Die Lausitz ist auf dem Weg, Europas erstes “Net Zero Valley” zu werden. Beim Stakeholdertreffen in Cottbus wurden technologische Ausrichtungen und Maßnahmen zur Verwaltung vorgestellt, die das Ziel einer klimaneutralen Region unterstützen. Mit der Vision eines “Clean Power Circle” soll die Region zur Vorreiterin nachhaltiger Energieproduktion werden, neue Unternehmen anlocken und dazu beitragen, Europas Produktion im Bereich der “Netto-Null-Technologien” mit hochzufahren.
Die Lausitz auf dem Weg zum „Clean Power Circle“ Europas
Die Lausitz hat sich beim jüngsten Treffen von Akteuren aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik als Vorreiter für eine klimaneutrale Zukunft positioniert. Die Ziele wurden im Rahmen des 1. Stakeholdertreffens des „Net Zero Valley Lausitz“ in Cottbus präsentiert, das die Region auf ihrem Weg zum ersten Net Zero Valley Europas unterstützt. Im Fokus standen technologische Innovationen und eine optimierte Verwaltung, die das Wachstum von nachhaltigen Technologien beschleunigen sollen.
Fokus auf grüne Technologien und nachhaltiges Management
Die Lausitz hat in den letzten Jahren eine bedeutende Transformation vom Kohle- und Industriestandort hin zu einer modernen Energieregion begonnen. Die „Clean Power Circle“-Strategie, die nun vorgestellt wurde, umfasst die Stärkung von vier zentralen Technologiebereichen: Batterietechnologie und Speicherlösungen, Wasserstofftechnologie, Stromnetzinnovationen sowie Technologien zur Sektorkopplung. In Zusammenarbeit mit dem Kompetenzzentrum Klimaschutz in energieintensiven Industrien (KEI) in Cottbus wurde ein technologisches Profil entwickelt, das auf die Anforderungen der Region abgestimmt ist. Diese Maßnahmen sollen der Lausitz nicht nur zu einer nachhaltigen Energieversorgung verhelfen, sondern sie auch als attraktive Region für Investoren positionieren.
Neben der technologischen Innovation verfolgt das Projekt einen umfassenden Kreislaufansatz. Ziel ist es, den gesamten Produktionsprozess von der Energieerzeugung über Umwandlung und Speicherung bis hin zu Zero-Waste-Konzepten abzubilden. Dieser Weg macht die Lausitz zu einer Vorbildregion und setzt ein starkes Zeichen für eine klimafreundliche Wirtschaft, das auch in politischen Kreisen in Berlin und Brüssel auf Anerkennung stößt.
Verwaltung als Innovationstreiber
Neben den technologischen Fortschritten setzt die Lausitz auf innovative Verwaltungsprozesse, die Bürokratie abbauen und die Digitalisierung fördern sollen. In Zusammenarbeit mit dem Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) wird das Konzept von Planspielen getestet. Diese Planspiele simulieren Verwaltungsabläufe und helfen, bestehende Prozesse zu optimieren und Gesetzesanpassungen zu diskutieren. Ziel ist es, Genehmigungsverfahren zu beschleunigen und somit Unternehmen und Investoren in der Region gezielt zu unterstützen.
Dorit Köhler von der Industrie- und Handelskammer Cottbus sieht diese Entwicklung als essenziell für die regionale Wirtschaft: „Der Strukturwandel in der Lausitz ist in vollem Gange. Damit diese Entwicklung nicht an Fahrt verliert, braucht die Wirtschaft dringend schnellere und einfachere Verwaltungsverfahren sowie Arbeits- und Fachkräfte.“ Ein „Net Zero Valley Lausitz“ biete eine einzigartige Chance, die Region als Wirtschaftsstandort auf internationaler Ebene zu stärken und für zukunftsfähige Arbeitsplätze attraktiv zu machen.
Bundeswirtschaftsministerium unterstützt Lausitz
Lisa Meltendorf, Referentin der Industrieabteilung im Bundeswirtschaftsministerium war ebenfalls in Cottbus vor Ort und hörte sich die bisherigen Ergebnisse an: „Wir im Bundeswirtschaftsministerium begrüßen das Projekt Net Zero Valley Lausitz ausdrücklich. Mit dem Neo Industry Act, der im Juni in Kraft trat, wird ein klares Signal für eine klimafreundliche Industriepolitik gesetzt, und die Lausitz geht hier mit großem Engagement voran. Die Region entwickelt konkrete Pläne, um als Vorreiter in der Netto-Null-Technologie zu agieren und dabei eine offene, integrative Zusammenarbeit mit zahlreichen Stakeholdern anzustoßen.
Heute konnte ich eine große Aufbruchsstimmung erleben. Dieses Projekt bringt lokale Unternehmen, kommunale und Landespolitiker sowie soziale Partner zusammen, was zeigt, dass hier ein echtes gemeinsames Interesse am Strukturwandel besteht. Es handelt sich um einen „Bottom-up“-Prozess, der auf den Beitrag aller relevanten Akteure baut und das Vorhaben dadurch besonders stark macht.
