Sänger- und Kaufmannsmuseum Finsterwalde zeigt Sonderausstellung
Mit der Sonderausstellung „Musikam habe ich allzeit lieb gehabt“ zeigt das Sänger- und Kaufmannsmuseum Finsterwalde vom 10. Juni bis 31. Oktober 2017 an berufenem Ort deren Entstehungsgeschichte und Wirken der evangelischen Kantoreien. Dabei geht es neben den Aufgaben der Sänger im Gottesdienst auch um die Stellung der Kantoreien in der Gesellschaft. Räumlich bezieht sich die Präsentation auf den südbrandenburgischen Raum und auf angrenzende sächsische Gebiete, steht aber durchaus exemplarisch für Entwicklungen der Zeit. Inhalt und Ziel der dem Reformationsjubiläum gewidmeten Ausstellung erläuterte Museumsmitarbeiter Olaf Weber. Er sagte: „Die Geburtsstunde der Kantoreien liegt in der Reformation selbst begründet. Mit Einführung der neuen Glaubenslehre konnten nun die Kirchengemeinden selbst mitsingen und die geistlichen Texte in ihrer Sprache auch selbst mitverfolgen und verstehen.“ Noch heute treten die nachweislich auch in unserer Region über Jahrhunderte bestehenden Kantoreien sehr selbstbewusst auf und sind nicht wegzudenkender Teil des kirchlichen Gemeindelebens. Im Rahmen der Kulturlandkampagne Brandenburg reiht sich die neue Ausstellung im Museumsverbund Elbe-Elster bestens in das Reformationsjubiläum ein und zeigt mit Originaldokumenten, Infotafeln und ausgestellten Musikinstrumenten eine jahrhundertalte Tradition kirchlichen Musikwirkens auf. Auch den Ersten Beigeordneten des Landkreises, Peter Hans, bewegt das Reformationsjubiläum in diesem Jahr sehr. Für ihn kommt das nicht von ungefähr, denn „der Flecken Erde hier an Elbe und Elster gehört zum Kerngebiet der Reformation. Hier wurde die neue Lehre besonders zeitig gepredigt, besuchte Luther viele Orte persönlich. Und obwohl das nachweislich so ist, liegt der brandenburgische Teil des Geburtslandes der Reformation heute oft im Schatten von Wittenberg und Torgau. Völlig zu Unrecht, denn in dieser Kulturlandschaft lässt sich noch heute plastisch nachvollziehen, was für einen epochalen Umbruch die Reformation für Menschen und Mächte bedeutete.“ So lobte auch die Geschäftsführerin von Kulturland Brandenburg, Brigitte Faber-Schmidt, die breit gestreuten Facetten und die ausgewählten Bereiche zum Thema Reformation in den vier Museen des Landkreises. Das Erbe der Reformation und die Auswirkungen auf das Musikgut seien in Elbe-Elster bis heute sichtbar.
Dem schloss sich Reiner Walleser vom Kulturministerium an, denn er war beim Rundgang erstaunt über die vielen ausgestellten Originalstücke. So ist es wohl kein Zufall, meinte Museumsleiter Dr. Rainer Ernst, das dieses Thema in der Sängerstadt Finsterwalde dargestellt und mit vielen Leihgaben aus den Kantoreien und privaten Beständen bestückt werden konnte. Reiste ein Zeitgenosse Luthers in die südlichen Teile des heutigen Brandenburgs, etwa nach Finsterwalde, befand er sich im albertinischen Sachsen. Hier setzte sich die Reformation mit der Machtübernahme Heinrichs des Frommen 1539 durch. Mit der Einführung der reformatorischen Gottesdienstordnungen änderten sich die Rollen von Gemeinde und Pfarrer wesentlich. Die Besucher des Gottesdienstes waren nun nicht mehr nur Zuschauer der durch den Pfarrer abgehaltenen Zeremonien, sondern bekamen eine wesentlich aktivere Rolle: Die Gemeinde selbst feierte und lobte Gott. Bei der Einweihung der Torgauer Schlosskapelle 1544 sprach Martin Luther vom „Gebet und Lobgesang“, mit dem die Gemeinde sich an ihren Gott wenden würde. Der Reformator selbst und viele aus seinem engeren Umfeld schufen die Texte und Melodien der ersten evangelischen Kirchenlieder. Ihnen war die Gemeinschaft stiftende Wirkung des Gesangs bewusst, und gleichzeitig nutzten sie die Liedtexte zur Verbreitung des neuen Glaubens. Schon bald nach der Reformation entstanden in vielen Kirchengemeinden Kantoreien. Zum zweiten Höhepunkt nach der Ausstellungseröffnung bat die Puppenbühne rudolf & voland aus Birkwalde zur Uraufführung ihres Stücks „Legende Luther“, in dem sie die Heldenfigur Martin Luther mit Schauspiel, Puppen und Objekten untersuchte. Auch hierfür hat der Landkreis Unterstützung bekommen. Das Puppenspiel wird gefördert vom Landkreis Elbe-Elster selbst und der Brandenburgischen Gesellschaft für Kultur und Geschichte gGmbH und ist ein Projekt im Rahmen der Kulturland Kampagne Brandenburg 2017 „Wort & Wirkung“. Das schnelle und gut inszenierte Puppenstück warf einen unterhaltsamen und humorvollen Blick auf Luthers Zeit vor 500 Jahren und beteuerte mehrfach, nur die „Reine Wahrheit“ durch die Puppen sprechen zu lassen.
pm/red