…ich brauch erst mal ‘nen Kaffee, nach all dem Ärger … weil der so teuer geworden ist, trinke ich den nur noch in winzigen Schlückchen, aber den ganzen Stress ohne Kaffee – nöh! …
manchmal fahren wir ja mit Hilde zum rumtratschen zu
“Fünfunddreißig” nach Burg: da kostet der Pott 1,8o, packste dir noch ‘ne Schlemmerschnitte oder Punschtorte auf den Teller – biste auch schon bei 5 Euro ….
Auf der Theke steht da immer diese Weltraumnahrung: Soljanka, Spiegelei mit Bratkartoffeln oder Pizza mit Salamistücken, ich dachte anfangs das Zeug ist aus Plaste, aber Irrtum …
Rein in die Mikrowelle … klingelingeling, bisschen später dampft’s mörderisch heiß, riecht gut, klar: wer Hunger hat, freut sich, nur die eigenen Mitbewohner nicht:
… Auge zum Magen: gleich wirste verarscht … Magen zum Auge: mir egal, werd’ laufend verarscht … sag mir mal lieber, was in der “Bild” steht , aber nicht schummeln!
Auge zum Magen: hier die New’s – extra für dich, du übersäuerter Sack! … Mann wird nach Unfall intravenös ernährt, Ärzte klagen: Bulimie nimmt zu ….Heilpraktiker empfehlen Fasten …
Magen an Faust: gib dem mal ‘nen Doppelpack auf die Lichter.
Gehirn an alle: Schnauze! … muss was überlegen …
Hilde, willste noch ‘ne Mohnschnecke? apropos Otto: … den seine besten Zeiten sind auch vorbei, schon wieder ‘ne Freundin weggerannt, möchtest du mit so’nem schlaffen Rüssel im Bett liegen ….?
ne’, mir reicht schon meiner, der trägt jetzt wegen dem Schnarchen nachts auch so’n Ding im Gesicht … hat er mitgekriegt vom Schlaflabor – ich dreh mich früh um, weil wir doch Mittwoch’s immer zum Markt gehen … will sagen: guten Morgen Eberhard, da liegt einer mit ‘nem Rüssel neben mir …weeste, wie mein Puls ging? …. musste den ganzen Tag Beruhigungstabletten nehmen, dabei wird mir davon immer schwindlig und im Fernsehen lief noch wie zum Hohn der Film: Geier über dem Elefantenfriedhof.
Die Hausschwester, die nachmittags kam, sagte: was ist denn mit Ihnen Frau Siebeneich? … Elefant, Rüssel, Schnarchen habe ich noch rausgebracht, dann hat’s mich umgehauen … nur noch gehört, wie einer von den Rettungsleuten sagte: die Schwersten, kannste drauf wetten, immer vierter Stock.
Dann haben die mich runtergehievt.
Auf dem untersten Treppenaufsatz, wo die Eberlein mit ihrem Köter wohnt, bin ich mit dem Kopf gegen die Wand geknallt; hatte zum Glück noch Lockenwickler drauf, dass die Sani’s Geheim-Auftrag haben, einen schon unterwegs abzumurksen, ist der Hammer! … zu allem Überdruss fing noch der blöde Köter, Hansi, oder wie der heißt, an zu bellen, dadurch hat nun auch der Letzte mitgekriegt, was mit mir los ist …. konnte das Vieh noch nie leiden, sieht genau aus wie sein Frauchen, Mireille Matthieu – Frisur, immer in Schwarz, dabei ist der Alte schon 15 Jahre tot, fehlt bloß, dass die singt …
Ach, Edith, nach dem Kaffee geht’s mir gleich wohler, bin ein bisschen abgeschweift, wir waren ja bei “Wolle” … kannste dir ja vorstellen, wie die Azubi’s Montagfrüh gezittert haben, als der im Betrieb auftauchte … nur der Frechste von allen, der Sohn vom Spannbetonmeister Wichmüller fragte scheinheilig: was’n los, Meister, gab’s Rabatt beim Frisör? da hat “Wolle” die Nerven verloren und so laut vor Wut geschrien, dass dem dicken Wienert von der Gewerkschaft im dritten Stock die Kaffeetasse aus der Hand flog, gegen den Feuermelder krachte und, peng! Alarm auslöste. Da war die Hatz los …
…alles rannte aus den Büros: die Sekretärin vom Direktor, knallrot, mit aufgeknöpfter Bluse, Kunert aus der Rechtsabteilung, vom Wachschutz aus’n Klo rausgejagt , hing die Hose noch unten – und vor’m Eingang stand immer noch “Wolle” mit seiner Lehrlingsmeute, wie der Fels in der Brandung.
Die Betriebsfeuerwehr raste ran, was’n los fragte “Wolle” …wissen wa’ nicht, mach Platz, sagte kurzatmig Pohlenz, der Wehrleiter und brüllte: Männer! Lööschangriff! C – Rohre auf den dritter Stock gerichtet – Wasser marsch!
Einer vom Vortrupp hatte zuvor mit einem Rammbock ein paar von den Panoramafenster eingeschlagen, dann haben die den ganzen dritten Stock unter Wasser gesetzt, erst als einer der Pförtner rief: brennt doch gar nix, wurde die Aktion gestoppt, murrend die Schläuche eingerollt …. jetzt schiebt einer dem anderen die Schuld zu und die Versicherung will auch nichts zahlen.
“Wolle” hat sich inzwischen mit seiner Glatze abgefunden, erzählt überall, es wäre seine eigene Idee gewesen, is’ aber jetzt solo, weil Erna zu “Fliesen-Ewald” gezogen is’, die Leute munkeln, die haben schon länger was zu
laufen ….
so siehts aus bei uns Edith, ich mach jetzt Schluss, der Krimi fängt an: Ein starkes Team … immer wenn ich den Otto sehe, muss ich an “Wolle” denken, irgendwie tut er mir leid …