Ein wichtiger nächster Schritt wird die Bewerbung für den Net Zero Valley Status sein. Die Lausitz könnte hier Vorreiter sein, denn es laufen intensive Abstimmungen zwischen Bund und Ländern, um den Prozess zu unterstützen und das Potenzial der Region optimal zu nutzen. Sollte die Bewerbung erfolgreich sein, kann die Region auf eine bevorzugte Förderung hoffen.
Ein weiterer Fokus liegt auf dem Abbau von Bürokratie: Brandenburg und Sachsen arbeiten bereits an einer Harmonisierung der Genehmigungsverfahren, damit sich Unternehmen schneller ansiedeln können. Das könnte als Blaupause für andere Regionen in Deutschland dienen, die ähnliche Entwicklungen anstreben.
Das große Ziel der EU ist es, bis 2030 die Kapazität für Netto-Null-Technologien auf 40 % zu steigern und diese zu einem wesentlichen Anteil selbst zu produzieren. Dafür ist eine enge Zusammenarbeit auf allen Ebenen unerlässlich. Die Lausitz zeigt bereits heute, wie ein solches Modell aussehen kann, und bietet damit ein Vorbild für Europa.“
Zukünftige Schritte auf dem Weg zum Net Zero Valley
Bereits im ersten Quartal 2025 soll die Umsetzung des ersten Net Zero Valleys Europas in der Lausitz beginnen. Das umfassende Bewerbungsdokument wird voraussichtlich am 6. November im Lausitzforum in Schwarzheide an die Ministerpräsidenten Brandenburgs und Sachsens sowie Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck überreicht. Die nächsten Schritte sollen auf dem sogenannten „Lausitzer Weg“ fortgeführt werden, der den intensiven Austausch zwischen regionalen und nationalen Akteuren fördert. Laut Görlitzer Landrat Dr. Stephan Meyer soll die Initiative auch für internationale Investoren attraktiv sein und Arbeitsplätze schaffen, die der Region langfristige Perspektiven bieten.
Besondere Unterstützung erfährt das Vorhaben durch den EU-Parlamentarier Dr. Christian Ehler aus Brandenburg. Er fordert von den Ländern Sachsen und Brandenburg, das Projekt nach der Regierungsbildung als Priorität umzusetzen. Auch der Abbau von Bürokratie soll zügig vorangetrieben werden, um eine schnelle und effektive Realisierung des „Clean Power Circle“ zu gewährleisten.
Die Region Lausitz hat sich mit diesem Vorhaben als Modellregion für eine klimafreundliche Wirtschaft und einen innovativen Verwaltungsprozess positioniert. Es bleibt abzuwarten, ob und wie die geplanten Maßnahmen zeitnah umgesetzt werden können. Klar ist jedoch, dass das Projekt auch international Aufsehen erregen und die Lausitz auf die Landkarte nachhaltiger Energieproduktion bringen könnte.
Was ist das Net Zero Valley und was bringt es?
- Zweck der Net Zero Valley Lausitz Initiative
Die Net Zero Valley Lausitz Initiative zielt darauf ab, die Lausitz als Zentrum für Netto-Null-Technologien zu etablieren und Unternehmen anzusiedeln, die unter vereinfachten und vorteilhaften Bedingungen agieren können. Der Fokus liegt dabei auf Branchen wie Wasserstoff und Batteriespeicherung. - Gemeinsame regionale Zusammenarbeit
Das Projekt ist eine Kooperation zwischen Brandenburg und Sachsen, in die lokale Regierungen und Stakeholder eingebunden sind. In vorangegangenen Workshops wurden fünf zentrale Themen identifiziert, die den Umfang und die Vision des Net Zero Valley Lausitz definieren. - Regulatorische und EU-Unterstützung
Die EU unterstützt 19 Technologien für mögliche Beschleunigungen, doch die Lausitz hat sich auf bestimmte Bereiche konzentriert. Die Initiative plant, Genehmigungsprozesse zu vereinfachen und regulatorische Hürden abzubauen, um Unternehmen mit Fokus auf Netto-Null-Technologien zu fördern. In der Lausitz sollen drei Technologien im Fokus stehen. - Pionierstatus auf nationaler und europäischer Ebene
Die Lausitz ist die erste Region in Deutschland und der EU, die sich um den Status als Net Zero Valley bewirbt. Das Projekt erweckt Interesse bei anderen deutschen Regionen. Die formelle Bewerbung wird im November 2024 eingereicht, mit der Hoffnung auf eine Genehmigung Anfang 2025. - Lokale wirtschaftliche und soziale Vorteile
Die Initiative zielt darauf ab, internationale Investitionen anzuziehen, die lokale Wirtschaft zu stärken, Arbeitsplätze zu schaffen und dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, indem die Lausitz für qualifizierte Arbeitskräfte und Unternehmen attraktiver wird.
Fotos: Andreas Franke