Das Klinikum Niederlausitz stellt die Weichen für eine erfolgreiche Zukunft. Dabei helfen sollen ein strategischer Partner, den der Eigentümer Landkreis noch in diesem Jahr präsentieren möchte, sowie ein entsprechender Sanierungsplan. Im Kreistag am Donnerstagabend (27. Februar) beschlossen die Abgeordneten die Einleitung eines Interessenbekundungsverfahrens und ebneten damit den Weg für die Suche nach einem Mitgesellschafter. Die Geschäftsführung des Klinikums präsentierte darüber hinaus einen Sanierungsplan für die kommenden Monate, der ein ausgeglichenes Ergebnis im Jahr 2021 zum Ziel hat. Einige Maßnahmen sind angelaufen, für die weitere Umsetzung wird ein Partner jedoch dringend benötigt.
Interessenbekundungsverfahren startet
Mit dem Beschluss geben die Abgeordneten den Weg frei für die Aufnahme eines durch die Verwaltung angestrebten Interessenbekundungsverfahrens. In der Durchführung des Verfahrens, das zeitnah starten soll, wird sich der Landkreis neben dem auf das Gesundheitswesen spezialisierte Beratungsunternehmen WMC von einer renommierten Anwaltskanzlei unterstützen lassen, stellt Landrat Siegurd Heinze in Aussicht. „Ziel bleibt es, im Ergebnis dem Kreistag noch im Jahr 2020 einen konkreten Vorschlag für einen möglichen Mitgesellschafter zu unterbreiten“, erklärt Heinze, der Interessenten dafür als durchaus vorhanden einschätzt. Gleichzeitig unterstreicht er die Chancen, die sich für das Klinikum ergeben: „Der Mitgesellschafter wird das Klinikum bei der notwendigen Neuausrichtung aktiv unterstützen. Die Notfallversorgung sowie die stationäre medizinische Versorgung werden dadurch auch in Zukunft bedarfsgerecht gesichert sein. Die Klinikstandorte Senftenberg und Lauchhammer bleiben erhalten“, betont er. Hintergrund der Suche nach einem Partner ist die anhaltend angespannte finanzielle Situation, in der sich Deutschlandweit zahlreiche Kliniken befinden, so auch die Klinikum Niederlausitz GmbH.
Zustand kritisch, aber aussichtsreich – Sanierungsplan vorgestellt
Die Aussagen des Landrats untermauert auch Klinikum-Geschäftsführer Tobias Vaasen. Er präsentierte innerhalb der Kreistagssitzung, welches Sanierungspotential das Beratungsunternehmen WMC Healthcare im Klinikum Niederlausitz identifiziert hat und wie der Sanierungsplan in den kommenden 18 Monaten aussehen soll.
„Nach den Verlusten in den beiden Vorjahren wollen wir schon in diesem Jahr das negative Jahresergebnis halbieren. 2021 planen wir, mit der schwarzen Null abzuschließen. Für weitere Investitionen bedarf es jedoch dringend einem geeigneten Partner an unserer Seite, alleine können wir diese aus dem operativen Ergebnis auch zukünftig nicht leisten“, erklärt der Geschäftsführer der Klinikum Niederlausitz GmbH und leitende Berater bei WMC Healthcare. Seit 1. Januar 2020 führt Tobias Vaasen die Geschäfte des Klinikums gemeinsam mit WMC-Geschäftsführer Prof. Dr. Christian Wallwiener.
„Unser Gutachten bescheinigt der Klinikum Niederlausitz GmbH gute Chancen auf mittelfristige ökonomische Gesundung“, unterstrich Vaasen. Das medizinische Leistungsportfolio präsentiere sich ausgewogen und gut an den Bedürfnissen der hiesigen Bevölkerung aufgestellt. Dies sichere der Region Medizin nach höchsten Standards sowie eine hochwertige lokal-regionale Akut- und Notfallversorgung mit breiten Fächerspektrum. „Beide Standorte – Senftenberg und Lauchhammer – sind für Südbrandenburg versorgungsnotwendig. Schließungen von Fachabteilungen sind derzeit nicht vorgesehen“, sagt Vaasen.
Erlöse steigern, Kosten senken
Viele Maßnahmen zu Stabilisierung der Klinikum Niederlausitz GmbH sind bereits angelaufen – und erste Erfolge zu verbuchen: Wöchentlich trifft sich eine Steuerungsgruppe aus Geschäftsführung sowie Führungskräften aus Medizin, Pflege und Verwaltung, kontrolliert Kennzahlen und stellt gemeinsam die Weichen für die Zukunft.
Zu einer der ersten Maßnahmen, die auf Erlösseite positive Effekte bringen sollen, gehört der Ausbau des Angebots zugunsten einer verbesserten bedarfsorientierten Patientenversorgung. So erweitert die Klinikum Niederlausitz GmbH zum Beispiel ihre Kapazitäten in der Intensivmedizin. Ebenso soll eine an sieben Wochentagen 24 Stunden verfügbare Herzkatheterbereitschaft etabliert und das Gefäßzentrum demnächst durch einen Angiologen (Gefäßmediziner) unterstützt werden. Die Innere Medizin wird schlanker und damit schlagkräftiger strukturiert: „Zum 1. April 2020 werden die bisher in zwei Kliniken geführten Fachbereiche Kardiologie in Senftenberg und die Gastroenterologie in Lauchhammer in eine gemeinsame organisatorische Einheit überführt. Davon profitieren besonders die Patienten in Lauchhammer, denn durch Rotation von Ärzten und Weiterbildungsassistenten wird das kardiologische und intensivmedizinische Angebot verbessert und so die Versorgungsqualität erhöht“, sagte Geschäftsführer Vaasen.
