Der letzte Teil leitete das Thema der Gesamthochschulen in Deutschland ein und nun geht 4Ing genauer auf gemachte Erfahreungen in NRW und Hessen ein.
Das Land NRW hatte am 19.01.1999 einen Expertenrat eingesetzt, der das gesamte Hochschulsystem begutachtete und sich insbesondere mit der Entwicklung der Gesamthochschulen in NRW auseinandersetzte (http://www.verwaltung.uni‐wuppertal.de/misc/expertenratallgemein.pdf, S. 153ff.).
Zur Bestandsaufnahme sagt der Abschlussbericht des Expertenrates vom 20.02.2001:
„Zu Beginn der siebziger Jahre sind in Nordrhein-Westfalen fünf Universitäten als Gesamthochschulen gegründet worden und haben in Teilbereichen Grundelemente ihres ursprünglichen Ansatzes bis heute fortgeführt. Es sind dies die Universitäten in Duisburg, Essen, Paderborn, Siegen und Wuppertal. (Die Fern-Universität GH Hagen ist nicht mitzurechnen.)
Mit Gründung der Gesamthochschulen wurde ein Modell der intra-institutionellen Differenzierung gewählt. Statt unterschiedliche Ziele von Forschung, Lehre und Studium durch Trennung nach Hochschultypen, Qualitäts- und Reputationsrängen bzw. durch deutlich voneinander abgehobenen Profilen – den Modellen der interinsti-tutionellen Differenzierung – zu verfolgen, sollte den Gesamthochschulen die Möglichkeit geboten werden, unterschiedlicher Ziele „unter einem Dach“ zu verwirklichen.
(a) Studienstrukturell wurden hierzu folgende Maßnahmen ergriffen:
– In ausgewählten Fachrichtungen (insbesondere den Wirtschafts-, Ingenieur-und Naturwissenschaften) wurden zwei Ebenen von Studienabschlüssen (DI und DII) eingeführt.
– In Studienfachrichtungen mit zwei Abschlussebenen wurde der Zugang sowohl mit Hochschulreife als auch mit Fachhochschulreife ermöglicht.
– Studierende mit Fachhochschulreife mussten, um die gleichen Studienvoraussetzungen zu erreichen, an Brückenkursen teilnehmen.
– Die Studiengänge sollten in der Regel am Y-Modell ausgerichtet sein: d. h. die Studierenden wurden in der Regel nach einiger Zeit gemeinsamen Studiums in den „kurzen Ast“, der zu einem dem Fachhochschulstudium äquivalentenDiplom I führt, und in einen „langen Ast“, der zu einem Diplom II, das dem universitären Diplom entspricht, aufgegliedert. Tatsächlich wurden die Studierenden in einigen Studiengängen von Beginn an aufgegliedert (VModell). Einige Studiengänge wurden später auf das – an der Gesamthochschule Kassel übliche – Konsekutiv-Modell umgestellt, bei dem alle Studierende zunächst ein Diplom I erwerben und einige anschließend das Studium zu einem Diplom II weiterführen.
(b) Mit der studienstrukturellen Integration war inhaltlich das Ziel verbunden, die eher wissenschaftsimmanente Orientierung der Universitäten und die eher angewandte Orientierung der Fachhochschulen in Forschung und Lehre zu einer Synthese von Wissenschafts- und Praxisorientierung fortzuentwickeln.
(c) Personalstrukturell wurde an Gesamthochschulen im Bereich der Studiengänge mit zwei Abschlüssen neben der universitären Personalstruktur eine Zweitstruktur gesetzt:
– Sogenannte „b-Professuren“, die im Lehrdeputat zwischen den Universitäten und Fachhochschulen angesiedelt und in der Besoldung wie Fachhochschulprofessuren eingestuft waren;
– Die Ausstattung mit Personal und weiteren Ressourcen erfolgte ebenfalls in einer Größenordnung, die zwischen den universitären und Fachhochschulprofessuren liegt.
Nach fast drei Jahrzehnten erfolgte bereits vor dem Einsetzen des Expertenrates eine Diskussion über das Konzept und die Realität der Gesamthochschulen in NRW.
