Der Wolf ist zurück in Deutschland! Diese Meldung ist längst nicht mehr neu, sorgt aber weiterhin für jede Menge Aufregung. Das ist nicht verwunderlich, denn der Wolf war in Deutschland 150 Jahre lang ausgerottet. Während der sogenannten kleinen Eiszeit, die vom 16. Jahrhundert bis ins 19. Jahrhundert reichte, waren die Hungersnöte bei Mensch wie Tier groß. Kein Wunder also, dass gerade die großen Beutegreifer besonders als Konkurrenten wahrgenommen wurden und gezwungenermaßen zur Strecke gebracht werden mussten. So die stark zusammengefasste Vermutung des bekannten Ökologen und Zoologen Prof. Dr. Josef Reichholf, Autor zahlreicher Bücher und Publikationen.
Diese Zeiten sind glücklicherweise vorbei. Nahrungsknappheit und die Angst vor extremen Wintern liegen hinter uns. Doch nach rund 6 Generationen, die die 150 wolfsfreien Jahre ungefähr umfassen, müssen wir uns zunächst wieder an die Anwesenheit dieser großen Tiere gewöhnen. Nach mehr als 20 Jahren standorttreuen Wölfen in der Lausitz, wollen wir uns in diesem Beitrag einmal anschauen, wie es aktuell aussieht und wie man sich verhält, wenn man tatsächlich auf einen Wolf trifft.
Wie wahrscheinlich ist eine Wolfsbegegnung?
Immer wieder hört man, dass es ein großes Glück sei, einmal eines dieser scheuen Tiere zu erblicken. Doch wie verhält man sich richtig, wenn man unterwegs mit seinem Hund tatsächlich auf einen Wolf trifft? Denn ganz ausschließen kann man eine Begegnung nicht. Die allerwichtigste Grundregel mit Hund im Wolfsgebiet ist allerdings, den Hund an der Leine zu führen – auch wenn die Wahrscheinlichkeit einer Begegnung sehr gering ist.
Egal ob es sich um einen großen Hund, wie eine Deutsche Dogge handelt oder um einen kleinen Yorkshire Terrier – der Hund sollte an der Leine sein. Allein durch die Größe der Deutschen Dogge wähnt man sich und den Hund in Sicherheit, was sich allerdings erübrigt, da es in Deutschland bisher keine Übergriffe auf Menschen und angeleinte Hunde gab. Der ausgeprägte Schutztrieb eines Hundes wie der Deutschen Dogge könnte im Falle eines Spaziergangs ohne Leine allerdings schnell zu Konflikten mit den Wildtieren führen, die unbedingt zu vermeiden sind.
Wölfe sind sehr scheue Tiere, die extrem zurückgezogen leben. Durch ihre feinen Sinne sind sie in der Lage, Menschen schon auf weite Entfernung wahrzunehmen. Man kann daher grundsätzlich davon ausgehen, dass Wölfe immer als erste die Kenntnis über die Anwesenheit des anderen erlangen und diese Zeit nutzen, um sich unbemerkt zurückzuziehen.
Begegnungen entstehen sehr selten, wenn überhaupt durch Zufälle, beispielsweise bei Windverhältnissen, die es dem Wolf unmöglich machen uns vorab zu wittern oder zu hören. So biegt man um eine Kurve und erblickt einen überraschten Wolf, der sich nach einem kurzen Moment direkt in den Wald zurückzieht. Eine Ausnahme stellen allerdings Jungwölfe dar, die zwar das von den Eltern weitergegebene Verhalten übernehmen, dennoch mitunter alterstypisch neugierig sein und Menschen auch mal einen Moment länger beobachten können.
Die „Dos und Don’ts“ bei einer Begegnung mit einem Wolf
Wenn es tatsächlich nicht nur zu einer flüchtigen Sichtung, sondern sogar zu einer vis-à-vis-Begegnung kommt, ist es für uns Menschen ein sehr aufregender Moment. Das ist normal und die damit verbundenen Sorgen, auch um den Hund, sollten ernst genommen werden. Wenn man allerdings weiß, wie man sich verhält und sich die folgenden Empfehlungen beim Betreten eines Wolfsgebietes zu Herzen nimmt, wird es ein positives Erlebnis, welches man wohl niemals mehr vergessen wird.
Richtiges Verhalten bei einer Wolfsbegegnung:
- Den Hund angeleint halten: Am besten im gesamten Wolfsgebiet, allerdings ist ohnehin fast überall Leinenpflicht. Die lokalen Gegebenheiten müssen daher berücksichtigt werden.