Ein weiteres zentrales Thema ist zurzeit der patientenfreundliche Ausbau der Notaufnahme in Senftenberg. Auch eine optimale Bettenauslastung steht ganz oben auf der Prioritätenliste. Dank eines optimierten Aufnahme- und Entlassmanagements soll kein Patient mit gepackten Koffern auf seine Entlassung oder bei der Aufnahme auf ein freies Bett warten müssen.
Kostensenkend wirkt sich die Reduktion von Fremdpersonal aus, die bereits Erfolge zeigt: „Dank verstärkter Personalwerbung kommen wir seit Ende Februar auf der Intensivstation nahezu ohne Fremdpersonal aus“, berichtet Geschäftsführer Vaasen. Für Honorarkräfte wurden in den vergangenen Jahren mehrere Millionen Euro ausgegeben. Während medizinisches und pflegerisches Personal nach wie vor gesucht werde, gäbe es andererseits Personalüberhänge in der Verwaltung bzw. den nicht-medizinischen Diensten: „Diese Überhänge müssen wir betrachten. Hier werden wir um Veränderungen nicht herumkommen – allerdings sozialverträglich gestaltet, in Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat und im Dialog mit dem Mitarbeiter.“
Des Weiteren sei man im Gespräch mit allen Bereichen, um die Kosten zu reduzieren. Auch Verträge mit externen Dienstleistern, Provisionen und Fremdkosten wie Laborleistungen werden auf Einsparmöglichkeiten abgeklopft, genauso wie nicht betriebsnotwendiges Anlagevermögen betrachtet wird.
Ausbildung attraktiver gestalten
Um neues medizinisches Personal zu binden und der Personalfluktuation entgegenzuwirken, setzt die Klinikum Niederlausitz GmbH unter anderem auf ein attraktives Ausbildungskonzept. Assistenzärzte im Bereich Innere Medizin können jetzt beispielsweise zwischen den Fachrichtungen Kardiologie, Innere Medizin, Geriatrie und Intensivmedizin rotieren, da die Abteilungen noch enger zusammenarbeiten. Das Klinikum Niederlausitz ist auch eine von wenigen Weiterbildungsstätten in der Region, die angehenden Fachärzten den Einsatz im Rettungshubschrauber ermöglicht. „Ausbildung ist ein wichtiger Faktor in der Personalakquise und damit auch für die Aufrechterhaltung oder sogar den Ausbau unseres Leistungsspektrums“, führt Tobias Vaasen aus.
Hohe Qualität und offene Türen
Unberührt von den Sanierungsmaßnahmen bleiben Leistungsspektrum und Qualität der Patientenversorgung im Klinikum, die sich nicht zu verstecken braucht: So war die Stroke-Unit am Standort Senftenberg seinerzeit erst die dritte Schlaganfalleinheit in Deutschland, die von der Deutschen Schlaganfall-Gesellschaft (DSG) als solche zertifiziert wurde. Und noch druckfrisch ist das Zertifikat der Deutschen Wirbelsäulengesellschaft (DWG), das die Klinik für Neurotraumatologie und Wirbelsäulenchirurgie in Senftenberg als „Wirbelsäulenspezialzentrum“ ausweist.
An einem Tag der offenen Tür am Standort Senftenberg am 13. Juni 2020 kann sich zudem jedermann in einem unterhaltsamen Programm persönlich bei den Klinikums-Mitarbeitern vom Chefarzt bis zum Auszubildenen über das medizinische Angebot des gesamten Klinikums informieren und auch sonst verborgene Bereiche kennen lernen.
„Wir begreifen uns als lernende Organisation, die auf Transparenz und Beteiligung setzt“, hebt Tobias Vaasen hervor. „Damit schaffen wir beste Voraussetzungen für die Klinikum Niederlausitz GmbH, gestärkt aus dem Sanierungsprozess hervorzugehen.“
Bundesweiter Trend
Die wirtschaftliche Schieflage habe das Klinikum unter anderem einem verschärften Kosten- und Wettbewerbsdruck im Krankenhaussektor zu verdanken: „Bundesweit stagnieren oder sinken wie auch im Klinikum Niederlausitz die Patientenzahlen. Unzureichende Finanzierung nötiger Investitionen durch die Bundesländer, politische Vorgaben wie Pflegepersonaluntergrenzen, steigende Sach- und Personalkosten sowie der Fachkräftemangel tun ein Übriges. Nahezu jede zweite Klinik in Deutschland schreibt heute rote Zahlen“, weiß Vaasen. Um das Klinikum zahlungsfähig zu halten, unterstützt der Landkreis mit einem Kredit in Höhe von bis zu fünf Millionen Euro.