Cottbusverkehr hat derzeit nicht nur mit immer wieder auftretenden Fahrtausfällen aufgrund von Personalmangel und Krankheit zu kämpfen, sondern sieht sich nun einem neuen Problem gegenüber. Die Investitionsbank des Landes Brandenburg (ILB) hat am Freitag auf Nachfrage von Niederlausitz aktuell bestätigt, zwei Förderverfahren mit Cottbusverkehr pausiert zu haben. Es geht um die Wasserstofftankstelle am Betriebshof des Unternehmens und um die 15 optionalen Straßenbahnen, die zu 90% durch die ILB gefördert werden. Der zweite Posten entspricht einer Summe von 36 Millionen Euro, bei der Tankstelle geht es um 5,62 Millionen Euro.
Stellungnahmen erbeten
Die Bank hat aufgrund der weiterhin diskutierten Anschuldigungen gegenüber dem Geschäftsführer von Cottbusverkehr, Ralf Thalmann, nun um Stellungnahmen der Stadt Cottbus und von Cottbusverkehr gebeten. Felix Dollase, stellvertretender Pressesprecher der ILB bestätigte den Vorgang und sagte “bis zum Abschluss des Verfahrens pausieren die Förderverfahren.”. Wie lange das dauert, liegt nun an der Stadt Cottbus und an Cottbusverkehr und an deren Qualität der Antworten auf die Fragen der ILB. Im Fall der Straßenbahnen steht im Raum, dass der Geschaftsführer Fristen hat verstreichen lassen, so dass es zu Mehrkosten für die Anschaffung in Höhe von 4.500.000 Euro kommt. Zu diesem Schluss kommt ein Bericht von Wirtschaftsprüfern, die auf die Vorwürfe vom ehemaligen Cottbuser Oberbürgermeister Holger Kelch (CDU) angesetzt wurden, nachdem sich Mitarbeiter an ihn gewendet hatten. Thalmann wies die Vorwürfe in einer Stellungnahme zurück. Der Aufsichtsrat des Unternehmens stellte sich im Dezember 2022 mehrheitlich hinter den Geschäftsführer. Nähere Angaben zu den Verfahren und Entscheidungen verweigerte die Stadt Cottbus, Eigentümer des Unternehmens, und verwies auf Persönlichkeitsrechte.
Selbst der Rechtsausschuss des Landtags des Landes Brandenburg beschäftigte sich in den vergangenen Wochen mit der Thematik und die Vorgänge im kommunalen Unternehmen. Die BVB/freie Wähler befürchten Steuergeldveschwendung in Millionenhöhe und durch Verzögerungen eine Verjährung.
Die Staatsanwaltschaft Cottbus prüft seit August 2022 den Anfangsverdacht mit verschiedenen Punkten gegen Thalmann, bis heute gibt es dazu keine Einschätzung, ob ein Verfahren eröffnet wird oder nicht.
Laut Bericht des RBB erwartet auch das Brandenburger Innenministerium seit Wochen eine Stellungnahme der Stadt zur Thematik.
Jan Gloßmann, Pressesprecher der Stadt äußerte sich auf die Pausierung der Fördermittel am Freitag kurz: “Das Unternehmen wird in Abstimmung mit dem Aufsichtsrat und dem Gesellschaftervertreter zunächst wie gefordert Fragen der ILB zum Sachverhalt beantworten, die zur weiteren Bearbeitung der Förderanträge notwendig sind.”
Cottbuser Stadtverordnete äußerten sich auf vergangenen Stadtverordnetenversammlungen bereits kritisch, da selbst sie keinen Einblick in den Bericht der Sonderprüfung durch die Wirtschaftsprüfer erhalten.
41 Millionen Euro in der Schwebe. Kaufvertrag gültig
Neben den sieben ursprünglich bestellten neuen Straßenbahnen des tschechischen Herstellers Skoda, die Großteils vom Land Brandenburg gefördert werden, hat das Verkehrsunternehmen auch die Option auf 15 weitere Straßenbahnen gezogen. Hier soll die ILB mit 90% der Anschaffungskosten fördern, von insgesamt 39 Millionen Euro sind es also rund 36 Millionen, die nun pausieren. Im schlimmsten Fall müsste das Verkehrsunternehmen selbst als kommunales Unternehmen die Kosten übernehmen, am Ende also die Stadt. Dieses Szenario ist noch nicht aktuell, wäre aber die Konsequenz, sollten Stadt und Verkehrsunternehmen die Ungereimtheiten nicht ausräumen können und die Förderung scheitern, denn der Kaufvertrag mit Skoda ist gültig.
Im zweiten Förderverfahren geht es um den Bau einer Wasserstofftankstelle direkt neben dem Betriebsgelände von Cottbusverkehr. Die Ausschreibung für den Bau läuft, er soll ebenfalls durch die ILB gefördert werden, hier geht es um 5,62 Millionen Euro (NLaktuell berichtete). Pikant an der Angelegenheit ist, eine Ausschreibung darf eigentlich nur laufen wenn die Finanzierung sicher ist, durch die Pausierung der Förderverfahren ist das jedoch nicht mehr der Fall.
Cottbusverkehr auf Personalsuche
Neben üblichen Personalstellen für Bus- und Straßenbahnfahrer/innen ist auffällig, dass Cottbusverkehr viele Leitungspositionen zu besetzen hat. Das Unternehmen sucht Personal im Leitungsbereich Controlling und Rechnungswesen, Personal und Recht, eine Leitung für den kaufmännischen Geschäftsbereich sowie Mitarbeiter im Bereich Öffentlichkeitsarbeit/Presse. Nach Bekanntwerden der Anschuldigungen gegenüber dem Geschäftsführer haben mehrere Mitarbeiter des mittleren Managements das Unternehmen verlassen. Auch ein arbeitsgerichtlicher Prozess zu einem Fall beginnt bald vor dem Arbeitsgericht Cottbus.