Wenn der Beweis fehlt, dass eine medizinische Maßnahme tatsächlich sinnvoll ist, zahlt die Kasse sie meist nicht. Bietet der Arzt sie trotzdem als Individuelle Gesundheitsleistung (IGeL) an, sollte man nach dem Grund fragen – und im Zweifelsfall erst einmal ablehnen.
Julia P. ist umgezogen und hat eine neue Frauenärztin. Beim ersten Besuch legt die Ärztin der 28-Jährigen eine Ultraschalluntersuchung der Eierstöcke zur Krebsvorsorge nahe. Das sei aber eine IGeL und werde von der Kasse nicht bezahlt. Frau P. fragt sich: Wie kann das sein? Die Ärztin hat ihr die Untersuchung doch extra empfohlen.
„Wenn die Kasse eine medizinische Maßnahme nicht zahlt, dann meistens, weil ihr Nutzen durch medizinische Studien nicht genug belegt ist”, sagt Andrea Fabris von der Potsdamer Beratungsstelle der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland (UPD). Entschieden werde das vom sogenannten Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA). Hier legen Spitzenvertreter der Ärzte und Krankenkassen regelmäßig fest, welche Untersuchungs- oder Behandlungsverfahren von den Kassen bezahlt werden und welche nicht.
„Für die Krankenkassen ist diese Entscheidung bindend”, sagt die Patientenberaterin. Ärzte dürften Verfahren, die der G-BA abgelehnt hat, aber als IGeL anbieten – genauso wie viele andere Untersuchungen und Behandlungen, über die der Ausschuss gar nicht entschieden hat. Fabris: „Patienten informieren sich daher am besten genau, bevor sie einer Leistung zustimmen, die sie selbst zahlen müssen.”
Die erste Anlaufstelle für Fragen sei der Arzt, der die IGeL anbietet. Dieser sollte den Patienten nicht drängen und gut begründen, warum er sie empfiehlt. Macht er das nicht, handelt er berufswidrig und man sollte die Maßnahme ablehnen – so empfehlen es die Bundesärztekammer und die Kassenärztliche Bundesvereinigung in einem gemeinsamen IGeL-Ratgeber.
Auch wichtig zu wissen: Ist aus medizinischer Sicht ein bestimmtes Verfahren wirklich nötig und sein Nutzen belegt, so wird die Kasse es mit großer Wahrscheinlichkeit auch zahlen. Das gilt zum Beispiel beim Eierstock-Ultraschall: Wenn die Ärztin eine Patientin mit Beschwerden zunächst abtastet und dabei etwas Auffälliges findet, ist die Ultraschalluntersuchung eine wichtige Diagnosemethode und durchaus eine Kassenleistung.
Wenn es aber keine Hinweise auf Krebs gibt, bringt der Ultraschall keine Vorteile. Im Gegenteil: „Durch grundlose Ultraschalluntersuchungen kommt es immer wieder zu Fehlalarmen und am Ende werden bei Frauen unnötig Eierstöcke entfernt”, erklärt Fabris.
UPD-Tipp:
IGeL sind nie dringend. Egal, ob Sie sich dafür oder dagegen entscheiden: Lassen Sie sich Zeit, fragen Sie weitere Ärzte nach einer Meinung und vergleichen Sie, wie viel die Leistung bei wem kostet. Die Preise sind nämlich von Arzt zu Arzt unterschiedlich, weil sie nicht einheitlich geregelt sind.
Mehr Informationen zu IGeL finden Patienten im aktuellen UPD-Spezial unter patientenberatung.de/igel.
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* im deutschen Festnetz Die UPD unterstützt Patientinnen und Patienten in gesundheitlich-medizinischen, rechtlichen und psychosozialen Fragen. Hierbei handelt sie im gesetzlichen Auftrag nach § 65b Sozialgesetzbuch V. Ziel ist es, die Patientenorientierung im Gesundheitswesen zu stärken und Problemlagen im Gesundheitssystem aufzuzeigen. Neben der Beratung berichtet die UPD daher einmal jährlich über die Erkenntnisse ihrer Arbeit an den Beauftragten der Bundesregierung für die Belange der Patientinnen und Patienten. Finanziert wird die UPD durch den Spitzenverband Bund der Krankenkassen, der per Gesetz keinen Einfluss auf den Inhalt oder den Umfang der Beratungstätigkeit nehmen darf. Für die muttersprachliche Beratung in Russisch und Türkisch existiert eine gesonderte Förderung durch den Verband der Privaten Krankenversicherung.
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Quelle: Unabhängige Patientenberatung Deutschland (UPD)