An der Gartenmauer blühen weiß und rote Buschwindröschen, eine Amsel nistet im alten Birnbaum, der Schulhof ist verlassen. Deutschstunde. Gleich ist Mittag.
Der Pauker im zerknitterten braunen Anzug hat vorstehende Zähne, eine Scharte über der Lippe, die von links nach rechts wandert, wenn er Anis- oder Fenchelbonbons lutscht.
Das Klassenzimmer riecht danach und lockt Schmeißfliegen , Wespen und eine gelbgestreifte Hummel an. Es brummt, wenn die Viecher gegen die Scheiben klatschen.
Wir haben einen Aufsatz geschrieben über das schönste und das traurigste Erlebnis in letzter Zeit:
Paula Wiener berichtet vom Geburtstag und einem verpatzten Ausflug mit ihrer Verwandtschaft.
Die hatten sich bei Kaffee und Streuselkuchen erst nett zugelächelt, Neuigkeiten ausgetauscht; und fielen dann später, nach etlichen Schnäpsen und Bieren, übereinander her, wegen vermeintlicher Untreue und Erbschleicherei.
Paula war geschockt, als die Masken fielen und sich das Gesindel nackich und ungeschminkt offenbarte.
Karl schreibt mit schnörkligen Buchstaben, wie er ( nach traditionellen Pfingstbrauch) von der Brücke in den Almsbach sprang , der aber in diesem Jahr zu wenig Wasser führte, er unglücklich mit dem Kopf auf den Grund prallte, Wasser schluckte und beinahe ertrunken wäre.
Lena bedankt sich beim lieben Gott, weil er ihr ein zutrauliches Lämmchen geschenkt hat, und gesteht gleichzeitig ihre Angst vor einer hinkenden, alten Frau aus dem Nachbardorf, die junge Mädchen verhexen soll.
Na, Elisa, fällt dir nichts ein, soll ich helfen?
Schmalz’ Zähne öffnen sich vor belegter Zunge, er versucht mich auf den Mund zu küssen, ich stoß ihn zurück, sein Adamsapfel hüpft … widerspenstiges Ding … die Scharte zuckt nervös, hat wahrscheinlich einer mit dem Schürhacken zugelangt, aus Notwehr … von mir würde er auch eine saftige Rückhand kriegen.
Traum:
Schmalz torkelt die Straße lang, eine grell geschminkte Dirne im Arm … erst musste zahl’n, Süßer – he, sei doch nicht so stürmisch …. Finger weg vom Mieder, lass mein’ Federhut in Ruh’ – wo geh’n wa überhaupt hin?
Vorrssicht Laternenpfahl!
…puh, das is’ ja Schwerstarbeit, was grinste denn die Kleene so an, Alois? … hier spielt die Musike …
Alois zwinkert mir trübe zu: unsere Zeit kommt noch, Elisa, lallt er, dann gehörst du mir ..
Ich zeig ihm einen Vogel – der Traum ist vorbei: igitt, hab sogar den seine Haarpomade gerochen ..
Das war aber nicht mein Schlimmstes Erlebnis:
Kurz darauf, in den Ferien, fragt mich Vater – willste mal meine Arbeit kennenlernen und nahm mich mit in den Schlachthof, wo er als Inspektor arbeit.
Die Verwaltung lag etwas abseits ,aber ich höre wie die Tiere brüllen, als sie aus den Transportern geprügelt werden und sich auf dem Hof sammeln, den ich von Vaters Zimmer aus sehe ….. ich flüstere, verstört, was macht ihr hier….?
Fortsetzung folgt am Sonntag