Das Staatstheater Cottbus eröffnete am 21. September seine neue Theatersaison mit der deutschsprachigen Erstaufführung des Stücks „Entrückt“ von Lucy Kirkwood im Rahmen des Lausitz Festivals. Das Theaterstück begann mit einer inszenierten Verwirrung in der Kammerbühne, bei der es zunächst unter dem falschen Titel „Verblendet“ eines fiktiven Autors angekündigt wurde. Wie das Theater mitteilte, steht ein junges Paar im Mittelpunkt, dessen Lebensgeschichte im Cyber-Zeitalter und mit zunehmender Radikalisierung bis zu ihrem mysteriösen Tod erzählt wird. Das Stück hinterfragt die Grenzen zwischen Realität und Verschwörungstheorien. Weitere Vorstellungstermine sind für den 24. September sowie für den 6. Oktober und 1. November angesetzt. Tickets gibt es im Besucherservice und online unter www.staatstheater-cottbus.de.
Das Staatstheater Cottbus teilte dazu mit:
Das Staatstheater Cottbus brachte am Samstag, 21. September 2024, in der Regie von Co-Schauspieldirektor Philipp Rosendahl seine erste Premiere der Saison im Rahmen des Lausitz Festivals auf die Kammerbühne – allerdings nicht ganz so wie angekündigt. Doch das war von der Autorin des Stücks beabsichtigt und eingeschriebener elementarer Teil dieser deutschsprachigen Erstaufführung, die in Sachen Inszenierung und Verwirrspiel um Realität und Fake bereits bei der Vorankündigung an Publikum und Medien begann.
Der als Kern in das Theaterstück eingeschriebenen Anweisung der Autorin folgend, wurde vorab auf allen öffentlichen Kanälen des Staatstheaters die Premiere des Stücks eines Autors namens „Dave Davidson“ mit dem Titel VERBLENDET angekündigt, in dem ein Protagonist „Oli“ im Fokus steht, dem seine Identität im Internet gestohlen wird. Doch direkt zu Beginn der Inszenierung deckt ein projizierter Hinweis auf, dass das gleich gezeigte Stück eigentlich den Titel ENTRÜCKT trägt und in Wahrheit von der international erfolgreichen englischen Gegenwartsautorin Lucy Kirkwood geschrieben wurde. Das Theater hätte sich zu der falschen Vorankündigung in der Öffentlichkeit entschieden, so die Projektion weiter, da der behandelte Stoff kontrovers und von juristischen Anfechtungen bedroht sei, „aus Gründen, die noch deutlich werden.” Und schon befindet man sich in einem lustvoll verwirrenden Thriller, in dem auf allen Ebenen mit den Mechanismen von Verschwörungen und deren Theorien gespielt wird.
Lucy Kirkwood, geboren 1984 im englischen Leytonstone, zählt derzeit zu den erfolgreichsten Gegenwartsautor*innen Englands mit internationaler Strahlkraft. Die Deutschen bzw. deutschsprachigen Erstaufführungen ihrer jüngsten Stücke fanden am Staatstheater Kassel, am Deutschen Theater Berlin oder am Burgtheater Wien statt. Nach der Uraufführung im Royal Court Theatre von „RAPTURE“ – angekündigt unter dem Titel „That Is Not Who I Am“ von Dave Davidson – konnte das Staatstheater die Deutschsprachige Erstaufführung dieses beim Rowohlt Theater Verlag erschienenen Stücks der renommierten Autorin nach Cottbus holen.
Wahrer Stückinhalt
Tatsächlich rekonstruiert dieser Abend die Geschichte eines jungen Paares, Noah und Celeste Quilter, im Cyber-Zeitalter. Das Publikum begleitet sie von ihrem Kennenlernen 2011 bis zu ihrem mysteriösen Tod 2021 durch Bruchstücke ihres Alltags. Wie und warum es dazu kommen konnte und was an der Erzählung über die Quilters reale Verschwörung und was bloße Theorie ist, dem ist das Publikum gemeinsam mit Autorin Lucy Kirkwood, hier vertreten von Schauspielerin Sigrun Fischer (bei der Premiere krankheitsbedingt kurzfristig vertreten von Philipp Basener), auf der Spur:
Sind Celeste und Noah gefährliche Wutbürger oder völlig zu Recht besorgt? Werden sie von der Regierung systematisch überwacht oder leiden sie unter Verfolgungswahn? – Im Stil eines moderierten Doku-Dramas, das genauso gut reine Fiktion sein kann, erzählt Kirkwood von einem Paar, das sich mit Hilfe eines Algorithmus‘ kennenlernt, aber digitales Datensammeln ablehnt, das sich im Netz vor einer wachsenden Menge an Follower*innen kritisch äußert, während es sich vorm Mithören seiner Smartphones schützen will, das sich für mehr politische Mitsprache einsetzt, die Demokratie jedoch korrumpiert sieht. Immer mehr kapseln sich Celeste und Noah von der Gesellschaft ab und radikalisieren sich, besonders, als in der Covid-Pandemie Freiheitsrechte massiv eingeschränkt werden – bis man die beiden tot auffindet. Ein Suizid oder staatlich sanktionierter Mord?
Sigrun Fischer – bei der Premiere krankheitsbedingt kurzfristig vertreten von Philipp Basener – führt das Publikum mittels einer von ihr moderierten aufwändigen Video-Schnipsel-Show durch ein Recherchepuzzle rund um die komplexe Geschichte des Paares. Dies wechselt sich mit Szenen aus deren Alltag ab, die Nathalie Schörken und Torben Appel hier in einem verhörraumähnlichen Kubus unter der Beobachtung von ferngesteuerten Live-Kameras reenacten.
Insgesamt entsteht ein hochaktuelles, durchsichtiges und gleichzeitig undurchdringliches Panoptikum eines spannenden Kriminalfalls, der ebenso ambivalent ist wie unsere Gegenwart – eine Zeit, in der berechtigte Ängste und Paranoia, Fake und Wahrheit, Online- und Offline-Leben sowie reale Verschwörungen und absurde Verschwörungstheorien kaum mehr unterscheidbar scheinen. Auch die Manipulation via Falschmeldungen hat derzeit ein leichtes Spiel– vielleicht sogar das Spiel mit dem Theaterpublikum.
Besetzung:
Regie Philipp Rosendahl
Bühne & Kostüm Philipp Basener
Sounddesign Heiko Schnurpel
Video & Livecams Jan Isaak Voges
Dramaturgie Wiebke Rüter
Celeste Nathalie Schörken
Noah Torben Appel
Lucy Kirkwood Sigrun Fischer – bei der Premiere krankheitsbedingt kurzfristig vertreten von Philipp Basener
Die echte Lucy Kirkwood Lucie Luise Thiede
Die nächsten Vorstellungen:
Dienstag, 24. September 2024, 19.30 Uhr
Sonntag, 6. Oktober 2024, 19.00 Uhr
Freitag, 1. November 2024, 19.30 Uhr
Karten:
Karten sind erhältlich im Besucherservice (im Großen Haus, Schillerplatz 1, +49 355 7824 242) sowie online über www.staatstheater-cottbus.de
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