Er arbeitete als Schlosser, war Teil der Studentenbewegung und interessierte als Professor in seinen Ringvorlesungen an der BTU Cottbus Hunderte für Umweltthemen und politische Teilhabe. An seinem Leben kann die Entwicklung der Bundesrepublik nach dem zweiten Weltkrieg abgelesen werden – und er gestaltete sie aktiv mit. Am 14. Mai 2018 verstarb Prof. Dr. Wolfgang Schluchter 74jährig in Ebertsheim.
Was wäre Wolf Schluchter in seinem eigenen Nachruf wohl wichtig gewesen? Er kam aus kleinen Verhältnissen, lernte als Schlosser und war am Ende seines Berufslebens Professor. Er war Teil der Studentenbewegung in Heidelberg und gestaltete diese mit. Er setze sich dann Zeit seines Lebens gegen die Atomenergie und für Erneuerbare Energien ein. Er war Kommunist in seiner Studentenzeit, wandte sich von den autoritären Strukturen ab und setzte sich fortan für politische Teilhabe vieler ein. In der Lausitz forderte er das Denken einer Zukunft nach der Kohle und für die Zeit nach der Nutzung der Atomenergie warb er für eine faire, generationengerechte und transparente Endlagerstandortsuche.
1944 wurde Wolfgang Schluchter in Stuttgart geboren und manchmal sagte er, dass er auch bei einem Luftangriff hätte sterben können. Persönlich war das eine Aussage für das Leben und auch gegen den Krieg. Er ging zur Hauptschule, machte dort seinen Abschluss, lernte als Schlosser und kam so mit der kommunistischen Bewegung in Kontakt, die sich für die Arbeitenden einsetzte.
Er studierte in Heidelberg und war zur Zeit der Studentenbewegung im Asta der Universität. Er war Sozialreferent und Hermann Scheer Vorsitzender des Asta – und beide sollten sich Zeit Lebens für die Nutzung erneuerbarer Energien einsetzen. Doch zunächst arbeitete Wolf Schluchter ab 1976 am Batelle-Institut, wo er mit Forschungen zur Zerschlagung von Bürgerinitiativen gegen die Atomenergie befasst war. Unter dem Eindruck des Störfalles in Gundremmingen veröffentlichte er 1977 den Artikel „Polizei und Wissenschaft, vereint gegen Bürgerinitiativen“. Infolge dieser Publikation wurde er fristlos aus dem Institut entlassen, des Hochverrats angeklagt, aber nicht verurteilt, und mit einem Berufsverbot belegt. Wolf Schluchter nahm aber weiterhin an Demonstrationen gegen die Atomenergie teil, wie dem Gorleben-Treck 1979 und der Schlacht um Brokdorf teil, und wurde Mitglied der Grünen.
Nach Aufhebung seines Berufsverbotes 1983 arbeitete Wolf Schluchter als Sozialwissenschaftler, u.a. an der FU Berlin und in Darmstadt. Ab 1995 wurde er als Professor für Sozialwissenschaftliche Umweltfragen an die BTU Cottbus berufen, wo er bis 2012 tätig war.
In die Lausitz brachte Wolf Schluchter insbesondere Ansätze zur Bürgerbeteiligung mit, wie sein später entwickeltes Triplex-Konzept. Seine Ringvorlesungen des Humanökologischen Zentrums sprengten regelmäßig die Hörsäle. Klaus Töpfer, Heiner Geißler, Elmar Altvater und beispielsweise Hermann Scheer waren dort zu Gast und diskutierten mit einem interessierten Publikum. Die Ringvorlesungen waren ein Ort, an dem die Gesellschaft an die Universität kam und aktuelle politische Fragen diskutierte. Dort wurden Ideen entwickelt für eine Zeit nach der Kohle in der Lausitz, für die Nutzung erneuerbarer Energien in der Region und auch für die Altlasten der Nutzung der Atomenergie. Der Akademische Senat der BTU wählte Wolf Schluchter 2009-2011 zu seinem Vorsitzenden.
In den letzten Ringvorlesungen und nach seiner Emeritierung widmete er sich insbesondere den Fragen der Endlagerstandortsuche für den hochradioaktiven Müll in der Bundesrepublik. Wichtig war ihm, dass noch die für den Atommüll verantwortlichen Generationen einen sicheren Umgang mit dem Erbe des Atomzeitalters finden. Doch für ihn kommt das nun zu spät.
Schlosser, Studentenbewegter, Standortsucher – an Wolf Schluchters Leben kann die politische Entwicklung und die zunehmende Demokratisierung der Bundesrepublik nachvollzogen werden – doch es bleibt nun an den anderen, diese fortzuführen.
Am 20. Juni ab 19.00 Uhr findet im quasiMONO, Erich-Weinert-Str. 2, eine kleine Gedenkveranstaltung für Wolf Schluchter statt.
Autor: Daniel Häfner
Bild: Daniel Häfner