Nicht NRW spezifisch lässt sich der Diskussionstand wie folgt zusammenfassen:
a) Die intra-institutionelle Differenzierung von Studiengängen und-abschlüssen ist zumindest teilweise heute an allen deutschen Hochschulen in Form der Bachelor-/Masterstudiengänge realisiert.
b) Die Idee einer Synthese von Wissenschaftstradition und Anwendungsorientierung wird de facto von Teilbereichen der Universitäten aufgenommen, ohne damit zum Leitprinzip der Universitäten insgesamt zu werden.
c) Die fünf Universitäten in NRW mit Gesamthochschultradition und das Ministerium stimmen in der Einschätzung überein, dass die Y-Struktur (auch die V-Struktur) der Studiengänge und –abschlüsse sich zwar in manchen Fällen, jedoch nicht in der Mehrheit bewährt hat. Sie wird weder von Studienanfängerinnen und -anfängern noch vom Beschäftigungssystem in zureichendem Maße goutiert.
In seinem Abschlussbericht empfahl der Expertenrat daher:
die Fachhochschulstudiengänge an Universitäten mit Gesamthochschultradition in der Regel nicht fortzuführen(Ausnahmen sollten möglich bleiben, sofern dies seitens der Hochschule gewünscht wird),
– die B-Professuren (FH-Profil) auslaufen lassen und
– die Bezeichnung Gesamthochschule abzuschaffen…..“
Auch Hessen wandelte seine einzige Gesamthochschule 2003 in eine reine Universität um.
Die neuzugründende Gesamthochschule in der Lausitz wäre ein Hybrid, der einen Fremdkörper in der deutschen Hochschullandschaft darstellte. Da bereits bei dem ersten Versuch die Gesamthochschule zu etablieren, weder die Studierenden noch das Beschäftigungssystem diese annahmen, ist auch heute davon auszugehen, dass ein weiterer Anlauf nicht zum Ziel führt.
Es ist nicht ersichtlich, wie der Zusammenschluss die Probleme, die aus schlechten finanziellen Ausstattung, den fehlenden Stellen herrühren, lösen kann. Noch ist der Zusammenschluss geeignet die Forschungsstärke des universitären Teils wettbewerbsfähig zu entwickeln. Bei den Fakultätentagen war dies deutlich bei der Aufnahme der Fakultäten aus den alten Gesamthochschulen zu sehen, die hinsichtlich Publikationsleistungen, Forschungsmitteleinwerbung und Anzahl der Promovenden erst aufholen mussten, um die geforderten Qualitätsstandards zu erfüllen. So wurde z.B. die Fakultät Maschinenbau der Universität Siegen erst 2006 und der Maschinenbau der Universität Paderborn erst 2009 in den Fakultätentag Maschinenbau / Verfahrenstechnik. aufgenommen. Ebenso ist uns nicht erklärlich, wie ein Hybrid zur Schärfung des Profils, die die Lausitzkommission so dringlich eingefordert hat, beitragen kann.
Vielmehr befürchten wir, dass eine neuzugründende TU Lausitz Holding Studierende abhalten wird sich dort einzuschreiben und anstehende Berufungen extrem erschweren wird, weil es sich bei dem neuen Gebilde gerade nicht um eine reine Universität handelt.
Inwieweit dieser Hybrid für Studierende des Fachholschulzweiges attraktiv wäre, erschließt sich ebenso wenig. Auch jetzt können Bachelor-Absolventen einer Fachhochschule bei Vorliegen der Zulassungsvoraussetzungen den Master an einer Universität erwerben und übrigens auch umgekehrt. Gerade in den Ingenieurwissenschaften und der Informatik gab es schon immer Promovenden, die ihr Studium zuvor an einer Fachhochschule absolviert haben. Auch das Modell der kooperativen Promotion, das seit einigen Jahren die Promotion von FH-Absolventen unter Einbeziehung eines Professors von der Fachhochschule ermöglicht, ist in den 4ING-Fächern schon sehr stark vertreten, dazu bedarf es keines institutionellen Zusammenschlusses.
Der kommende Teil in zwei Tagen wird der letzte sein. Darin geht 4Ing auf den Gesetzesentwurf ein und kommentiert die einzelnen Abschnitte.
