Es nieselt. Ganz fein.
Die abgeworfenen Eichenblätter im Park glänzen, wie lackiert.
Sie weigern sich zu verrotten. Bald wird Schnee sie bedecken.
Die geschminkte Frau im Salon schaut für Geld in die Zukunft.
Sie mischt Tarotkarten im Schummerlicht.
Reiht Narren, Engel, Madonnen auf. Rät, was zu tun ist.
Kann man Glück kaufen?
Der Kammerjäger berichtet, die Rattenplage habe zugenommen.
Die Einwohnerzahl mal drei, schätzt er. Zeigen sich am helllichten Tag, die Viecher.
Immun gegen alle Gifte. Früher war’s einfacher: wer die Biester weglockt, gab der Rat bekannt, erhält des Bürgermeister’s Töchterlein.
Die weint. Der Flötenspieler wird um seinen Lohn betroge.
Aus Rache führt er die Hamelner Kinder in’s Wasser, wie vormals das Rattenvolk.
Doch Ratten können schwimmen….
Ich trete aus dem Haus. Die Postfrau füllt die Briefkästen.
Sie erzählt, dass ihr geschiedener Mann Alkoholiker war.
Der älteste Sohn musste schlimme Dinge erleben.
“Ich bin dann weg, konnte jahrelang darüber nicht reden.
Hoffentlich haben die Kinder diese Zeit verdrängt.
Jetzt ist es gut, so wie es ist”.
Es nieselt. Unaufhörlich.
Die Postfrau fährt weiter. Nimmt ihre Erinnerungen mit.
Über die Straße huscht ein Eichhörnchen.
Am Abend gehe ich zum Friedhof, im Norden der Stadt.
Hinter der schweren Eingangstür flackern rote Lichter.
Manche Gräber sind frisch aufgeschüttet.
Schwarze Erde, helle Gebinde, goldene Schrift.
Ein Pärchen kauert im Dunkeln. Die Frau weint.
Der Schatten des Mannes fällt auf Blumen, Kinderspielzeug.
Wind kommt auf. Bäume schwanken.
Die Lichtlein in den Laternen tanzen,
Glocken läuten.
Advent.