Zur Reformpolitik Gerhard Schröders mit ihren weitreichenden Maßnahmen zur Verschlankung des Sozialstaats und der Deregulierung des Arbeitsmarkts gehörte die Abschaffung der Berufsunfähigkeitsrente. Dieser Passus war Teil der Agenda 2010. Ersetzt wurde die Berufsunfähigkeitsrente durch die Erwerbsminderungsrente.
Da diese nach Angaben von Finanzkompass (1) derzeit lediglich bei 893 Euro (Männer) sowie 877 Euro (Frauen) und damit weit unterhalb des normalen Rentenniveaus (Männer 1728 Euro; Frauen 1316 Euro) liegt (2), droht Betroffenen einer Erwerbsunfähigkeit der Gang in die Altersarmut. Eine Berufsunfähigkeitsversicherung schützt Erwerbstätige vor diesem Risiko.
Wie wird eine Berufsunfähigkeit definiert?
Für das Verständnis einer Berufsunfähigkeit (BU) ist zunächst die Abgrenzung zur Erwerbsunfähigkeit wichtig. Während sich die Erwerbsunfähigkeit auf die vollständige Unmöglichkeit bezieht, irgendeiner Erwerbstätigkeit nachzugehen, beschränkt sich die Berufsunfähigkeit auf die Unmöglichkeit, weiterhin seinen bisherigen Beruf zu praktizieren.
Dies wäre beispielsweise bei einem Bergarbeiter der Fall, dessen chronisches Rückenleiden die enorme körperliche Belastung seines Berufs ausschließt. Der Schwerarbeiter könnte allerdings einer anderen Tätigkeit nachgehen, welche die Rückenmuskulatur nicht beansprucht. Hier kann eine BU helfen, sich dieser völligen Umorientierung im fortgeschrittenen Alter nicht mehr stellen zu müssen.
Einem Antrag auf eine Berufsunfähigkeit muss stattgegeben werden, wenn eine amtsärztliche Untersuchung zum Ergebnis kommt, dass der Antragsteller für mindestens sechs Monate auf absehbare Zeit seinen bisherigen Beruf nicht mehr ausüben kann. Die Unmöglichkeit der Berufsausübung wird wiederum mit der 50-Prozent-Grenze festgelegt, die besagt, dass der Antragsteller für mindestens 50 Prozent seiner Tätigkeiten, die sein Beruf erfordert, nicht mehr einsetzbar ist.
Die Versicherungsleistung
Schließen Werktätige eine Berufsunfähigkeitsversicherung ab, erhalten sie bei einer Berufsunfähigkeit von der Berufsunfähigkeitsversicherung eine Berufsunfähigkeitsrente (BU-Rente) ausgezahlt, deren Höhe sich an den Bezügen des vormaligen Beschäftigungsverhältnisses bemisst. Üblich sind bei Versicherungen Werte zwischen 60 und 100 Prozent. Hat ein Versicherter vor seiner Berufsunfähigkeit beispielsweise monatlich 2.800 Euro verdient, würde er bei einer Versicherung mit der Vereinbarung von 80 Prozent nun 2.240 Euro im Monat ausgezahlt erhalten.
Typische Gründe für eine Berufsunfähigkeit
Leider ist das Risiko mit 25 Prozent (3) hoch, im Laufe seines Arbeitslebens berufsunfähig zu werden. Nach Angaben des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (4) nehmen psychische Erkrankungen mit 31 Prozent bereits den Spitzenplatz unter den Ursachen ein, gefolgt von Erkrankungen des Skelett- und Bewegungsapparats (24 Prozent), Krebs (15 Prozent), Unfällen (9 Prozent) sowie Herz- und Gefäßerkrankungen (7 Prozent).