Foto: Johannes Koziol
Der letzte Teil leitete das Thema der Gesamthochschulen in Deutschland ein und nun geht 4Ing genauer auf gemachte Erfahreungen in NRW und Hessen ein.
Das Land NRW hatte am 19.01.1999 einen Expertenrat eingesetzt, der das gesamte Hochschulsystem begutachtete und sich insbesondere mit der Entwicklung der Gesamthochschulen in NRW auseinandersetzte (http://www.verwaltung.uni‐wuppertal.de/misc/expertenratallgemein.pdf, S. 153ff.).
Zur Bestandsaufnahme sagt der Abschlussbericht des Expertenrates vom 20.02.2001:
„Zu Beginn der siebziger Jahre sind in Nordrhein-Westfalen fünf Universitäten als Gesamthochschulen gegründet worden und haben in Teilbereichen Grundelemente ihres ursprünglichen Ansatzes bis heute fortgeführt. Es sind dies die Universitäten in Duisburg, Essen, Paderborn, Siegen und Wuppertal. (Die Fern-Universität GH Hagen ist nicht mitzurechnen.)
Mit Gründung der Gesamthochschulen wurde ein Modell der intra-institutionellen Differenzierung gewählt. Statt unterschiedliche Ziele von Forschung, Lehre und Studium durch Trennung nach Hochschultypen, Qualitäts- und Reputationsrängen bzw. durch deutlich voneinander abgehobenen Profilen – den Modellen der interinsti-tutionellen Differenzierung – zu verfolgen, sollte den Gesamthochschulen die Möglichkeit geboten werden, unterschiedlicher Ziele „unter einem Dach“ zu verwirklichen.
(a) Studienstrukturell wurden hierzu folgende Maßnahmen ergriffen:
– In ausgewählten Fachrichtungen (insbesondere den Wirtschafts-, Ingenieur-und Naturwissenschaften) wurden zwei Ebenen von Studienabschlüssen (DI und DII) eingeführt.
– In Studienfachrichtungen mit zwei Abschlussebenen wurde der Zugang sowohl mit Hochschulreife als auch mit Fachhochschulreife ermöglicht.
– Studierende mit Fachhochschulreife mussten, um die gleichen Studienvoraussetzungen zu erreichen, an Brückenkursen teilnehmen.
– Die Studiengänge sollten in der Regel am Y-Modell ausgerichtet sein: d. h. die Studierenden wurden in der Regel nach einiger Zeit gemeinsamen Studiums in den „kurzen Ast“, der zu einem dem Fachhochschulstudium äquivalentenDiplom I führt, und in einen „langen Ast“, der zu einem Diplom II, das dem universitären Diplom entspricht, aufgegliedert. Tatsächlich wurden die Studierenden in einigen Studiengängen von Beginn an aufgegliedert (VModell). Einige Studiengänge wurden später auf das – an der Gesamthochschule Kassel übliche – Konsekutiv-Modell umgestellt, bei dem alle Studierende zunächst ein Diplom I erwerben und einige anschließend das Studium zu einem Diplom II weiterführen.
(b) Mit der studienstrukturellen Integration war inhaltlich das Ziel verbunden, die eher wissenschaftsimmanente Orientierung der Universitäten und die eher angewandte Orientierung der Fachhochschulen in Forschung und Lehre zu einer Synthese von Wissenschafts- und Praxisorientierung fortzuentwickeln.
(c) Personalstrukturell wurde an Gesamthochschulen im Bereich der Studiengänge mit zwei Abschlüssen neben der universitären Personalstruktur eine Zweitstruktur gesetzt:
– Sogenannte „b-Professuren“, die im Lehrdeputat zwischen den Universitäten und Fachhochschulen angesiedelt und in der Besoldung wie Fachhochschulprofessuren eingestuft waren;
– Die Ausstattung mit Personal und weiteren Ressourcen erfolgte ebenfalls in einer Größenordnung, die zwischen den universitären und Fachhochschulprofessuren liegt.
Nach fast drei Jahrzehnten erfolgte bereits vor dem Einsetzen des Expertenrates eine Diskussion über das Konzept und die Realität der Gesamthochschulen in NRW.
Nicht NRW spezifisch lässt sich der Diskussionstand wie folgt zusammenfassen:
a) Die intra-institutionelle Differenzierung von Studiengängen und-abschlüssen ist zumindest teilweise heute an allen deutschen Hochschulen in Form der Bachelor-/Masterstudiengänge realisiert.
b) Die Idee einer Synthese von Wissenschaftstradition und Anwendungsorientierung wird de facto von Teilbereichen der Universitäten aufgenommen, ohne damit zum Leitprinzip der Universitäten insgesamt zu werden.
c) Die fünf Universitäten in NRW mit Gesamthochschultradition und das Ministerium stimmen in der Einschätzung überein, dass die Y-Struktur (auch die V-Struktur) der Studiengänge und –abschlüsse sich zwar in manchen Fällen, jedoch nicht in der Mehrheit bewährt hat. Sie wird weder von Studienanfängerinnen und -anfängern noch vom Beschäftigungssystem in zureichendem Maße goutiert.
In seinem Abschlussbericht empfahl der Expertenrat daher:
die Fachhochschulstudiengänge an Universitäten mit Gesamthochschultradition in der Regel nicht fortzuführen(Ausnahmen sollten möglich bleiben, sofern dies seitens der Hochschule gewünscht wird),
– die B-Professuren (FH-Profil) auslaufen lassen und
– die Bezeichnung Gesamthochschule abzuschaffen…..“
Auch Hessen wandelte seine einzige Gesamthochschule 2003 in eine reine Universität um.
Die neuzugründende Gesamthochschule in der Lausitz wäre ein Hybrid, der einen Fremdkörper in der deutschen Hochschullandschaft darstellte. Da bereits bei dem ersten Versuch die Gesamthochschule zu etablieren, weder die Studierenden noch das Beschäftigungssystem diese annahmen, ist auch heute davon auszugehen, dass ein weiterer Anlauf nicht zum Ziel führt.
Es ist nicht ersichtlich, wie der Zusammenschluss die Probleme, die aus schlechten finanziellen Ausstattung, den fehlenden Stellen herrühren, lösen kann. Noch ist der Zusammenschluss geeignet die Forschungsstärke des universitären Teils wettbewerbsfähig zu entwickeln. Bei den Fakultätentagen war dies deutlich bei der Aufnahme der Fakultäten aus den alten Gesamthochschulen zu sehen, die hinsichtlich Publikationsleistungen, Forschungsmitteleinwerbung und Anzahl der Promovenden erst aufholen mussten, um die geforderten Qualitätsstandards zu erfüllen. So wurde z.B. die Fakultät Maschinenbau der Universität Siegen erst 2006 und der Maschinenbau der Universität Paderborn erst 2009 in den Fakultätentag Maschinenbau / Verfahrenstechnik. aufgenommen. Ebenso ist uns nicht erklärlich, wie ein Hybrid zur Schärfung des Profils, die die Lausitzkommission so dringlich eingefordert hat, beitragen kann.
Vielmehr befürchten wir, dass eine neuzugründende TU Lausitz Holding Studierende abhalten wird sich dort einzuschreiben und anstehende Berufungen extrem erschweren wird, weil es sich bei dem neuen Gebilde gerade nicht um eine reine Universität handelt.
Inwieweit dieser Hybrid für Studierende des Fachholschulzweiges attraktiv wäre, erschließt sich ebenso wenig. Auch jetzt können Bachelor-Absolventen einer Fachhochschule bei Vorliegen der Zulassungsvoraussetzungen den Master an einer Universität erwerben und übrigens auch umgekehrt. Gerade in den Ingenieurwissenschaften und der Informatik gab es schon immer Promovenden, die ihr Studium zuvor an einer Fachhochschule absolviert haben. Auch das Modell der kooperativen Promotion, das seit einigen Jahren die Promotion von FH-Absolventen unter Einbeziehung eines Professors von der Fachhochschule ermöglicht, ist in den 4ING-Fächern schon sehr stark vertreten, dazu bedarf es keines institutionellen Zusammenschlusses.
Der kommende Teil in zwei Tagen wird der letzte sein. Darin geht 4Ing auf den Gesetzesentwurf ein und kommentiert die einzelnen Abschnitte.
