Das Brandenburger Kabinett hat heute zwei Novellen zur Verbesserung der Kindertagesbetreuung beschlossen, darunter ein besserer Personalschlüssel und ein weiteres beitragsfreies Kitajahr. Der Landeshaushalt investiert dafür 2024 rund 745 Millionen Euro. Bildungsminister Steffen Freiberg bezeichnete dies als “beste Zukunftsinvestition”. Verbesserte Möglichkeiten für die Kindertagespflege und Aufnahme unbegleiteter geflüchteter Kinder und Jugendlicher wurden ebenfalls beschlossen.
Folgende Verbesserungen sind konkret vorgesehen:
Kindergarten wird schrittweise beitragsfrei
Zum 1. August 2023 wird das vorletzte Jahr im Kindergarten vor der Einschulung beitragsfrei, zum 1. August 2024 entfallen die Elternbeiträge für alle Kinder ab dem vollendeten dritten Lebensjahr bis zur Einschulung. Bereits seit 2018 ist das letzte Jahr im Kindergarten vor der Einschulung beitragsfrei.
Verbesserte Betreuung der Krippen-Kinder
In den Krippen (Geburt bis unter drei Jahre) wird die Personalbemesssung weiter verbessert: zum 1. August 2024 von 1:4,65 auf 1:4,25; zum 1. August 2025 auf 1:4.
Kindertagespflege wird landeseinheitlich flexibler und attraktiver
Künftig können sich zwei bis drei Kindertagesmütter oder -väter zusammenschließen und als sogenannte Großtagespflege bis zu 15 Kinder betreuen.
Hilfen zur Erziehung: Guter Schutz für Kinder und Jugendliche
Der Schutz von Kindern und Jugendlichen, die in familienähnlichen Betreuungsformen untergebracht sind, wird an das Bundesrecht angepasst.
Minderjährige Geflüchtete: Verbesserungen im Aufnahmeprozess
Antragsfristen zur Gewährung von Jugendhilfeleistungen werden angepasst, für unbegleitete minderjährige Ausländerinnen und Ausländer soll ein zentrales Register aufgebaut werden.
Mit all diesen Vorhaben erfüllt das Bildungs- und Jugendministerium Vereinbarungen aus dem Koalitionsvertrag, setzt Beschlüsse des Landtags sowie ein Versprechen aus dem Kommunalgipfel (Mitte März 2023) um und kommt rechtlichen Veränderungen auf Bundesebene nach.
Im Einzelnen:
(laut Land Brandenburg)
Beitragserleichterung: Kindergarten wird schrittweise beitragsfrei
Ab 1. August 2024 müssen Eltern keine Beiträge mehr für die Betreuung ihrer Kinder in Brandenburger Kindergärten zahlen. Das letzte Jahr im Kindergarten vor der Einschulung ist bereits seit 2018 beitragsfrei, ab 1. August 2023 wird das auch für das vorletzte Kita-Jahr vor der Einschulung gelten.
Freiberg: „Brandenburg sorgt für eine beitragsfreie Kindertagesbetreuung bei Drei- bis Sechsjährigen. Das ist eine deutliche Entlastung für viele Familien. Damit setzen wir ein zentrales Vorhaben unseres Koalitionsvertrages von 2019 um. 2024 werden rund 79.000 Kinder im Kindergarten beitragsfrei betreut. Das ist eine gute Nachricht für viele Brandenburgerinnen und Brandenburger.”
Das Land Brandenburg gleicht diese schrittweise Elternbeitragsfreistellung in 2023 und 2024 mit insgesamt rund 56 Mio. Euro in 2024 aus. Dafür erhalten die Kita-Träger vom Land einen finanziellen Ausgleich in Höhe einer Pauschale von 125 Euro pro Kind und Monat. Die Höhe der Pauschale der Elternbeitragsbefreiung für alle drei Jahre im Kindergarten wird Anfang 2024 evaluiert, um diese ab 2025 bedarfsgerecht neu festzusetzen. Für diese Novellierung des Kitagesetzes hat das Kabinett das “Dritte Gesetz zur Qualitäts- und Teilhabeverbesserung” gebilligt, das nun dem Landtag zur Beratung vorgelegt wird.
Personal in der Krippe: Bessere Betreuung der Kinder
Ein weiteres wichtiges Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag ist die qualitative Verbesserung der Kindertagesbetreuung. Deshalb wird mit dem „Dritten Gesetz zur Qualitäts- und Teilhabeverbesserung” die Personalbemessung im Kitagesetz weiter zugunsten einer engeren Betreuungsmöglichkeit der jüngsten Kinder verändert.
Bis 2015 betreute jede Fachkraft rechnerisch sechs Krippenkinder (1:6), seit dem 1. August 2022 beträgt das Verhältnis 1:4,65. Mit dem neuen Gesetz würde ab 1. August 2025 jede Fachkraft rechnerisch vier Krippenkinder betreuen (Geburt bis unter Dreijährige).
