Das Aktionsbündnis Agrarwende Berlin-Brandenburg hat offiziell die Durchführung eines Volksbegehrens beantragt. Mit der Weiterverfolgung des direktdemokratischen Instrumentes der Volksgesetzgebung wollen die Initiatoren der sehr erfolgreichen Volksinitiative ihre Forderungen unterstreichen und durchsetzen.
Hintergrund:
Das Bündnis aus über 40 Organisationen startete im März 2014 die Volksinitiative „Stoppt Massentierhaltung!“. Kernforderungen waren ein Verbot des Kürzens von Schnäbeln und Schwänzen in der Tierhaltung, die ausschließliche Förderung einer artgerechten Tierhaltung und ein Verbandsklagerecht für Tierschutzverbände. Damit sollte der Zubau von Megaställen gebremst werden. Zudem sollte sich die Landesregierung im Bundesrat für einen strengeren Schutz vor Schaftstoffen und für weniger Antibiotika in den Ställen einsetzen.
20.000 Unterschriften wären notwendig gewesen, nach der Hälfte der verfügbaren Zeit hatten bereits 34.000 Brandenburger die Forderungen der Volksinitiative unterschrieben – ein großer Erfolg. Erfolgreich war die Volksinitiative auch deshalb, weil sie die Diskussion zwischen der Zivilgesellschaft und dem Berufsstand initiiert hat. Doch obgleich die Initiatoren von allen Parteien für ihr Engagement einhellig gelobt wurden, kam man ihnen inhaltlich substantiell nicht entgegen: Die Koalition aus SPD und Linke empfahl dem Landtag lediglich, die Einrichtung eines ehrenamtlichen Tierschutzbeauftragten zu prüfen.
Aus diesem Grund hat sich das Aktionsbündnis entschieden, ein Volksbegehren zu beantragen. Nach jetzigem Stand wird das Volksbegehren frühestens Mitte Juli, spätestens Mitte August 2015 starten, anschließend hat das Bündnis sechs Monate Zeit, um die gesetzte Hürde von insgesamt 80.000 Unterschriften in den amtlichen Unterschriftenlisten zu sammeln.
“Nachdem unsere Forderungen mittlerweile auch vom wissenschaftlichen Beirat der Bundesregierung für Agrarpolitik in der Tierhaltung bestätigt werden, gibt uns das zusätzlichen Aufwind” sagte Jochen Fritz, Biobauer aus Werder und Initiator des Volksbegehrens. “Es wird immer deutlicher, es bedarf einer baldigen Systemänderung in der jetzigen Nutztierhaltung, die aktuelle Tierhaltung erfährt bei Verbrauchern keine Akzeptanz mehr. Hier muss die Politik handeln und nicht auf den Markt verweisen.”
“In Brandenburg ist seit 2014 die Förderung von Massentierhaltungsanlagen sogar noch ausgeweitet worden. Bei unveränderten Anforderungen an den Platzbedarf bei Schweinen, Hühnern und Puten ist der öffentliche Zuschuss von 35% auf 40% hochgesetzt worden. Dieses Vorgehen wird jetzt als “Premiumförderung” bezeichnet”, fügte Friedhelm Schmitz-Jersch , Landesvorsitzender des NABU Brandenburg hinzu.
„Besonders irritiert und enttauscht sind wir daruber, dass auf unsere Forderung, auf Landesebene ein Verbandsklagerecht einzufuhren, nicht eingegangen wird“, sagte Ellen Schutze, stellv. Vorstandsmitglied beim Tierschutzverband Brandenburg: „Diese Forderung ist fur uns auch deswegen eine Kernforderung, weil sie sich nicht gegen die Tierhalter richtet, sondern lediglich ein bewahrtes Instrument im Rechtsstaat ist, um die zustandigen Behorden auf die Einhaltung von Recht und Gesetz verpflichten zu konnen. Bezeichnend finden wir hier auch, dass sich die SPD auf Bundesebene dafur stark macht, eigene Antrage im Bundestag einbringt und es auch im Bundestagswahlprogramm ausformuliert, auf Landesebene von all dem aber nichts mehr wissen will.“
Anders als bei der Volksinitiative können die Unterschriften dabei nicht direkt auf der Straße gesammelt werden. Unterstützer müssen in den amtlichen Auslagestellen unterschreiben oder sich die Unterlagen für eine Briefeintragung nach Hause schicken lassen. Zentrales Element der Kampagne soll daher die Briefwahleintragung sein. Den Eintragungsschein kann man per Post oder E-Mail anfordern und anschließend portofrei an das jeweilige Bürgeramt zurücksenden. Deshalb bereitet das Bündnis derzeit intensiv eine entsprechende Kampagne vor.
Aus Sicht der Initiatoren sprechen folgende Argumente für den Erfolg des Volksbegehrens:
- Gesellschaftliche Mehrheit wünscht sich eindeutig mehr Tierwohl und ist gegen Mega-Mastanlagen a´la Tornitz oder Haßleben
- zunehmende Unterstützung unserer Forderungen auch in Praxis und Wissenschaft
- Möglichkeit der Briefwahl (erst seit Jan 2012)
- Breites zivilgesellschaftliches Bündnis,
- Tierwohl ist ein landesweit relevantes Thema
- dezentrale Organisationsstruktur des Bündnisses
- Gleichzeitig Unterstützung durch erfahrene Organisationen im Bereich direkte Demokratie und / oder online-Campaigning.
- keine einheitliche Position innerhalb der Regierungskoalition
Im Falle eines erfolgreichen Volksbegehrens muss sich dann der Landtag erneut mit den Forderungen befassen. Wird das Begehren wiederum abgelehnt, käme es zum Volksentscheid.
Foto: Wikipedia gemeinfrei
Quelle: Aktionsbündnis Agrarwende Berlin-Brandenburg