Der Minister der Justiz und für Europa und Verbraucherschutz, Stefan Ludwig, und die Vorsitzende der Geschäftsführung der Regionaldirektion Berlin-Brandenburg der Bundesagentur für Arbeit, Jutta Cordt, haben heute eine Kooperationsvereinbarung zur „Zusammenarbeit bei der Eingliederung von Inhaftierten und Haftentlassenen des brandenburgischen Justizvollzuges in den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt“ unterzeichnet. Dadurch wird die Beratung durch die Arbeitsagenturen und Jobcenter zu Leistungsansprüchen und zur Arbeitsmarktintegration von Inhaftierten zielgerichtet in die Wege geleitet. Neben der Sicherung des Lebensunterhaltes bildet Arbeit auch die Grundlage der gesellschaftlichen Teilhabe. Zukünftig wollen die Mitarbeiter der Arbeitsagentur und der Justizvollzugsanstalten im Land frühzeitig mit den Strafgefangenen realistische Zukunftsperspektiven entwickeln und umsetzen.
„Die Kooperationsvereinbarung ist ein wichtiger Baustein zu einer gelungenen Wiedereingliederung von Haftentlassenen. Viele Betroffene haben mit dem Leistungsspektrum im Rahmen der Gesetze zur Reform des Arbeitsmarktes Schwierigkeiten und viele entlassene Inhaftierte scheitern bisher daran. Inhaftierte sollen deshalb künftig so früh wie möglich dabei unterstützt werden, sich nach der Haftentlassung aus- oder weiterzubilden, eine Arbeit zu finden oder Hilfen zum Lebensunterhalt in Anspruch zu nehmen. Das Brandenburgische Justizvollzugsgesetz misst der vernetzten Vorbereitung der Eingliederung, Entlassung und nachgehenden Betreuung eine große Bedeutung zu, denn eine gelungene gesellschaftliche Integration ist eine wichtige Voraussetzung für die Vermeidung von Rückfälligkeit“, sagte Justizminister Stefan Ludwig bei seiner Unterschrift.
Jutta Cordt, Vorsitzende der Geschäftsführung der Regionaldirektion Berlin-Brandenburg der Bundesagentur für Arbeit sagte: „Haftentlassene auf den Arbeits- und Ausbildungsmarkt vorzubereiten ist eine wichtige Aufgabe, gerade unter dem Gesichtspunkt der Resozialisierung. Ein regelmäßiger Tagesablauf, eine sinnvolle Beschäftigung mit festen Strukturen und ein eigenes Einkommen sind entscheidende Leitplanken für die weitere Entwicklung. Insofern setzen die Dienstleistungen der Arbeitsagenturen und Jobcenter frühzeitig – vor dem konkreten Zeitpunkt des Entlassungstermins – an. Mit dem Land Brandenburg haben wir einen guten Weg gefunden, diese Menschen zu unterstützen, durch Arbeit oder Ausbildung eine Zukunftsperspektive zu bekommen.“
Beide Partner werden nunmehr auf den Abschluss regionaler Kooperationsvereinbarungen der Justizvollzugsanstalten mit den Agenturen für Arbeit sowie den Jobcentern zur konkreten Ausgestaltung der Zusammenarbeit vor Ort hinwirken.
1. Was ändert sich konkret?
Die Kooperationsvereinbarung fördert die enge Zusammenarbeit von Arbeitsagenturen mit den Haftanstalten, um die Inhaftierten frühestmöglich auf ihre soziale Eingliederung nach der Haftentlassung vorbereiten zu können. Es werden für Inhaftierte, die nicht lockerungsgeeignet sind und deshalb nicht selbständig die Behörden aufsuchen können, erstmalig geregelte Beratungsleistungen der Agentur für Arbeit vor Ort in den Haftanstalten schon vor der Haftentlassung angeboten werden. Die Inhaftierten können die Regelung ihrer Angelegenheiten schon während der Haft mit professioneller Unterstützung vorbereiten. Die für den Integrationsprozess notwendigen Daten und Unterlagen werden zwischen den Behörden frühzeitig ausgetauscht. Die Mitarbeiter der Arbeitsagenturen und der Justizvollzugsanstalten tauschen sich darüber hinaus im Rahmen von Informationsveranstaltungen und Schulungen aus. Beide Seiten sind dadurch über das jeweils Erforderliche gleichermaßen informiert.
2. Welche Leistungen stehen den Inhaftierten zu?
Die Agenturen für Arbeit und Jobcenter informieren und beraten die Inhaftierten zu möglichen Ansprüchen auf Leistungen und zur Vermittlung in den Arbeitsmarkt inklusive der arbeitsmarktpolitischen Instrumente. Das Integrationskonzept der Bundesagentur für Arbeit (4-Phasen Modell der Integrationsarbeit) findet geregelt Anwendung.
3. Was ändert sich für die Bediensteten?
Die Bediensteten sind durch den gegenseitigen Austausch besser als bisher über Leistungen und arbeitsmarktpolitische Instrumente informiert und können die Gefangenen dadurch ihrerseits besser dabei unterstützen, ihre Angelegenheiten im Rahmen der Entlassungsvorbereitung zu regeln. Sie haben bei den Arbeitsagenturen und Jobcentern feste Ansprechpartner.
4. Was gehört noch zu einem erfolgreichen Übergangsmanagement und warum ist das so wichtig?
Die Gefangenen sind bei der Ordnung ihrer persönlichen, wirtschaftlichen und sozialen Angelegenheiten zu unterstützen. Zu einem erfolgreichen Übergangsmanagement gehört, dass der Haftentlassene über Wohnraum verfügt, hinreichende Leistungen zum Lebensunterhalt zur Verfügung hat und erfolgreich in den Arbeitsmarkt oder in Weiterbildungsmaßnahmen integriert ist, um darüber gesellschaftlichen Halt und Anerkennung zu erhalten. Die gesellschaftliche Integration von Haftentlassenen ist die wichtigste Voraussetzung, um Rückfälligkeit zu verhindern. Kriminologische Studien belegen, dass dabei der Integration in Arbeit eine besondere Bedeutung zukommt. Für Haftentlassene mit in der Person liegenden Problemen ist es zudem notwendig, dass die geeigneten Hilfeeinrichtungen der Verbände der freien Wohlfahrtspflege oder anderer Behörden, forensische Ambulanzen und die Unterstützungsleistungen der Sozialen Dienste greifen.
5. Wie viele Inhaftierte gibt es derzeit und wer profitiert davon?
Am Stichtag 10. 8. 2016 betrug die Gesamtbelegung 1300 Gefangene, davon 292 Untersuchungsgefangene und 113 Gefangene mit einer Ersatzfreiheitsstrafe. Von der Kooperationsvereinbarung werden vor allen Dingen solche jungen und erwachsenen Strafgefangenen profitieren, die aus in der Person liegenden Gründen keine zur Vorbereitung der Eingliederung erforderlichen Lockerungen, die in einem Zeitraum von sechs Monaten vor der voraussichtlichen Entlassung gewährt werden, erhalten können und deren soziale Situation nach der Haftentlassung unklar ist oder die eine Arbeit oder Anschlussmaßnahme an eine berufliche Qualifizierung suchen.
pm/red
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