Kulturstaatssekretär Martin Gorholt hat heute in Jamlitz (Landkreis Dahme-Spreewald) anlässlich der Gedenkveranstaltung der Initiativgruppe Internierungslager Jamlitz zum 70. Jahrestag der Einrichtung des sowjetischen Speziallagers der zahlreichen Opfer gedacht. „Die Geschichte des ‘Speziallagers‘ ist eine Geschichte der Unterdrückung und der Verfolgung: Mehr als 10.000 Menschen wurden zwischen 1945 und 1947 in dem Speziallager unter schlimmsten Bedingungen inhaftiert, rund 3.400 von ihnen überlebten nicht. Darunter waren zum Teil NS-Täter und NS-Belastete, zum Teil aber auch Unschuldige und politisch Missliebige“, so Staatssekretär Gorholt. „Der Gedenkort in Jamlitz-Lieberose ist zugleich eine Stätte der Erinnerung und der historisch-politischen Bildung. Die Aktivitäten der Initiativgruppe und weiterer engagierter Bürgerinnen und Bürger vor Ort tragen dazu bei, Geschichte für junge Menschen und zukünftige Generationen wachzuhalten. In diesem Jahr erinnern wir an den 70. Jahrestag des Kriegsendes, der Befreiung der Konzentrationslager und der Errichtung der sowjetischen Speziallager – diese Erinnerung ist gerade heute, vor dem Hintergrund der vielen Flüchtlinge, die vor Leid, Tod und Unterdrückung fliehen, eine Mahnung, sich gegen Unrecht zu wenden und Verfolgten zu helfen.“
Hintergrund:
Der sowjetische Geheimdienst NKWD errichtete ab Mai 1945 in der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) zehn Speziallager, in denen überwiegend deutsche Zivilisten, zum Teil im Rahmen der alliierten Beschlüsse zur Entnazifizierung Deutschlands, zum Teil auch ohne Rechtsgrundlage, gefangen gehalten wurden. Das Speziallager Nr. 6 befand sich seit Mai 1945 zunächst in Frankfurt (Oder) und wurde im September 1945 auf das Gelände des früheren nationalsozialistischen KZ-Außenlagers Lieberose verlegt.
Bis zu seiner Auflösung im April 1947 wurden dort mehr als 10.000 Personen inhaftiert, rund 3.400 von ihnen starben an den katastrophalen Haftbedingungen, an Krankheit, Hunger, psychischer und physischer Entkräftung. Bei der Auflösung des Lagers wurden 1.000 Häftlinge in die Sowjetunion deportiert und 4.400 auf die Speziallager Mühlberg und Buchenwald verteilt. Bei den Inhaftierten handelte es sich um NS-Funktionsträger, Angehörige von Polizei, Justiz und Verwaltung, politisch Missliebige, Jugendliche sowie willkürlich Denunzierte. Im Vorfeld der Internierung erzwang der NKWD die Geständnisse bei den Verhören zumeist durch Folter. Eine Überprüfung individueller Schuld fand nicht statt. Das Speziallager war von der Außenwelt völlig isoliert. Angehörige wurden nicht über Verbleib und Schicksal der Häftlinge informiert.
Nach der Auflösung des Speziallagers Nr. 6 wurden die Baracken abgerissen und das Gelände teilweise mit Wohnhäusern überbaut. Nach 1990 entstanden kleinere Gedenkorte an den bekannten Orten der Massengräber des Speziallagers. Im Juni 2003 wurden Freiluftausstellungen zum Speziallager Nr. 6 Jamlitz sowie zum KZ-Außenlager Lieberose eröffnet, die über die zweifache Geschichte des Lagers informieren.
Weitere Informationen: www.die-lager-jamlitz.de
Foto: Oliver Lang SPD BRANDENBURG
Quelle: Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur