Wir sind von der Küste zurück und schon wieder überkommt mich die Sehnsucht nach tobenden Wellen und stürmischen Wind. Ich überlege, ob ich mir Seeluft und Meersalz aus den Haaren waschen oder noch eine Weile mit mir rumtragen soll: bin eine zerrupfte Krähe mit stumpfen Gefieder, die krächzend zurück nach Norden eilen will.
Jan Peters geht mir nicht aus dem Sinn, der breitschultrige Kapitän, der uns mit seinem Kutter von Sassnitz bis Kap Arkona schipperte und dabei Abenteuergeschichten erzählte, die er angeblich erlebt hat: “… plötzlich brach ein wütender Orkan aus Westen auf uns los, beide Taue des Mastbaumes zerrissen, dass derselbe rückwärts sank und alles auf das Deck geschleudert wurde. Die ganze Last stürzte dem am Steuerrad stehenden Matrosen auf den Kopf und zerkrachte ihm den Schädel, so, dass er wie ein Taucher ins Meer hinabsank. Zugleich zuckte ein Blitz mit knallendem Donner auf das Schiff hernieder und durchschmetterte es, dass es voll von Schwefeldampf wurde… “
Peters kniff die Augen zu Schlitzen, machte eine kurze Pause, als ob ihm das Erlebte abermals in die Glieder fuhr.
“…. meine Freunde stürzten aus dem Gefährt und zappelten wie schwimmende Krähen um das Schiff her, wogten auf und nieder und versanken endlich alle. Bald war ich ganz allein auf dem Schiffe und irrte darauf umher, bis ich die Flanken vom Kiel lösten; der liegende Mastbaum krachte vollends hernieder auf den entblößten Kiel und so fuhr das offene Wrack dahin.
Ich hatte indessen die Besinnung nicht verloren, ergriff ein Seil, das noch an dem Mast herunterhing, und band damit Mast und Kiel zusammen . Dann setzte ich mich darauf und ließ mich von dem tobenden Sturme dahinschleudern …”
So leewe Lüd, hier givt dat ümmer noch väl to entdecken – Jansen zeigt auf die beiden Leuchtürme Kap Arkonas, die Wahrzeichen der Insel, wenn man die Seebrücken von Binz und Sellin außen vorlässt.
Jan Peters wendet den Kutter, zündet sich eine dickbäuchige Muschelpfeife an; wir fahren zurück nach Sassnitz. Ich frage mich, ob er vorhin geflunkert hat, irgendwie kam mir manches bekannt vor.
Egal: die Wellen rauschen, die Luft erfrischt kühl und salzig: wir schließen die Augen und genießen das breitbräsige Platt, des Kapitäns, der in einem Vierteljahr in Rente geht:
…af und an leet sich de Vagel hüren, de ümmer sienen eegnen Namen roept – de Kuckuck.
Söcht he viellicht eene Fru, de nahdäm ehre Eier in fröme Nester legen wat un sich sich üm de Jungen nich een bäten kümmert, disse Schlawinerin.
Eegentlich dörf ick ehr nich utschellen. De Natur will’t ja so… “