Genau so viele Wanderer, wie die Niederlausitzer Wandergurken bereits in diesem Jahr Wanderungen organisiert haben, nämlich 15, folgten unserem Ruf und kamen am Ostermontag nach Lübben zu der Tour „Vom Eise befreit sind Spree und Fließe…“. Herzlich begrüßt wurden sie, getreu der kleinen Tradition, mit dem Vortrag von Goethes Osterspaziergangs aus dem Faust I. Passend zum Inhalt dieses Gedichtes, das man ja noch aus der eigenen Schulzeit wenigstens in Ansätzen kennt, dann auch das Wetter: „Vom Eise befreit sind Strom und Bäche durch des Frühlings holden, belebenden Blick…“.
Erste Station war das Neue Wehr am Nordumfluter. Interessant auf einer Tafel zu lesen und zu betrachten, wie es früher hier aussah und welche Rolle dieses Wehr für die Regulierung der Wasserstände im Ober- und Unterspreewald hat. Beim Gang über die Schlossinsel waren sich alle einig, dass die Lübbener mit dieser Schlossinsel und dem geplanten IBA-Projekt „Wasserreich Spree“ gute Chancen für die Landesgartenschau 2013 haben. Und am Stadtgraben mit der Liebesinsel ist es eigentlich zu allen Jahreszeiten schön, so ein wenig abseits vom großen Wasser- u. Straßenverkehr. Der Durchgangsverkehr allerdings könnte, wenn es dazu bis 2013 keine Lösung gibt, aber vielleicht doch ein Stolperstein auf dem Weg zur Landesgartenschau sein, meinten einige der Wanderer, wohl wissend, dass das durch die Widmung als Bundesstraße nicht in erster Linie im Ermessen der Stadtväter- und Mütter liegt. Weiter ging es über den Platz der Märzgefallenen in die Geschwister-Scholl-Straße und zum Anfang der Breiten Straße (oder deren Ende). An der Postsäule erfuhren die Wanderer, dass dies eigentlich eine Postdistanzsäule aus der Zeit August des Starken ist, in der die Niederlausitz noch zu Sachsen gehörte (bis 1815), und auch, dass es gar nicht so einfach ist, sich in diese Zeit zurück zu versetzen und ohne Kenntnis des damals noch nicht existenten metrischen Systems (mit Millimeter, Zentimeter, Meter und Kilometer) Entfernungen nur mit Dresdner Ruten, Postmeilen und Wegstunden zu bestimmen. Und dann der Hain: Zuerst der Liuba-Gedenkstein und dann wieder Goethe: „Der alte Winter, in seiner Schwäche, zog sich in rauhe Berge zurück. Von dort her sendet er, fliehend, nur ohnmächtige Schauer körnigen Eises in Streifen über die grünende Flur. Aber die Sonne duldet kein Weißes. Überall regt sich Bildung und Streben, alles will sie mit Farben beleben; Doch an Blumen fehlts im Revier, sie nimmt geputzte Menschen dafür…“ So war es dann auch. Am Zusammenfluss von Berste und Stadtgraben nur einige Buschwindröschen mit eng zusammengefalteten Blütenblättern, ob der Kälte in den vergangenen Tagen. Geputzt dann immer mehr Spaziergänger im Hain und auf der Berliner Straße. Geputzt auch das Paul-Gerhard-Gymnasium und die Wohnblöcke in der Hartmannsdorfer Straße durch den belebenden Farbton im harten grellen Licht der Frühlingssonne. Immer wieder neu für einige Wanderer, so auch dieses Mal, die nacheiszeitliche Entstehungsgeschichte der hier vorhandenen Sanddünen, bekannter als Spielberg, Frauenberg und Hartmannsdorfer Alpen. Auf dem alten Damm der Spreewaldbahn, jetzt beliebter Rad- und Wanderweg, gab es natürlich durch Gästeführer Gerd Laeser auch zur einstigen „Spreewaldguste“ interessante Details, vor allem, wie das an dem nichtoffiziellen „Haltepunkt Lehnigksberg“ am schon damals (Ende des 19. Jahrhundert) bestehenden gleichnamigen Ausflugslokal war mit dem Aus- und Einsteigen. Gefahren und Angehalten wurde auf Sicht oder nach vorheriger Information des Lok-Führers. Gefunden wurde auch wieder ein noch stehender alter Streckenkilometerstein, allerdings ohne Tafeln. Gefunden wurde auch die Stelle mit dem Biberfraß (durchgefressene Schwarzerlen – ein Werk hier lebender Biber), die im Januar bei der ersten Tour auf diesem Abschnitt noch ganz frisch war. Interessant auch die Aussage, dass die Züge der Spreewaldbahn anfänglich nur bis Lübben Ost fahren konnten, weil die Brücke über die Neue Spree noch nicht fertig war. Und wieder Goethe: „Kehre dich um, von diesen Höhen, nach der Stadt zurück zu sehen!“
