Hallo Erna, danke für deine Post aus dem “Zwangsasyl”, sprich Lehrgang für höhere Schulkräfte.
Weiterbildung macht Spaß, wenn ein paar Leute in der Runde sind, die bestimmte Dinge gelassen sehen, die Dozenten gut drauf sind – und mancher ist ja auch froh, mal zwei Tage häuslicher “Frohn” zu entkommen.
Man weiß ja, was für komische “Vögel” es unter den Paukern gibt.
Wir haben genug davon in unserer Bekanntschaft, einer wichtiger als der andere: die “Gymnasialen” stehen über denen von der Grundschule; Fächer, Dienstjahre, Beförderungen spielen eine Rolle, zum Schluss kommen die hartgesottenen von der Förderschule, die bangen, dass bald alles in einem Topf vermengt wird; jedenfalls Lämpel spuckt in allen Hirnen, manchmal charmant verpackt, mit der notwendigen Ironie dem eigenen Tun gegenüber; die förmlich Süchtigen nach Belehrung, sind aber glaub’ ich, in der Überzahl.
Im altehrwürdigen Luckau, zur Tulpenschau, habe ich ein seltsames Exemplar der Gattung getroffen, das schon von weitem auffiel, durch rote Turnschuhe mit weißen Schnürbändern über graue Bundhose; markantem, langgezogenem Gesicht, intelligenten grau-grünen Augen und lässig geföhnter Allerweltsfrisur.
Wir gucken uns an, irgendwie vertraut: woher kennen wir uns, frage ich?
Weiß nicht, sie zuckt mit den Schultern. Wir kommen aus Cottbus …. ich auch, sie lacht. Theaterring, Kneipennacht, Malzirkel ……..? Keine Ahnung, der Beruf wird’s bringen ….
Ich bin Lehrerin …. aha! ich zeige ich auf mich: Deutsch/ Kunst; sie sagt Deutsch, Sport – dann ist alles klar: wir haben uns bei einer Weiterbildung kennengelernt, letzter Herbst, Bad Saarow – wahrscheinlich späte Literatur des 19. Jahrhunderts:
…. ” der Schneider trug in seiner Tasche nichts als einen Fingerhut, den er, in Ermangelung irgend einer Münze, unablässig zwischen den Fingern drehte, wenn er der Kälte wegen die Hände , in die Hose steckte, und die Finger schmerzten ihn ordentlich von diesem Drehen und Reiben …..”
Nach einer Weile sagte die Lehrerin, die mich still betrachtete und wie es schien, dass das durch meine Rede angefachte Schlagen ihres Herzens, sich etwas beruhigt hatte:
…”haben Sie dergleichen oder ähnliche Streiche früher schon begangen und fremde Menschen angelogen, die Ihnen nichts zuleide getan?”
Ich wurde rot, wie eine der leuchtenden Tulpen auf dem Luckauer Markt , wo überall, Gesponnenes lag, auf den Wegen.
…unser Vater war ein armer Schulmeister, der früh gestorben war und so blieb uns, bei größter Armut, keine Aussicht auf glückliche Erlebnisse, es sei denn, wir träumten dieselben herbei.
Kommen Sie, Strapinski, sagte die Rotbeschuht , wir gehen ein Kaffee trinken, irgendeinen Grund wird’s schon geben, dass wir uns hier getroffen haben – glauben Sie mir, es gibt keine Zufälle
….haben Sie noch mehr Geschichten auf Lager… ?