…früh bin ich Brandung, Gischt und Strand zugleich.
Staune, was das Meer in der Nacht wiedergekäut, nun ans Ufer wirft:
leere Flaschen, zerbrochene Muscheln, Farbreste von Schiffsplanken, zerrissene Netzstücke; meist von dunkelgrünem, übel riechendem Tang umklammert – manche Sachen sollten wirklich im Original bleiben, denke
ich; sich nicht fortbewegen , die Reiselust unterdrücken, aber wer schafft das schon?…
Es nieselt von früh an, noch ein Tag bis Silvester: lachhaft. Wem ist heute nach Silvester, ich kenn’ keinen.
Die Zeitungsfrau wünscht mir, hinter dicken Brillengläsern versteckt, einen guten Rutsch. Ich frage: wie heißt du eigentlich, Kathrin antwortet sie, Kathrin mit „h“ oder ohne ? Ohne, sagt sie, „nuuf“.
Sie setzt hinter jeden Satz ein „nuuf „, öfter auch: „nuuf, nuuf“ hin, wie früher Frau Igel im Kinderfernsehen, die immer den Herrn Fuchs zur Räson rief: mit einem energischen Nuuf, Nuuf ! Was bedeutete: nun hören Sie doch endlich auf mit diesen Albernheiten, Sie in Ihrem Alter. Jedesmal zog sich Herr Fuchs dann gekränkt davon, mit irgend so einen grummligen Abschiedsspruch, der mir entfallen ist
Weiß nicht, wer das den Igeln abgelauscht hat: jedenfalls kam es ziemlich glaubhaft an, bei den kleinen Fernsehkickern …
Katrin, ohne „h“, sage ich, genau wie meine Schwester – nuuf, nuuf freut sich.
Ich komme aus Görlitz, plappert sie, die reden da alle so.
Görlitz gefällt mir , sage ich , wir waren erst vor kurzem dort. Schade, dass das alte Kaufhaus am Markt schließen musste, sinniere ich. Im Erdgeschoss wird noch verkauft, fiept nuuf: heute erst hat mein Bruder sich da Böller und andere Knaller besorgt. Vielleicht kommt ja Silvester doch noch, denke ich.
Aber wenn man hinter der Absperrung die Treppen sieht, die sich hoch ins Dunkle verlieren , kriegt man Angst , sagt nuuf, es ist richtig unheimlich.
Vielleicht ist es unser letztes Silvester, denke ich, so ein vorgezogenes 2012. Ich glaube, ich gehe heute Abend noch ins Gladhouse, zur Abschiedsparty; mal sehen, ob der Türsteher noch Karten hat.