- Ruhig bleiben: Sich und dem Wildtier die Möglichkeit geben, die Situation zu erfassen und eine gute Entscheidung zu treffen.
- Dem Wolf zugewandt bleiben: Den Wolf zunächst im Blick behalten und beispielsweise beobachten, in welche Richtung er verschwinden möchte.
- Dem Wolf Platz zur Flucht geben: Ruhig, langsam und zugewandt Abstand zwischen sich, den eigenen Hund und den Wolf bringen, damit genügend Platz zur Flucht vorhanden ist.
- Langsam zurückziehen: Sich der Situation langsam und gelassen entziehen und den überraschten Wolf sich selbst überlassen.
- Sich groß machen: Wendet der Wolf sich nicht zum Gehen ab, folgt einem vielleicht, hilft es, stehen zu bleiben, sich groß zu machen, nicht wegzulaufen und ihn laut anzusprechen.
- Lärm verursachen: Ist man an einen Jungwolf geraten, der besonders neugierig ist, kann man sich weiter groß machen und Lärm durch laute Ansprache oder durch mitgeführte Utensilien verursachen.
Dem Wolf wird die Situation bald zu komisch und er wird gehen. Jede Wolfssichtung und Begegnung sind wichtige Informationen für das notwendige Wolfsmonitoring und sollten daher an die Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes zum Thema Wolf gemeldet werden.
Dieses Verhalten sollte bei einer Wolfsbegegnung unbedingt vermieden werden:
Mit einer Wolfsbegegnung wird einem ungefragt Verantwortung zuteil, die nicht zu unterschätzen ist. Unser Verhalten in dieser Situation ist mitentscheidend für darauffolgende Begegnungen anderer Menschen und Hunde mit dem Wolf. Wenn wir also beispielsweise einen Wolf füttern und Kontakt aufnehmen, kann der Wolf dem nächsten Menschen distanzlos und womöglich aufdringlich begegnen. Es ist daher unerlässlich, die Tatsache der Verantwortung und die folgenden „Don`ts“ sehr ernst zu nehmen.
- Unter keinen Umständen Kontakt aufnehmen: Nähe aufzubauen oder sogar körperlichen Kontakt durch Anfassen herzustellen ist unter keinen Umständen akzeptabel und dringend zu vermeiden, zum Schutz aller Beteiligten.
- Auf keinen Fall füttern, beispielsweise mit Hunde-Snacks: Das Anfüttern von Wölfen stellt die größte Gefahr für beide Seiten dar. In zukünftigen Begegnungen können Wölfe um Futter betteln und anderen Menschen und Tieren gefährlich werden, was das Todesurteil für die Wölfe darstellt.
- Keine Gegenstände werfen: Ob zur Abwehr und noch viel weniger zur Kontaktaufnahme sollten Gegenstände geworfen werden. Es könnte als Spielaufforderung verstanden werden, was den Abbruch der Begegnung verzögert.
- Den Hund nicht ableinen: Dies sollte zum Schutz aller Beteiligten niemals geschehen, egal ob es sich um einen Wolfswelpen, einen Jungwolf oder einen erwachsenen Wolf handelt.
- Niemals Fluchtwege versperren: Wildtiere sind davon abhängig fit und gesund zu sein, damit sie sich um Nahrungsbeschaffung und dergleichen kümmern können. Sie wollen also keine Konflikte, aus denen sie womöglich verletzt hervorgehen könnten. Fühlen sie sich allerdings bedrängt und eingeengt und sehen keine Möglichkeit mehr zur Flucht, werden sie sich notfalls verteidigen, wie es jedes Lebewesen tut. Dabei handelt es sich um die sogenannte Kampf-Flucht-Reaktion.
- Nicht auf den Wolf zugehen: Aus den eben genannten Gründen ist auch zu vermeiden, auf den Wolf zuzugehen.
- Nicht ruckartig bewegen oder wegrennen: Gerade junge Wölfe sind neugierig und könnten ruckartige Bewegungen oder wegrennende Person impulsbedingt als Aufforderung verstehen und folgen, ohne ein konkretes Vorhaben zu verfolgen. Um dies und weiteren Kontakt zu verhindern, sollten solche Verhaltensweisen dringend vermieden werden.
Abschließend bleibt nur zu sagen, dass wir nach rund 20 Jahren Wolfsrückkehr zwar noch einiges zu lernen haben, aber Deutschland verdient als gutes Beispiel innerhalb der EU steht und eine Verbreitung dieser faszinierenden Tiere ermöglich hat.