Foto: Johannes Koziol
Der letzte Teil leitete das Thema der Gesamthochschulen in Deutschland ein und nun geht 4Ing genauer auf gemachte Erfahreungen in NRW und Hessen ein.
Das Land NRW hatte am 19.01.1999 einen Expertenrat eingesetzt, der das gesamte Hochschulsystem begutachtete und sich insbesondere mit der Entwicklung der Gesamthochschulen in NRW auseinandersetzte (http://www.verwaltung.uni‐wuppertal.de/misc/expertenratallgemein.pdf, S. 153ff.).
Zur Bestandsaufnahme sagt der Abschlussbericht des Expertenrates vom 20.02.2001:
„Zu Beginn der siebziger Jahre sind in Nordrhein-Westfalen fünf Universitäten als Gesamthochschulen gegründet worden und haben in Teilbereichen Grundelemente ihres ursprünglichen Ansatzes bis heute fortgeführt. Es sind dies die Universitäten in Duisburg, Essen, Paderborn, Siegen und Wuppertal. (Die Fern-Universität GH Hagen ist nicht mitzurechnen.)
Mit Gründung der Gesamthochschulen wurde ein Modell der intra-institutionellen Differenzierung gewählt. Statt unterschiedliche Ziele von Forschung, Lehre und Studium durch Trennung nach Hochschultypen, Qualitäts- und Reputationsrängen bzw. durch deutlich voneinander abgehobenen Profilen – den Modellen der interinsti-tutionellen Differenzierung – zu verfolgen, sollte den Gesamthochschulen die Möglichkeit geboten werden, unterschiedlicher Ziele „unter einem Dach“ zu verwirklichen.
(a) Studienstrukturell wurden hierzu folgende Maßnahmen ergriffen:
– In ausgewählten Fachrichtungen (insbesondere den Wirtschafts-, Ingenieur-und Naturwissenschaften) wurden zwei Ebenen von Studienabschlüssen (DI und DII) eingeführt.
– In Studienfachrichtungen mit zwei Abschlussebenen wurde der Zugang sowohl mit Hochschulreife als auch mit Fachhochschulreife ermöglicht.
– Studierende mit Fachhochschulreife mussten, um die gleichen Studienvoraussetzungen zu erreichen, an Brückenkursen teilnehmen.
– Die Studiengänge sollten in der Regel am Y-Modell ausgerichtet sein: d. h. die Studierenden wurden in der Regel nach einiger Zeit gemeinsamen Studiums in den „kurzen Ast“, der zu einem dem Fachhochschulstudium äquivalentenDiplom I führt, und in einen „langen Ast“, der zu einem Diplom II, das dem universitären Diplom entspricht, aufgegliedert. Tatsächlich wurden die Studierenden in einigen Studiengängen von Beginn an aufgegliedert (VModell). Einige Studiengänge wurden später auf das – an der Gesamthochschule Kassel übliche – Konsekutiv-Modell umgestellt, bei dem alle Studierende zunächst ein Diplom I erwerben und einige anschließend das Studium zu einem Diplom II weiterführen.
(b) Mit der studienstrukturellen Integration war inhaltlich das Ziel verbunden, die eher wissenschaftsimmanente Orientierung der Universitäten und die eher angewandte Orientierung der Fachhochschulen in Forschung und Lehre zu einer Synthese von Wissenschafts- und Praxisorientierung fortzuentwickeln.
(c) Personalstrukturell wurde an Gesamthochschulen im Bereich der Studiengänge mit zwei Abschlüssen neben der universitären Personalstruktur eine Zweitstruktur gesetzt:
– Sogenannte „b-Professuren“, die im Lehrdeputat zwischen den Universitäten und Fachhochschulen angesiedelt und in der Besoldung wie Fachhochschulprofessuren eingestuft waren;
– Die Ausstattung mit Personal und weiteren Ressourcen erfolgte ebenfalls in einer Größenordnung, die zwischen den universitären und Fachhochschulprofessuren liegt.
Nach fast drei Jahrzehnten erfolgte bereits vor dem Einsetzen des Expertenrates eine Diskussion über das Konzept und die Realität der Gesamthochschulen in NRW.