Mit diesen beiden Schritten können insgesamt rund 1.050 zusätzliche Vollzeitstellen für Erzieherinnen und Erzieher geschaffen werden. Diese wird das Land Brandenburg mit rund 71 Mio. Euro jährlich finanzieren.
Im Kindergarten wurde die Personalbemessung bereits im Jahr 2020 von 1:11 auf 1:10 verbessert. Zusammengerechnet bedeutet dies 2.200 zusätzliche Vollzeitstellen für Erzieherinnen und Erzieher – und damit für die Kinder in Brandenburg.
Die Kosten aller Personalverbesserungen in der Krippe und Kindergarten belaufen sich auf insgesamt 149 Mio. Euro im Jahr.
Freiberg: „Die Kindertagesbetreuung in Brandenburg wird sich bis zum Ende dieser Wahlperiode weiter spürbar verbessern. Erzieherinnen und Erzieher werden sich intensiver einzelnen Mädchen und Jungen widmen können. Wir werden die Träger nach Kräften dabei unterstützen, den Fachkräftebedarf für diesen Qualitätsanspruch abzusichern.”
Die Verbesserungen werden in zwei Schritten ab dem 1. August 2023 umgesetzt. Das gibt ausreichend Zeit, sich darauf einzustellen. Eine wichtige Erleichterung dabei: Für Kita-Träger, die diese Verbesserungen aus Gründen, für die sie nicht selbst verantwortlich sind, nicht zeitnah umsetzen können, greift eine Ausnahmeregelung. Dann wird die bislang geltende Personalbemessung (§ 10 KitaGesetz) angewendet. Damit wird verhindert, dass die Betreuung in einer Kita eingeschränkt werden muss, wenn nicht ausreichend Fachkräfte zur Verfügung stehen sollten. In diesen Fällen muss ein Träger die neue Personalbemessung noch nicht umsetzen. Dann wird ihm ein Personalkostenzuschuss höchstens für die Zahl des tatsächlich beschäftigten pädagogischen Personals der jeweiligen Einrichtung gewährt. Kita-Träger, die den neuen Betreuungsschlüssel umsetzen, erhalten die zusätzlichen Personalkosten komplett ausfinanziert.
Kindertagespflege: flexibler, attraktiver, landeseinheitlich
Künftig wird es zwei bis drei Kindertagespflegepersonen möglich sein, sich in einem Verbund zusammenzuschließen. Als Großtagespflege dürfen sie bis zu 15 Kinder betreuen. Sie können sich fachlich beraten und unterstützen sowie im Krankheits- und Urlaubsfall leichter vertreten. Das Qualifikationsniveau der Kindertagespflegepersonen wird an die bundesweite Entwicklung angepasst, sodass in Zukunft eine Qualifizierung über 300 Stunden (bisher 160) zu absolvieren ist.
Mit der Reform der Kindertagespflege wird die Betreuung von Kindern durch Tagesmütter und Tagesväter (Kindertagespflegepersonen) deutlich attraktiver: Das neue Kindertagespflegerecht schafft die Grundlagen für mehr Kindertagesbetreuungsplätze, eine größere Angebotsvielfalt, weniger Bürokratieaufwand, mehr Rechtsklarheit und eine Stärkung der Beteiligungsrechte der Eltern. Welche Anforderungen sowohl Personen in der Kindertagespflege als auch die Räume zur Betreuung erfüllen müssen, wird landesweit einheitlich geregelt.
Der Landtag hatte im Dezember 2021 die Landesregierung mit der Einführung rechtlicher Möglichkeiten für die Großtagespflege beauftragt. Am 1. August 2023 soll die Reform in Kraft treten.
Freiberg: „Ich freue mich sehr, dass wir im Kabinett für den Gesetzentwurf zur Stärkung der Kindertagespflege Zuspruch erhalten haben. Die vielen frühzeitigen Hinweise aus den Kommunen, von Verbänden und vom Landeskitaelternbeirat haben diesen guten Entwurf ermöglicht. Brandenburg wird damit eines der modernsten Gesetze für die Kindertagespflege erhalten.”
Hilfen zu Erziehung: Guter Schutz für Kinder und Jugendliche
Mit einer weiteren Gesetzesänderung wird der Schutz von Kindern und Jugendlichen, die in familienähnlichen Betreuungsformen leben, sichergestellt. Das brandenburgische „Erste Gesetz zur Ausführung des Kinder- und Jugendhilfegesetzes” (AGKJHG) wird bei den Mindestanforderungen an das Personal in den Einrichtungen an Bundesrecht angepasst.
Minderjährige Geflüchtete: Verbesserungen im Aufnahmeprozess
Insbesondere aufgrund des völkerrechtswidrigen Angriffskriegs gegen die Ukraine kommen weiterhin viele unbegleitete minderjährige Ausländerinnen und Ausländer nach Brandenburg. Zum einen ist die Erfassung sehr schwierig, zum anderen nimmt Brandenburg ganze Gruppen von Kindern und Jugendlichen mit personensorgeberechtigten Begleitpersonen auf (zum Beispiel evakuierte Waisenhäuser). Das SGB (Sozialgesetzbuch) VIII enthält Regelungslücken hinsichtlich der Aufnahme, Unterbringung und Kostenerstattung gegenüber den Kommunen als Träger der öffentlichen Jugendhilfe. Diese Lücken sollen mit der Änderung des „Ersten Gesetzes zur Ausführung des Kinder- und Jugendhilfegesetzes” (AGKJHG) geschlossen werden. Zum Beispiel werden Antragsfristen zur Gewährung von Jugendhilfeleistungen angepasst. Zudem ist – unter den Maßgaben des Datenschutzes – der Aufbau eines zentralen Registers für unbegleitete minderjährige Ausländerinnen und Ausländer vorgesehen. Damit setzt das Land ein Versprechen aus dem Kommunalgipfel (Mitte März 2023) um.
Freiberg: „Die Herausforderungen aus den Folgen des russischen Angriffskrieges für das Land Brandenburg und die Kommunen sind außergewöhnlich und enorm. Die Aufnahme und der Schutz Geflüchteter sind für uns eine menschenrechtliche Selbstverständlichkeit. Mit der Anpassung der Rechtsvorschriften können wir künftig flexibler und bedarfsgerechter bei der Aufnahme geflüchteter, unbegleiteter Kinder und Jugendlicher reagieren.”
Reaktionen
Die familienpolitische Sprecherin der CDU-Fraktion im Landtag Brandenburg Kristy Augustin: „Der vorgelegte Gesetzentwurf ist ein Meilenstein für die Kindertagespflege in Brandenburg! Ich setze große Hoffnungen darauf, dass dieser die Arbeit und Absicherung der Kindertagespflegepersonen in Brandenburg deutlich verbessern wird. Beim nun anstehenden parlamentarischen Verfahren werden wir auch einige Punkte, die seitens der Kindertagespflege im Vorfeld nicht eingearbeitet werden konnten, noch einmal diskutieren. Der Entwurf, der nicht zuletzt auch durch die große Unterstützung und wichtigen Anregungen des Landesverbandes für Kindertagespflege Brandenburg und der Jugendämter erarbeitet wurde, stellt ein stabiles Grundgerüst und ein Vorbild dar, auf das andere Bundesländer mit großem Interesse schauen. Für den noch jungen Verband der morgen seinen 7. Geburtstag seit der Gründung in 2015 feiert, ist das ein großer Erfolg. Nur drei Jahre später konnte das Beratungsbüro Kindertagespflege in Müncheberg (Landkreis Märkisch-Oderland) eröffnet werden. Nun stehen wichtige gesetzliche Änderungen auf der Landesebene an. Im parlamentarischen Verfahren werden wir noch einmal alle wichtige Aspekte beraten und hoffen, im Sommer den Gesetzentwurf endgültig zu beschließen.“
Kita-Kollaps-Tag soll auf Missstände aufmerksam machen
Am 15. Mai 2023 machen Eltern, Pädagog*innen, Kita-Träger und viele Weitere im ganzen Land mit vielfältigen Aktionen auf den drohenden Kollaps der Kindertagesbetreuung in Brandenburg aufmerksam. Auf der Aktionsseite www.kitakollaps.de heißt es dazu:
Es fehlen Kitaplätze, Fachkräfte und klare gesetzliche Regelungen für Finanzierung und Bildungsqualität. Das hat gravierende Folgen:
- Kitas müssen Öffnungszeiten reduzieren oder tageweise schließen; Eltern werden gebeten, ihre Kinder schon mittags abzuholen oder gleich zu Hause zu betreuen.
- Familien geraten aufgrund fehlender Betreuung beruflich immer häufiger unter Druck.
- Eine Fachkraft betreut im Kindergarten teilweise 20 Kinder oder mehr.
- Fachkräfte brennen aus oder kündigen.
Wir setzen uns gemeinsam ein:
- Höhere Bildungs- und Betreuungsqualität für unsere Kinder
- Bessere Ausbildungs- und Arbeitsbedingungen für unsere Fachkräfte
- Mehr Kitaplätze und eine bedarfsgerechte Planung
- Eine bessere Personalausstattung
- Ein neues Kitagesetz mit eindeutigen Vorgaben u.a. für Finanzierung, Qualitätsstandards und eine sich am Bedarf der Kinder orientierende Personalbemessung
Schließt euch dem KiTaKollaps-Aktionstag an. Entscheidet gemeinsam als Eltern, Pädagog*innen, Einrichtungsleitende und Kita-Träger, welche Aktion ihr am 15. Mai vor Ort umsetzen wollt. Den Ideen sind dabei kaum Grenzen gesetzt. Einige Anregungen haben wir hier zusammengestellt. Ab Ende April 2023 werden an dieser Stelle alle bis dato angemeldeten Aktionen dort veröffentlicht.