Fast 84.000 Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren in Brandenburg sind armutsgefährdet. Das ist jedes vierte Kind. Viele von ihnen leben in Familien mit einem Elternteil. Deren Probleme und Perspektiven standen heute im Mittelpunkt der Fachtagung „Alleinerziehende nicht allein lassen – Herausforderungen und Perspektiven“ in Potsdam. Die Tagung ist ein Beitrag zum Themenjahr „Materielle Armut“ des „Runden Tisches gegen Kinderarmut“, der im vergangenen Jahr auf Initiative des Sozialministeriums ins Leben gerufen wurde. Diana Golze betonte in ihrer Rede: „Kinderarmut ist eines der drängendsten Probleme unserer Zeit, das nur gemeinsam erfolgreich bekämpft werden kann. Unser Runder Tisch gegen Kinderarmut „Starke Familien – Starke Kinder“ ist als langfristiger Dialog angelegt und als Impulsgeber offen für alle Vereine, Unternehmen, Kammern, Verbände und Stiftungen, die etwas gegen Kinderarmut tun wollen. Auch die Landesarbeitsgemeinschaft der Familienverbände beteiligt sich am Runden Tisch. Der heutige Tag ist auch ein Ergebnis der guten Zusammenarbeit.“
Laut einer aktuellen Bertelsmann-Studie stecken 42 Prozent der Alleinerziehenden in der Armutsfalle und ihr Armutsrisiko ist deutlich höher als bei Paarfamilien. Überdurchschnittlich oft sind sie Empfänger von SGB II-Leistungen und von Langzeitarbeitslosigkeit betroffen. Zudem wird die Gruppe der Alleinerziehenden immer größer. Es gibt rund 64.000 Familien mit einem alleinerziehenden Elternteil in Brandenburg. Damit gehört jede vierte Familie mit minderjährigen Kindern im Land zu dieser Gruppe. Vor 20 Jahren war in Ostdeutschland nur jede sechste Familie eine Ein-Eltern-Familie.
Diana Golze: “Noch viel zu wenig wird von den Unternehmen auf die Kompetenzen und Talente Alleinerziehender geschaut, die diese bei der täglichen Bewältigung des Familienalltags erworben haben. Insbesondere wegen fehlender beruflicher Perspektiven sind Alleinerziehende stärker als andere Familien von Armut bedroht oder betroffen. Das trifft vor allem Frauen, denn neun von zehn Alleinerziehenden sind Mütter. Das trifft auch ihre Kinder und hat negative Auswirkungen auf deren Bildungs- und Entwicklungschancen. Das dürfen wir nicht zulassen.“
Golze weiter: „Nicht allein bedarfsgerechte staatliche Transferleistungen, sondern ein auskömmliches Einkommen durch Erwerbsarbeit ist für mich der Schlüssel für die Unterstützung von Alleinerziehenden. Ich meine damit nicht Mini-, Midi- oder sonstige prekäre Jobs, sondern gute Arbeit. Eine Arbeit, deren Entlohnung zwar endlich durch den gesetzlichen Mindestlohn nach unten abgesichert ist, die aber zukünftig auch gleich sein muss zwischen Frauen und Männern! Den Weg dahin zu ebnen, ist auch Aufgabe der Politik.“
Dazu gehört praktische Arbeitsmarktpolitik, wie mit dem Landesförderprogramm „Integrationsbegleitung für Langzeitarbeitslose und Familienbedarfsgemeinschaften“. Sie werden von Integrationsbegleiterinnen und Integrationsbegleitern individuell betreut und mit passenden Angeboten bei ihrem Weg zurück in den Arbeitsmarkt unterstützt. Für diese Maßnahmen stehen bis zum Jahr 2020 insgesamt 40 Millionen Euro aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds zur Verfügung. Rund 8.000 Menschen können von dem Programm jeweils bis zu zwei Jahre profitieren. Golze: „Damit unternimmt das Land eine große Anstrengung, um der verfestigten Langzeitarbeitslosigkeit und der damit oft einhergehenden Perspektivlosigkeit der betroffenen Frauen und Männer und ihrer Familien zu begegnen.“
Zu den Leistungen, die das Land Brandenburg für Familien gewährt und die Alleinerziehenden helfen, gehören die Zuschüsse für Familienferienreisen. Dafür stehen jährlich 300.000 Euro zur Verfügung, die regelmäßig aufgrund des hohen Bedarfs aufgestockt werden. Im letzten Jahr konnte so ein Erholungsurlaub für über 1.500 Familien ermöglicht werden, darunter mehr als 50 Prozent Alleinerziehende. Daneben hilft die von Regine Hildebrandt ins Leben gerufene Landesstiftung „Hilfe für Familien in Not“ seit Jahren auch vielen Alleinerziehenden in finanziellen Notlagen, wenn gesetzliche Unterstützungsmöglichkeiten nicht ausreichen.
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