„Thomas Zippel wurde in Berlin geboren und beschult. Sein Studium der evangelischen Theologie und der Philosophie bestritt er größtenteils in Tübingen, wo er schließlich – von den großen Fragen entkräftet – sesshaft wurde.
Sein Romandebüt ist eine späte Antwort auf den Kommentar eines Prüfers unter seiner theologischen Examensarbeit, der da lautete: >> Dieser Mann darf nie auf eine Kanzel gelangen<<“
Das lese ich so im Klappentext. Dieser Mann darf nie auf eine Kanzel gelangen? Aha! Das Buch interessiert mich schon bevor ich es überhaupt gelesen habe. Ich nehme es also mit auf eine Zugfahrt – blöde Idee wie ich später feststellen muss. Was zunächst ein Augenrollen ist – gleich im ersten Satz wird Gott (schließlich geht’s laut Titel um ihn) klischeebehaftet als weißbärtiger, weißgekleideter Mann an Schalthebeln dargestellt…echt jetzt? – wandelt sich angesichts der genialsten 40 Seiten (mehr habe ich im Zug nicht geschafft, insgesamt erstreckt es sich über 366 Seiten), die ich über die Weltreligionen je gelesen habe, schnell in einen nur schwer zu unterdrückenden, ausgewachsenen Lachanfall: Klug, messerscharf, intelligent, brillant und zugleich zum Brüllen komisch fasst Thomas Zippel da über Religionen zusammen, was gemeinhin als Überheblichkeit und/oder gieriger Machthunger deklariert wird – die Weltreligionen ad absurdum geführt und so als große Fehldeutung und Instrumentalisierung entlarvt – dies allerdings bewerkstelligt er, und darin liegt der eigentlich Wert, die eigentliche Genialität dieses Buches, ohne auch nur den kleinsten Hauch von Blasphemie. Religion bietet alle Grundsätze für ein friedliches Miteinander – aber sie ist das was der Mensch aus ihr macht – ein Instrument um zu herrschen. Das Buch, ein Instrument um abzurechnen.
Eingebettet ist diese Abrechnung in eine Geschichte, die gezielt und wohl überlegt drum herum gestrickt worden ist. Im Prinzip ist sie eine Mischung aus dem Film Matrix und dem Buch von Timur Vermes‘ „Er ist wieder da“:
In „Spiel’s noch einmal, Gott“ geht es um Jess und Jova. Jova, seinerseits gelangweilte und chronisch-cholerische Göttlichkeit, die dem Frust über ihren Weltentwurf gern mal durch betätigen der Tsunami- oder der Blitztaste Luft macht und Teilnehmer am Creation Cup der UDA (Universal Divinity Association). Und Jess, zunächst Jovas Joker, nun sein Sohn, der diesen verkorksten Entwurf wieder richten soll. Zur Erklärung: Die UDA hat den Creation Cup ins Leben gerufen haben, um der Langeweile der Ewigkeit zu entgehen. Alle Götter messen sich darin mit dem Entwurf ihrer Welten. Jovas Entwurf krepelt dank seiner „halbgaren Geschöpfe“, seiner „verzogenen Gören“ mehr oder weniger vor sich hin, liegt irgendwo auf den hinteren Plätzen und ist so der Häme seiner Götterkollegen Zaus, Lullah, Rocco und Baddhu ausgesetzt. (Wer hier Namensähnlichkeiten erkennt, erkennt richtig.)
Jess war bereits vor einiger Zeit zur Jokermission auf die Erde gesandt worden, um den Siedlern, wie wir Erdenbewohner genannt werden, mal ordentlich die Leviten zu lesen. Mit seinen friedvollen Botschaften von Vergebung, Liebe und Gnade scheiterte seine Mission allerdings kläglich und missverstanden als Sohn, der vom Vater geopfert wurde, am Kreuz. Nun bekommt er eine zweite Chance, um den Dumpfbacken auf der Erde ein wenig auf die Sprünge zu helfen und um Jova vor der Disqualifikation vom Cup zu bewahren. Es geht um die Rettung der Welt, wie wir sie kennen.
Und so ist „Spiel‘s noch einmal, Gott“ auch die Geschichte von Terry, der zur Rettung der Welt auserkoren ist und den Jess zu eben selbiger Tat ermutigen soll… Terry, einen dauerbekifften, ranzigen Untergrund Comic-Zeichner, aber auch Erben eines multinationalen, millionenschweren Medienimperiums, mit liebenswert-hilfsbereiten Freunden.
Auf den folgenden Seiten gibt es zu dieser spannenden Odyssee auch eine Liebesgeschichte (wer mit wem ist an dieser Stelle wohl nicht mehr schwer zu erraten) und schließlich das überraschende aber wahre Ende.
Es sind genau diese Ideen, diese Figuren, diese Erzählstränge, die am Anfang noch platt und profan wirken, aber in Betrachtung des Gesamtbildes weise platziert und gewählt sind.
Vor allem aber ermöglichen sie schlussendlich eine sehr spannende und wertvolle Erfahrung – einen Perspektivwechsel. Den Blick von außen auf die Welt. Ein Blick der erkennen lässt, wie bescheuert, sinnlos und – am wichtigsten – dumm und dämlich alles Bekriegen, Betrügen und Belügen ist. Oder anders: wie dumm die Menschheit eigentlich ist! (Von Schwarmintelligenz kann hier keine Rede sein.)
So ist die Lektüre eben nicht nur Erheiterung, sondern Offenbarung zugleich. Eine die ganz ohne Todesengel, Schlangen und anderen Irrwitzigkeiten auskommt – und schlichtweg mit einem überzeugt – mit der Wahrheit, fein verpackt in gesellschaftskritischer Prosa.
So schreibt Thomas Zippel in seiner Danksagung: „Gott sei Dank dafür, dass wir nicht wissen, ob es ihn gibt. Und wenn es ihn gibt, wäre ich ihm sehr dankbar, wenn er’s einfach noch einmal spielen würde.
Mit ein paar Korrekturen vielleicht.“
Dem gibt es nichts mehr hinzuzufügen – außer dass dieses Buch getrost die Lektüre einiger schwieriger hochrangiger alter und neuer, bekannter und unbekannter Philosophen, Denker und Dichter ersetzt. Thomas Zippel ich danke Ihnen für dieses großartige Werk.
Kleiner Tipp auf dem parallel zur Veröffentlichung gestarteten Internetprojekt gibt es viele der besten Stellen als Leseproben, die Antworten auf viele große Fragen in ein paar Sätzen und noch viel mehr über das Buch. Das alles findet es hier: www.iGod-web.de
Buch:
Thomas Zippel
Spiel’s noch einmal, Gott
Roman
Im März 2015 veröffentlicht
Klappenbroschur, 366 Seiten, € 16,90
ISBN (Print): 978-3-944035-40-6
ISBN (E-Book):978-3-94403-46-8