Berufe mit hohem Risiko
Damit sind es nicht nur körperliche Belastungen, welche die Gefahr einer Berufsunfähigkeit vergrößern, sondern auch soziale Berufe mit hohem Stresslevel. So tauchen mit Krankenpflegern und Lehrern zwei Sozialberufe in der Statistik für Tätigkeiten mit dem höchsten Risiko für eine Berufsunfähigkeit (5) auf. Insgesamt setzen sich die Top-7 der in dieser Hinsicht gefährlichsten Berufe wie folgt zusammen:
- Dachdecker
- Krankenpfleger
- Fleischer
- Tiefbauer
- Maurer
- Maler
- Lehrer
Worauf kommt es bei der Wahl der Berufsunfähigkeitsversicherung an?
Entscheidende Eckdaten sind für den Anbietervergleich die garantierten Bezüge nach einer Berufsunfähigkeit und die Höhe der Beiträge. Jüngere und gesunde Versicherte mit einem Beruf in einer niedrigen Risikoklasse können mit den günstigsten Vertragsbedingungen rechnen. Zu beachten ist hierbei, dass Berufsunfähigkeitsversicherungen zwölf Kategorien zur Bewertung des Risikopotenzials eines Berufs umfassen. Bei den Bezügen können Antragsteller bei Werten zwischen 80 bis 100 Prozent gemessen am letzten Nettoeinkommen zufrieden sein.
Auf die Dauer der Versicherung ist zu achten. Vermeiden sollten Versicherte vor allem Verträge, die nicht bis ins Rentenalter reichen, weil das Risiko für eine Berufsunfähigkeit vor der Pensionierung am höchsten ist. Wichtig ist weiterhin, dass die Definition einer Berufsunfähigkeit klar definiert ist, um nach erzwungener Beendigung der Erwerbstätigkeit böse Überraschung zu umgehen.
Der Prognosezeitraum einer Berufsunfähigkeitsversicherung liegt üblicherweise zwischen sechs und zwölf Monaten. Je kürzer dieser ist, desto geringer ist das Risiko einer Aberkennung der Bezüge.
Darüber hinaus können die folgenden Aspekte Versicherten entscheidende Vorteile verschaffen, sodass es sich lohnt, diese Passus vor Vertragsabschluss zu prüfen:
- Keine abstrakte Verweisung: Sonst kann der Versicherer die Ausübung eines anderen Berufs verlangen
- rückwirkende Rentenzahlung: Die Versicherung zahlt auch für den Zeitraum einer Berufsunfähigkeit vor der Antragstellung
- Rentenanpassung: gleicht den Wertverlust einer Inflation aus
- Nachversicherungsgarantie: Der Versicherer verzichtet auf eine ärztliche Überprüfung des Gesundheitszustandes
- weltweiter Versicherungsschutz
- keine Arztanordnungsklausel: Versicherung verzichtet auf Forderungen zur Art der Behandlung
Quellen:
1: https://finanz-kompass.de/gesetzliche-erwerbsminderungsrente-jeder-fuenfte-ist-juenger-als-50-jahre#:~:text=Unterschiede%20bei%20der%20Rentenh%C3%B6he%20zwischen%20Mann%20und%20Frau&text=Der%20durchschnittliche%20Auszahlungsbetrag%20bei%20den,M%C3%A4nnern%20nur%20bei%20877%20Euro.
2: https://www.fr.de/wirtschaft/deutschland-rentner-zahlen-tabelle-2023-news-renten-durchschnittsrente-durchschnitt-zr-92673297.html#:~:text=M%C3%A4nner%20bekommen%20im%20Durchschnitt%201728,2022%20bei%2064%2C4%20Jahren.
3: https://www.sv-sachsen.de/content/service/blog/fakten-berufsunfaehigkeitsversicherung/
4: https://www.versicherungsmagazin.de/rubriken/branche/die-haeufigsten-ursachen-fuer-eine-bu-2239213.html
5: https://berufsunfaehigkeit.biz/berufsunfaehigkeit.php#:~:text=Nach%20den%20Dachdeckern%20folgen%20Krankenpfleger,aus%20dem%20Bau%2D%20beziehungsweise%20Baunebengewerbe.