Die Anschuldigung der sexuellen Belästigung am Arbeitsplatz ist eine sehr unangenehme und gleichzeitig heikle Situation für Arbeitgeber. Während das Opfer den absoluten Rückhalt benötigt, muss auch mit dem vermeintlichen Täter umgegangen werden. Schwierig wird das vor allem dann, wenn sich keinerlei Zeugen finden.
Meldestelle schaffen, Mediation anbieten und Notfallplan parat haben
Unabhängig von der Größe und Branche kann es in jedem Unternehmen zu sexueller Belästigung kommen. Für Betroffene ist es besonders wichtig, niederschwellig und vielleicht sogar anonym eine Meldung machen zu können. Möglich wird das beispielsweise über ein Kontaktformular, das dann in weiterer Folge die HR oder die Geschäftsführung erreicht. Das Opfer zu unterstützen und den Beschuldigten nicht vorzuverurteilen, ist dann eine weitere Herausforderung, die Unternehmen meistern müssen. Da sexuelle Belästigung nicht immer klar definiert werden kann, sind auch falsche Anschuldigungen möglich. Handelt das Unternehmen nun vorschnell und spricht eine fristlose Kündigung aus, kann eine führende Rechtsanwaltskanzlei im Anschluss Schadensersatz für den zu Unrecht Beschuldigten einklagen. Um solche Situationen zu vermeiden, sollten Unternehmen von Beginn an mit offenen Karten spielen. Wichtig ist, dem Opfer sofortige Unterstützung anzubieten und das Gefühl von Sicherheit zu vermitteln. Gleichzeitig sollte man den mutmaßlichen Täter nicht vorverurteilen und in eine Ecke drängen. Ein offenes Gespräch mit Auswegen wie einer Beurlaubung oder einer einvernehmlichen Kündigung fördert oft vielmehr Informationen zutage.
Mit den Mythen aufräumen
Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz ist längst kein Fehlverhalten, das nur in Machtpositionen zu beobachten ist. Das klassische Beispiel der männlichen Führungskraft und der jungen Angestellten ist überholt und von Daten widerlegt. In den meisten Fällen passiert sexuelle Belästigung nämlich auf gleicher Hierarchieebene. Zwischen Kollegen kann eine vertraute Bürofreundschaft schnell einmal missinterpretiert werden, was am Ende dann in einem solchen Vorwurf gipfelt. Auch Frauen sind als Täter nicht ausgeschlossen und Männer in der Opferrolle werden nach wie vor gerne stigmatisiert. Wichtig ist also, dass Unternehmen einen ganzheitlichen Blick auf dieses Thema werfen und alle Mitarbeiter in die Verantwortung nehmen.
Genaue Verhaltensregeln definieren
Damit Unternehmen gar nicht erst in den Zwiespalt kommen können, sollten direkt von Beginn an klare Verhaltensregeln definiert werden. So kann man sich am Ende auf die bereits getroffenen Vereinbarungen berufen, wenn der Fall nicht ganz eindeutig ist. Jedoch tun sich auch hier ein paar Schwierigkeiten auf, denn was gilt im Kontext der sexuellen Belästigung als unangemessene Berührung? Ist es schon die Hand auf der Schulter oder ein ermutigendes Tätscheln der Hand? Wenn die Verhaltensregeln zu eng geschnürt werden, kann unter Umständen auch die Teamkultur leiden. Kollegen könnten sich dann unter Umständen wie auf rohen Eiern begegnen und ständig mit der Angst leben, unbewusst ein Fehlverhalten zu begehen, das im Zweifelsfall gegen sie ausgelegt werden kann.
Was ist nun sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz?
Abhängig vom Kontext können bereits starrende Blicke als sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz gewertet werden. Ein verweilender Blick kann aber auch einfach gedankenverloren sein oder einer Führungskraft dazu dienen, die Verhaltensweise eines Mitarbeiters während eines schwierigen Telefonats zu beurteilen. Um möglichst gar nicht erst durch negatives Verhalten aufzufallen, sollten jegliche Berührungen oder Komplimente rund um das Aussehen oder die Person vermieden werden. Konstruktives Feedback in Bezug auf die Arbeitsleistung oder die Handhabung einer gewissen Situation sind hingegen weiter wichtig und richtig.