Das neue Stadthaus war gut gefüllt, als die SPD zum “Küchenkabinett” rief. Etwa 200 Interessierte waren da, um Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke zu lauschen. Kochstudio-Moderator Detlef Olle (RBB) befragte ihn und ging durch seine Vita. Die SPD hatte den Slogan ausgegeben “In Brandenburg findet Politik gerade nicht in Hinterzimmern statt. Für uns zählt das direkte Gespräch und der Kontakt zu den Menschen.” Soweit so gut. Nur vermied der Moderator jede Frage zu kritischen Themen, er hielt sich bei Woidkes Kartoffelpuffern und Schafen in Berliner Hinterhöfen zu seiner Studienzeit auf. Selbst der Unterhaltungswert war eher gering. Keine der Themen die derzeit an Lausitzer Küchentischen diskutiert werden wurde ernsthaft angeschnitten. Polizeireform (die Woidke selbst noch einleitete als Innenminister), der Hauptstadtflugafen BER der die Brandenburger Milliarden Mehrkosten einbrockt oder die Unifusion die sich immer mehr zum Debakel entwickelt und den jahrelang erarbeiteten guten Ruf beider Hochschulen zerstört.
Die Stunde plätscherte dahin und selbst die ausgesuchten Fragen “aus einer Vielzahl von Anschriften” blieben ohne Biss. Es wurde gemenschelt, spätestens daran merkte man das Wahlkampf ist. Er wurde nach seinem Lieblingsministerpräsidentenkollegen gefragt und Woidke packte einige Stereotypen gegen die südlichen Nachbarnbundesländer aus – was vereinzelt kalkulierbare Lacher hervorbrachte.
Nach etwas über einer Stunde wurde sich artig beim Ministerpräsidenten bedankt und selbst der Saal beließ es bei einem kurzen Beifall.
Erst danach wurde es spannend. Nachdem SPD-Mitarbeiter noch ausgedehnt ihre Fragen stellen konnten und ein versprochenes Gespräch zum Thema Uni erst auf sich warten ließ, konnten die anwesenden Unimitarbeiter, Professoren und Studenten doch noch ihre Fragen loswerden. Woidke wurde mit dem Unmut Frau Kunst gegenüber von allen Gruppen konfrontiert. Er versuchte sich immer wieder mit den ihm angetragenen Darstellung seitens des Wissenschaftsministeriums zu rechtfertigen, merkte aber anscheinend, dass hier nicht nur Krawallmacher waren, sondern Menschen die über die Lage im Bilde sind und Frau Kunsts Darstellungen entschieden zurückwiesen. So schien es für den Ministerpräsidenten auch neu zu sein, dass Frau Kunst am vergangenen Freitag nicht wie angekündigt mit dem Gründungsbeauftragten Hendriks und Gründungssenatsvorsitzender Mißler-Behr gesprochen hat, sondern die Konfrontation mit Kritikern scheute, um sich geheim, ohne Frau Mißler-Behr zu informieren, mit Herrn Hendriks am Sachsendorfer Campus zu treffen. Die anwesende Bildungsministerin Münch schaltete sich in das Gespräch mit ein und vereinbarte als Cottbuserin mit der Cottbuserin Frau Eckert ein persönliches “Küchentischgespräch” zur Lage der BTU. Herr Woidke versprach ebenfalls, sich dem Thema noch einmal anzunehmen und an die Uni zu kommen. Aufgrund der Anwesenden gelang es auch nicht, ihnen Parolen zu unterstellen. Mitglieder des Senats, Professoren, Mitarbeiter und Studenten ließen sich nicht in diese Ecke drängen. Es ist und bleibt das bestimmende Thema in der Lausitz und deren akademischer Zukunft.
In der Öffentlichkeit weiß die Regierungspartei, dass seit zwei Jahren Fusionsdiskussion vieles schief gelaufen ist und versuchte das Thema beim “Küchenkabinett” auszusparen, dies gelang nicht. Am Ende war es schade um die Veranstaltung. Hier wurde die Gelegenheit wirklich auf Tuchfühlung mit den Menschen und ihren Anmerkungen zu gehen vertan.
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