherandrang hat uns dann doch ein wenig überrascht, aber auch irgendwie befriedigt“, wird der Vereinsvorsitzende am Abend einschätzen. „Und eigentlich war das Wetter sogar noch besser als gestern, denn die Hitze war kaum zum Aushalten.“
Auf der Bühne am Pavillon war inzwischen das Programm angelaufen. Joline Abt aus der Radduscher KITA überraschte mit ihrem wendischen Gedicht vom Storch besonders die Touristen. „Es ist schon erstaunlich, von seinem kleinen Mädchen eine Sprache zu hören, die ich nicht verstehe“, so Thomas Leneke aus Magdeburg, der mit 70 anderen zum Fest gekommen war. Noch weitere Gedichte und Lieder, vorgetragen in Wendisch, folgten. Angesichts der aktuellen Witaj-Diskussion schien der Beifall für die kleinen Künstler diesmal besonders groß auszufallen. Auf der Bühne folgten nun die Großen, die Jugendgruppe des Radduscher Heimat- und Trachtenvereins, die die Kreuzpolka und andere Traditionstänze zeigten.
Unter den Gästen im Festzelt Adolf Giedow, Jahrgang 1936, einer der Mitbegründer des 1990 gegründeten Radduscher Fährmannsvereins: „Wir hatten schon in den Achtzigern versucht, eine Kahnfährgenossenschaft zu gründen und bei m Rat des Kreises beantragt. Mit der Begründung, dass eine, die Lübbenauer, für den ganzen Spreewald reicht, wurde er abgelehnt. Der Initiative des Radduschers Gerhard Noack war es zu verdanken, dass wir in den ersten Wendemonaten den Verein dann tatsächlich gründen konnten.“
„Als Kind habe ich, wie jeder Radduscher Junge, Kahn fahren gelernt, kam aber später nicht mehr dazu. Der Krieg hatte das ganze Leben durcheinander gewürfelt“, erzählt der 88-jährige Fritz Koal. Er kommt jährlich von Husum zum Fest nach Raddusch, um seiner Heimat wieder einmal nah zu sein. „Hier hat sich so viel zum Guten und Schönen verändert. Das merkt wohl nur der Besucher, der wie ich im Jahresrhythmus hier herkommt“, ergänzt er noch. Ein wenig ärgerte sich der Gehbehinderte dann doch etwas: „Ich konnte von meinem Sitzplatz aus kaum etwas sehen, die Leute habe direkt vor der Bühne gestanden und uns die Sicht versperrt.“
Viele Besucher fanden sich vor der Informationstafel zur Braunwasser-Problematik ein. Die Radduscher verschweigen nicht das unschön aussehende Wasser, sondern gehen in die Offensive und klären auf. Glücklicherweise hat der Vereinsvorsitzende einen Schwiegervater, der sich damit auskennt und die Tafel gemeinsam mit seinem Enkel Matthias aufgestellt hat: Helmut Ziehe. So entstand ein Familienprodukt als Leistung für die Gemeinschaft.
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