An der Spitze des Aufsichtsrates der Mitteldeutschen Braunkohlengesellschaft mbH (MIBRAG), Zeitz, wurde ein Wechsel vollzogen. Der frühere Ministerpräsident des Freistaates Sachsen, Stanislaw Tillich, steht fortan dem Gremium vor.Der 60-Jährige tritt die Nachfolge des langjährigen Vorsitzenden Dr. Wilhelm Beermann an, der zum Ehrenvorsitzenden ernannt wurde. Das teilte der Aufsichtsrat am 24. September 2019 nach einer Sitzung in Leipzig mit. Die bundesweite Empörung über den angekündigte Wechsel in den Aufsichtsrat des Braunkohleförderer Mibrag schlägt weiter Wellen. Er war bis Januar 2019 neben Matthias Platzeck einer der beiden Vorsitzenden der sogenannten Kohlekommission. Eine erst am vergangenen Mittwoch gestartete Petition erreichte binnen weniger Tage bereits über 36.000 Unterzeichner.
Die Initiatorin Hannelore Wodtke, ebenfalls Mitglied der Kohlekommission, aus Welzow (Brandenburg) fordert darin den Rückzug von Tillich von dem Aufsichtsratposten „mit dem letzten Stück Ehre“ und die Einrichtung eines Untersuchungsausschusses. Der sächsische CDU-Politiker war einer der Vorsitzenden in der Kohlekommission, in der auch Wodtke für die Tagebaubetroffenen saß. Die Welzowerin stimmte als einzige Vertreterin in der Kohlekommission gegen den Abschlussbericht, weil die Abbaggerung von Dörfern in Brandenburg, Sachsen und Nordrhein-Westfalen darin nicht ausgeschlossen wurde. Auch nach dem Bericht der Kommission plant die Mibrag weiterhin die sächsischen Dörfer Pödelwitz und Obertitz abzubaggern. Einen Erhalt der Dörfer lehnte Tillich in der Kommission entschieden ab.
„Das ist ein Korruptionsskandal sondergleichen. Tillich, tritt zurück, leg dein Aufsichtsratsmandat nieder, beende dein falsches Spiel“, fordert die Welzower Stadtverordnete Hannelore Wodtke (Grüne Zukunft Welzow): „Heute sehen wir, für wen Tillich die ganze Zeit Politik machte, nicht für die Menschen, sondern für sich, und für den Kohlekonzern Mibrag. Tillichs Wechsel in dem vermutlich hochdotierten Posten des Aufsichtsratschefs ist für mich ein Betrug an den Bürgerinnen und Bürgern“.
Weiter fordert Wodtke eine Untersuchungsausschuss auf Bundesebene: „Die Bundesregierung war verantwortlich für die Besetzung der Kohlekommission. Deswegen fordere ich auch die Abgeordneten im Bundestag auf, einen Untersuchungsausschusses zur Besetzung der Kommission und zur Aufklärung der Verstrickung zwischen Tillich und Mibrag einzurichten. Ich will, dass dieses klimaschädliche Falschspiel Konsequenzen hat!“.
“Stanislaw Tillich wird sich in seiner neuen Funktion gemeinsam mit der Geschäftsführung und Eigentümer EPH (Anm. der Redaktion: EPH ist ebenfalls Eigentümer der LEAG) den aktuellen, energiepolitischen Fragen und klimapolitischen Herausforderungen stellen und sich für eine erfolgreiche Zukunft des Unternehmens am Standort einsetzen” heißt es auf der Webseite des Unternehmens.
Der neue Aufsichtsratsvorsitzende setzt sowohl auf Kontinuität als auch auf Veränderungen. „Bei dem bevorstehenden Strukturwandel kommt MIBRAG eine bedeutende Rolle zu“, sagte Stanislaw Tillich. „Wichtig ist einerseits die Fortführung des Kerngeschäfts für die nächsten Jahre und andererseits die Suche und Ausrichtung auf neue Geschäftsfelder im Sinne einer kontinuierlichen Energieversorgung und Beschäftigung.“
abgeordnetenwatch.de berichtet auf seiner Facebookseite von dem Wechel: “Seitenwechsel des Monats? Ex-Landesregierungschef, Ex-Vorsitzender der Kohlekommission der Bundesregierung und nun Aufsichtsratschef eines Braunkohlekonzerns?! Nein, das ist kein Witz, sondern der Lebenslauf des ehemaligen Sachsen-Ministerpräsidenten Stanislaw Tillich (CDU)! Ob er schon so nah zur Kohleindustrie war, als er im Januar den Kohleausstiegplan der Bundesregierung vorstellte, können wir nicht sagen…
Aber eines ist sicher: Wir werden euch immer über solche Seitenwechsel zwischen Politik und Wirtschaft berichten.”
Petition: #Howdareyou: Tillich, tritt zurück