Gut, dass der Wind auf dem Deichweg am Umflutkanal und an der Spree an diesem Tag nicht so heftig war, wie im Osterspaziergang von Goethe beschrieben. Dafür gab es einen sehr schönen Blick auf die östlichen Außenpolder, wo Schwäne zu beobachten waren und Kraniche mit ihren eindringlichen Rufen ihr Dasein verkündeten. Rast war wie immer am Mahlbusen unter drei riesigen alten Eichen (Wikipedia – Ein Mahlbusen ist die Erweiterung eines Vorfluters vor einem Schöpfwerk in Form eines (kleinen) Sees, das Wasser sammelt und vorübergehend speichert). Nach einem „Stehimbiss im Freien“ ging es dann zurück nach Lübben Ost auf dem Wiesenauer Weg und dem Kleinbahndamm gen Westen bis zum Umflutkanal. Auf dem Deichweg am Umflutkanal freuten sich alle dann schon auf die Urkunde für gutgelauntes und blasenfreies Mitwandern am Ziel und auf das Programm 2008 der Niederlausitzer Wandergurken für die Teilnehmer, für die das Wandern mit uns Premiere war. Wer nicht schon etwas Anderes vor hatte oder zu Hause am Nachmittag noch Besuch erwartete, der folgte auch an diesem Tag wieder gern der Einladung von Frau Anett Schmidt und ihrem kleinen jungen Team in das Ladencafe, wohl wissend, dass nach einer solch’ erlebnisreichen Tour durch eine herrliche Landschaft Eicherkuchen und Hefeplinse in den verschiedensten Variationen zubereitet und mit einem herzhaften frisch gebrühten Kaffe in der Gemeinschaft noch mal so gut schmecken. Das ist keine bezahlte Schleichwerbung, sondern nur ehrliche Mund-zu-Mund-Propaganda zufriedener Gäste und das ist auch innerhalb eines Berichtes für eine Online-Zeitung erlaubt und immer noch das Beste, um diesen Report mit Worten Th. Fontanes abzurunden: „Wer in der Mark (auch in der Niederlausitz – G.L.) reisen will, der muss zunächst Liebe zu „Land und Leuten“ mitbringen, mindestens keine Voreingenommenheit. Er muss den guten Willen haben, das Gute gut zu finden, anstatt es durch krittliche Vergleiche tot zu machen. Der Reisende in der Mark (und der Niederlausitz – G.L.) muss sich ferner mit einer feineren Art von Natur- und Landschaftssinn ausgerüstet fühlen. Es gibt gröbliche Augen, die gleich einen Gletscher oder Meeressturm verlangen, um befriedigt zu sein. Diese mögen zu Hause bleiben. Es ist mit der märkischen (und Niederlausitzer – G.L.) Natur wie mit manchen Frauen. „Auch die hässlichste – sagt das Sprichwort – hat immer noch sieben Schönheiten.“ Ganz so ist es mit dem „Lande zwischen Oder und Elbe“; wenige Punkte sind so arm, dass sie nicht auch ihre sieben Schönheiten hätten. Man muss sie nur zu finden verstehen. Wer das Auge dafür hat, der wag’ es und reise (oder wandere – G.L.)“
Aufmerksam machen möchten wir auch auf unsere 16. Wanderung in diesem Jahr am kommenden Sonnabend, den 29. März 2008 in Lieberose. Das ist die Tour, die am 1. März aufgrund höherer Gewalt (Unwetterwarnung) ausfallen musste und die nun nachgeholt wird (siehe dazu Link „Wohin heute“). Die übernächste Tour gibt es dann am 5. April zum Crinitzer Töpfermarkt auf der traditionellen Strecke. Wer mitkommen möchte, der lese bitte auch in den nächsten Tagen die ausführlichen Informationen hier in „Niederlausitz-aktuell“. Man kann uns auch anrufen und die Einzelheiten erfragen. Tel. 03542 – 3792. Um eine Anmeldung wird sowieso gebeten. Wir freuen uns auf Sie! Auf nebenstehendem Foto: Ein Teil der Wanderer auf der Schlossinsel in Lübben. Weitere Fotos auch in „Bilder der Region“.
Die Niederlausitzer Wandergurken
Gerd Laeser, Lübbenau
Am Zusammenfluss von Berste und Stadtgraben im Lübbener Hain
Blick vom Mahlbusen über den östlichen Außenpolder der Spree nördlich von Lübben gegen Süden
Ein Teil der Wanderer auf dem Wiesenauer Weg nach Lübben Ost (zeitlich im letzten Drittel der Wandertour)