Ich komme im Dunkeln nach Hause.
Anita Teichmann, Parterre unten links, leert gerade ihren Briefkasten, sie ist drei Minuten vor mir eingetroffen und hat schon ihr Fahrrad in den Keller gebracht.
Och! “…. nur Uwe hat wieder Post, mir schreibt nie jemand, seufzt sie und hält ein Kuvert in der Hand auf der mit krakligen Buchstaben Uwe Teichmann, Berliner Straße 7, steht.
Der Gedanke an Timur und sein’ Trupp regt sich in mir “……..Kinder, helft, wo ihr könnt”, beschwor uns damals Frau Nautilus, unsere Pionierleiterin. “haltet Augen und Ohren offen, ehrliche Hilfe wird überall gebraucht, besonders von älteren Leuten” … und, Frau Nautilus blickte sich verschwörerisch um, “macht es so, dass keiner was mitkriegt .. seid unsichtbar”, flüsterte sie, um so größer ist die Freude und Überraschung bei den Beschenkten ..
Wie haben wir uns angestrengt, wenn gleich auch nicht alles gelang: wie Zitterbacke mit seinen Jungkomsomolzen bewies: wo eben einem Veteranen der Arbeit das wertvolle Bücherregal im Keller zerhackt wurde, weil sich einer der Pioniere einbildete, der Opa habe kein Feuerholz mehr.
Das war mein Erbe für die Enkel, hat der Alte getobt: poliertes Nussbaum, sowas gibt’s heute nicht mehr – wenn ich das in Ofen stecke, muss ich gleich wieder heulen. Als ein großer Thälmann-Pioniere ruhig sagte: hätten Sie Licht im Keller gehabt, wäre das nicht passiert, ist der Geizhals richtig wütend geworden und wollte Anzeige beim ABV Rohde machen.
So kann man auch Nachbarschaftshilfe abwürgen.
Oder der alten Frau Raschick, der die schwer bepackte Einkaufstasche mitten auf der Straße entrissen wurde, um sie ihr nach Hause zu tragen. Frau Raschick, wahrscheinlich durch zu viele Krimis und Nachbargeschwätz übernervös, dachte natürlich sofort an einen Überfall, verdrehte die Augen und kippte mitten auf der Straße um, einfach so.
Aus der Tasche, die natürlich ordnungsgemäß vor ihrer Tür abgestellt wurde, verschwand dann wirklich eine Tüte Haferflocken und ein Viertelliter Milch.
Ich wette, Brennecke, aus dem 4. Stock hat da zugelangt; der lag doch den ganzen Tag auf Lauer, ob nicht irgendwo was abzustauben wäre.
Einmal habe ich ihn beobachtet, wie er ein paar geklaute Mosaiks, die ich auf dem Boden zwischengelagert hatte, gegen eine Flasche Schnaps tauschte. Was mir besonders übel hochkam, weil ich das letzte Heft noch nicht mal gelesen hatte……