Nicht NRW spezifisch lässt sich der Diskussionstand wie folgt zusammenfassen:
a) Die intra-institutionelle Differenzierung von Studiengängen und-abschlüssen ist zumindest teilweise heute an allen deutschen Hochschulen in Form der Bachelor-/Masterstudiengänge realisiert.
b) Die Idee einer Synthese von Wissenschaftstradition und Anwendungsorientierung wird de facto von Teilbereichen der Universitäten aufgenommen, ohne damit zum Leitprinzip der Universitäten insgesamt zu werden.
c) Die fünf Universitäten in NRW mit Gesamthochschultradition und das Ministerium stimmen in der Einschätzung überein, dass die Y-Struktur (auch die V-Struktur) der Studiengänge und –abschlüsse sich zwar in manchen Fällen, jedoch nicht in der Mehrheit bewährt hat. Sie wird weder von Studienanfängerinnen und -anfängern noch vom Beschäftigungssystem in zureichendem Maße goutiert.
In seinem Abschlussbericht empfahl der Expertenrat daher:
die Fachhochschulstudiengänge an Universitäten mit Gesamthochschultradition in der Regel nicht fortzuführen(Ausnahmen sollten möglich bleiben, sofern dies seitens der Hochschule gewünscht wird),
– die B-Professuren (FH-Profil) auslaufen lassen und
– die Bezeichnung Gesamthochschule abzuschaffen…..“
Auch Hessen wandelte seine einzige Gesamthochschule 2003 in eine reine Universität um.
Die neuzugründende Gesamthochschule in der Lausitz wäre ein Hybrid, der einen Fremdkörper in der deutschen Hochschullandschaft darstellte. Da bereits bei dem ersten Versuch die Gesamthochschule zu etablieren, weder die Studierenden noch das Beschäftigungssystem diese annahmen, ist auch heute davon auszugehen, dass ein weiterer Anlauf nicht zum Ziel führt.
Es ist nicht ersichtlich, wie der Zusammenschluss die Probleme, die aus schlechten finanziellen Ausstattung, den fehlenden Stellen herrühren, lösen kann. Noch ist der Zusammenschluss geeignet die Forschungsstärke des universitären Teils wettbewerbsfähig zu entwickeln. Bei den Fakultätentagen war dies deutlich bei der Aufnahme der Fakultäten aus den alten Gesamthochschulen zu sehen, die hinsichtlich Publikationsleistungen, Forschungsmitteleinwerbung und Anzahl der Promovenden erst aufholen mussten, um die geforderten Qualitätsstandards zu erfüllen. So wurde z.B. die Fakultät Maschinenbau der Universität Siegen erst 2006 und der Maschinenbau der Universität Paderborn erst 2009 in den Fakultätentag Maschinenbau / Verfahrenstechnik. aufgenommen. Ebenso ist uns nicht erklärlich, wie ein Hybrid zur Schärfung des Profils, die die Lausitzkommission so dringlich eingefordert hat, beitragen kann.
Vielmehr befürchten wir, dass eine neuzugründende TU Lausitz Holding Studierende abhalten wird sich dort einzuschreiben und anstehende Berufungen extrem erschweren wird, weil es sich bei dem neuen Gebilde gerade nicht um eine reine Universität handelt.
Inwieweit dieser Hybrid für Studierende des Fachholschulzweiges attraktiv wäre, erschließt sich ebenso wenig. Auch jetzt können Bachelor-Absolventen einer Fachhochschule bei Vorliegen der Zulassungsvoraussetzungen den Master an einer Universität erwerben und übrigens auch umgekehrt. Gerade in den Ingenieurwissenschaften und der Informatik gab es schon immer Promovenden, die ihr Studium zuvor an einer Fachhochschule absolviert haben. Auch das Modell der kooperativen Promotion, das seit einigen Jahren die Promotion von FH-Absolventen unter Einbeziehung eines Professors von der Fachhochschule ermöglicht, ist in den 4ING-Fächern schon sehr stark vertreten, dazu bedarf es keines institutionellen Zusammenschlusses.
Der kommende Teil in zwei Tagen wird der letzte sein. Darin geht 4Ing auf den Gesetzesentwurf ein und kommentiert die einzelnen Abschnitte.
