Ansichten aus der Zeit der Romantik und der sog. Biedermeierzeit bilden den Schwerpunkt der ehemaligen Sammlung des Brauereibesitzers Albrecht Haselbach (1892-1979) aus dem schlesischen Namslau. Nicht nur für Schlesien, sondern ganz allgemein, sind diese Blätter heute kunst- und kulturgeschichtlich aufschlussreiche Quellen über die Anfänge und die rasche Entwicklung bürgerlichen Reisens in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts.
Was geschäftstüchtige Grafiker für die neue Mode des Bildersammelns an touristisch begehrten Ansichten schufen, verrät uns heute viel über die wachsende Mobilität des Bürgertums, über ihre Art des Reisens, über Geschmacksfragen, Wahrnehmungsstrukturen und Sehnsüchte. Badeorte, Städte mit bedeutenden Bauwerken, gefällige Landschaften aber auch die neuen Industriegebiete wurden zu begehrten Reisezielen. Der Vortrag erläutert, was sich über die topographischen Informationen hinaus auf den stets fein kolorierten, detailreich gezeichneten Blättern entdecken lässt und warum sich das Bedürfnis nach dem „schönen“ Blick mit seiner Mischung aus Fiktion und Wirklichkeit bis heute als wichtiges Bedürfnis vieler Reisender erhalten hat.
Dr. Johanna Brade, studierte in Osnabrück und Berlin und war an den Museen der Stadt Regensburg, am Kunstforum Ostdeutsche Galerie (Regensburg) sowie bei der Gesellschaft für interregionalen Kulturaustausch e. V. (Berlin) tätig. Seit 1999 ist sie wissenschaftliche Mitarbeiterin für den Bereich „Kunst“ am Schlesischen Museum zu Görlitz und war 2007 Kuratorin der Ausstellung Zeit-Reisen und der anschließenden Faksimile-Wanderausstellung, die derzeit im Schloss Branitz zu sehen ist.
Eine Veranstaltung im Begleitprogramm zur Ausstellung Zeit-Reisen in Kooperation mit dem Deutschen Kulturforum östliches Europa.
Eintritt: 3,- EUR
Foto: Blick auf Schloss Fürstenstein in Schlesien, kolorierte Grafik, Anfang 19. Jh. © Schlesisches Museum zu Görlitz, Leihgabe aus der Sammlung Haselbach