Foto: Johannes Koziol
Der letzte Teil leitete das Thema der Gesamthochschulen in Deutschland ein und nun geht 4Ing genauer auf gemachte Erfahreungen in NRW und Hessen ein.
Das Land NRW hatte am 19.01.1999 einen Expertenrat eingesetzt, der das gesamte Hochschulsystem begutachtete und sich insbesondere mit der Entwicklung der Gesamthochschulen in NRW auseinandersetzte (http://www.verwaltung.uni‐wuppertal.de/misc/expertenratallgemein.pdf, S. 153ff.).
Zur Bestandsaufnahme sagt der Abschlussbericht des Expertenrates vom 20.02.2001:
„Zu Beginn der siebziger Jahre sind in Nordrhein-Westfalen fünf Universitäten als Gesamthochschulen gegründet worden und haben in Teilbereichen Grundelemente ihres ursprünglichen Ansatzes bis heute fortgeführt. Es sind dies die Universitäten in Duisburg, Essen, Paderborn, Siegen und Wuppertal. (Die Fern-Universität GH Hagen ist nicht mitzurechnen.)
Mit Gründung der Gesamthochschulen wurde ein Modell der intra-institutionellen Differenzierung gewählt. Statt unterschiedliche Ziele von Forschung, Lehre und Studium durch Trennung nach Hochschultypen, Qualitäts- und Reputationsrängen bzw. durch deutlich voneinander abgehobenen Profilen – den Modellen der interinsti-tutionellen Differenzierung – zu verfolgen, sollte den Gesamthochschulen die Möglichkeit geboten werden, unterschiedlicher Ziele „unter einem Dach“ zu verwirklichen.
(a) Studienstrukturell wurden hierzu folgende Maßnahmen ergriffen:
– In ausgewählten Fachrichtungen (insbesondere den Wirtschafts-, Ingenieur-und Naturwissenschaften) wurden zwei Ebenen von Studienabschlüssen (DI und DII) eingeführt.
– In Studienfachrichtungen mit zwei Abschlussebenen wurde der Zugang sowohl mit Hochschulreife als auch mit Fachhochschulreife ermöglicht.
– Studierende mit Fachhochschulreife mussten, um die gleichen Studienvoraussetzungen zu erreichen, an Brückenkursen teilnehmen.
– Die Studiengänge sollten in der Regel am Y-Modell ausgerichtet sein: d. h. die Studierenden wurden in der Regel nach einiger Zeit gemeinsamen Studiums in den „kurzen Ast“, der zu einem dem Fachhochschulstudium äquivalentenDiplom I führt, und in einen „langen Ast“, der zu einem Diplom II, das dem universitären Diplom entspricht, aufgegliedert. Tatsächlich wurden die Studierenden in einigen Studiengängen von Beginn an aufgegliedert (VModell). Einige Studiengänge wurden später auf das – an der Gesamthochschule Kassel übliche – Konsekutiv-Modell umgestellt, bei dem alle Studierende zunächst ein Diplom I erwerben und einige anschließend das Studium zu einem Diplom II weiterführen.
(b) Mit der studienstrukturellen Integration war inhaltlich das Ziel verbunden, die eher wissenschaftsimmanente Orientierung der Universitäten und die eher angewandte Orientierung der Fachhochschulen in Forschung und Lehre zu einer Synthese von Wissenschafts- und Praxisorientierung fortzuentwickeln.
(c) Personalstrukturell wurde an Gesamthochschulen im Bereich der Studiengänge mit zwei Abschlüssen neben der universitären Personalstruktur eine Zweitstruktur gesetzt:
– Sogenannte „b-Professuren“, die im Lehrdeputat zwischen den Universitäten und Fachhochschulen angesiedelt und in der Besoldung wie Fachhochschulprofessuren eingestuft waren;
– Die Ausstattung mit Personal und weiteren Ressourcen erfolgte ebenfalls in einer Größenordnung, die zwischen den universitären und Fachhochschulprofessuren liegt.
Nach fast drei Jahrzehnten erfolgte bereits vor dem Einsetzen des Expertenrates eine Diskussion über das Konzept und die Realität der Gesamthochschulen in NRW.
Nicht NRW spezifisch lässt sich der Diskussionstand wie folgt zusammenfassen:
a) Die intra-institutionelle Differenzierung von Studiengängen und-abschlüssen ist zumindest teilweise heute an allen deutschen Hochschulen in Form der Bachelor-/Masterstudiengänge realisiert.
b) Die Idee einer Synthese von Wissenschaftstradition und Anwendungsorientierung wird de facto von Teilbereichen der Universitäten aufgenommen, ohne damit zum Leitprinzip der Universitäten insgesamt zu werden.
c) Die fünf Universitäten in NRW mit Gesamthochschultradition und das Ministerium stimmen in der Einschätzung überein, dass die Y-Struktur (auch die V-Struktur) der Studiengänge und –abschlüsse sich zwar in manchen Fällen, jedoch nicht in der Mehrheit bewährt hat. Sie wird weder von Studienanfängerinnen und -anfängern noch vom Beschäftigungssystem in zureichendem Maße goutiert.
In seinem Abschlussbericht empfahl der Expertenrat daher:
die Fachhochschulstudiengänge an Universitäten mit Gesamthochschultradition in der Regel nicht fortzuführen(Ausnahmen sollten möglich bleiben, sofern dies seitens der Hochschule gewünscht wird),
– die B-Professuren (FH-Profil) auslaufen lassen und
– die Bezeichnung Gesamthochschule abzuschaffen…..“
Auch Hessen wandelte seine einzige Gesamthochschule 2003 in eine reine Universität um.
Die neuzugründende Gesamthochschule in der Lausitz wäre ein Hybrid, der einen Fremdkörper in der deutschen Hochschullandschaft darstellte. Da bereits bei dem ersten Versuch die Gesamthochschule zu etablieren, weder die Studierenden noch das Beschäftigungssystem diese annahmen, ist auch heute davon auszugehen, dass ein weiterer Anlauf nicht zum Ziel führt.
Es ist nicht ersichtlich, wie der Zusammenschluss die Probleme, die aus schlechten finanziellen Ausstattung, den fehlenden Stellen herrühren, lösen kann. Noch ist der Zusammenschluss geeignet die Forschungsstärke des universitären Teils wettbewerbsfähig zu entwickeln. Bei den Fakultätentagen war dies deutlich bei der Aufnahme der Fakultäten aus den alten Gesamthochschulen zu sehen, die hinsichtlich Publikationsleistungen, Forschungsmitteleinwerbung und Anzahl der Promovenden erst aufholen mussten, um die geforderten Qualitätsstandards zu erfüllen. So wurde z.B. die Fakultät Maschinenbau der Universität Siegen erst 2006 und der Maschinenbau der Universität Paderborn erst 2009 in den Fakultätentag Maschinenbau / Verfahrenstechnik. aufgenommen. Ebenso ist uns nicht erklärlich, wie ein Hybrid zur Schärfung des Profils, die die Lausitzkommission so dringlich eingefordert hat, beitragen kann.
Vielmehr befürchten wir, dass eine neuzugründende TU Lausitz Holding Studierende abhalten wird sich dort einzuschreiben und anstehende Berufungen extrem erschweren wird, weil es sich bei dem neuen Gebilde gerade nicht um eine reine Universität handelt.
Inwieweit dieser Hybrid für Studierende des Fachholschulzweiges attraktiv wäre, erschließt sich ebenso wenig. Auch jetzt können Bachelor-Absolventen einer Fachhochschule bei Vorliegen der Zulassungsvoraussetzungen den Master an einer Universität erwerben und übrigens auch umgekehrt. Gerade in den Ingenieurwissenschaften und der Informatik gab es schon immer Promovenden, die ihr Studium zuvor an einer Fachhochschule absolviert haben. Auch das Modell der kooperativen Promotion, das seit einigen Jahren die Promotion von FH-Absolventen unter Einbeziehung eines Professors von der Fachhochschule ermöglicht, ist in den 4ING-Fächern schon sehr stark vertreten, dazu bedarf es keines institutionellen Zusammenschlusses.
Der kommende Teil in zwei Tagen wird der letzte sein. Darin geht 4Ing auf den Gesetzesentwurf ein und kommentiert die einzelnen Abschnitte.
Foto: Johannes Koziol