Am 15. November, eine Woche vor Totensonntag, begehen wir Menschen in Deutschland mit ehrendem Gedenken den Volkstrauertag. Befragt man das Internet zum Volkstrauertag, so prangt einem auf einer Website gleich eine polemisierend feststellende Frage entgegen: Stell dir vor, es ist Krieg, und keiner geht hin – Volkstrauertag 2009. Und um dann aufzuklären, anschließend: „Fünf große Feinde des Friedens wohnen in uns: nämlich Habgier, Ehrgeiz, Neid, Wut und Stolz. Wenn diese Feinde vertrieben werden könnten, würden wir zweifellos ewigen Frieden genießen. – Das wusste schon im 14. Jahrhundert der italienische Dichter und Gelehrte Francesco Petrarca“.
Im Folgenden sollen uns dann mehrere Vorschläge für Gedenkreden das Trauern um und das Gedenken an die Opfer von Krieg und Gewalt erleichtern. Einer der Redevorschläge beginnt dann mit folgendem Einstieg: „Wer vergessen wird, stirbt ein zweites Mal!…Die Geschichte des Volkstrauertags ist älter als die Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. 1919, vor 90 Jahren, rief ihn der „Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge“ ins Leben. So erschüttert von den Schrecken des Ersten Weltkriegs waren die Menschen damals. Sie hofften, dass das Gedenken an die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft aller Nationen und die Trauer um sie uns für immer an den Frieden erinnern würden.
Doch diese Hoffnung machte schon 20 Jahre später der Beginn des Zweiten Weltkriegs zunichte. Nicht über zehn Millionen Opfer wie im Ersten Weltkrieg – über 50 Millionen Menschen auf vier Kontinenten ließen ihr Leben! …
Wir, Die Niederlausitzer Wandergurken, wollen auch in diesem Jahr wieder der vielen Toten auf unsere Art gedenken – mit einer Wanderung zu einer würdigen Stätte des Erinnerns und des Gedenkens. Nun möge manch ein Leser oder eine Leserin dieses Beitrages meinen – Wandergurken und politisches Handeln, das passe doch gar nicht zusammen. Warum eigentlich nicht? – würden wir ihn oder sie fragen. Die Niederlausitzer Wandergurken, das ist doch nur unser „Markenzeichen“ für unser sportliches Angebot als „Menschen wie du und ich“. Und da es schließlich keine unpolitischen Menschen gibt, sondern nur passive und aktive politisch Wirkende, wir wollen zu den Letztgenannten gehören.
Deshalb findet man in unserem Programm 2009 für diese Wanderung am 15.November, zu der wir alle sich zum Anliegen der Tour bekennenden Wandergäste aus Nah und Fern ganz herzlich einladen, eine etwas ausführlichere Präsentation:
Das ist eine Gedenkwanderung „Rund um Jamlitz – Wider das Vergessen“! Eine stille Wanderung des Erfahrens, des Erinnerns, der inneren Einkehr und des öffentlichen Bekennens. Ziel ist die Dokumentationsstätte zum KZ Außenlager Lieberose 1943-1945 und zum Sowjetischen Speziallager Nr. 6 des NKWD 1945-1947 Jamlitz. Eine stille Wanderung in einer herrlichen Landschaft mit noch intakter Natur, zum Guben – Lieberoser Höhenland gehörend, zwischen Lieberoser Endmoräne und Mochlitzer Heide, als Teil des ostbrandenburgischen Heide- und Seengebietes!
Im vergangenen Jahr folgten unserer Einladung zu dieser Wanderung immerhin fast 30 Wanderer aus allen Ecken der Niederlausitz, die sich tief beeindruckt nach einstündigem Besuch der Dokumentationsstätte bei nasskaltem Wetter weiter auf den Weg des Wanderns machten…
Auch in diesem Jahr führt der Weg von der Jamlitzer Dokumentationsstätte vorbei am früheren Bahnhof an der einstigen Strecke Cottbus-Grunow-Frankfurt/Oder weiter in das herrlich gelegene Byhletal zur Fischzucht Jamlitz von Inhaber Cornelius Teubner. Hier warten dann schon Fischbrötchen und/oder frischer Räucherfisch, Kaffee und andere Heißgetränke auf die Wandergäste. Nach der Pause führt der Weg dann nach Jamlitz bis zur Elisabethhütte und von dort am Niederungsrand entlang zu den drei Blasdorfer Teichen. Das schöne kleine Blasdorf kennen wir schon von einigen zurück liegenden Touren. Von hier aus bleibt uns nur ein Kilometer Chaussee für das Laufen bis zur B 320, vorbei an der Stelle, wo sich früher der Haltepunkt Blasdorf der „Spreewaldguste“ befand. An der B 320 wollen wir anhand eines sehr alten Erlebnisberichtes auch wieder daran erinnern, wie beschwerlich früher die Fahrt mit der Postkutsche zwischen Lieberose und Guben war. Westlich des Raduschsees laufen wir dann durch den herbstlich bunten Wald bis zum Mochlitzer Kirchsteig. Bei gutem Wetter werden wir uns hier wohl entscheiden, einen Abstecher nach Norden bis zur Mochlitzer Mühle zu machen, um von dort die ruhige Ortslage Mochlitz zu erreichen. Durch den Mochlitzer Park am Ostufer des Raduschsees führt unser Weg dann wieder zurück nach Jamlitz.
Über den Ort Jamlitz kann man sich im Internet auf der Website des Amtes Lieberose-Oberspreewald informieren: „Jamlitz mit dem Gemeindeteil Mochlitz mit seinen 430 Einwohnern ist die größte der kleinen Gemeinden im östlichen Teil des Amtes Lieberose/Oberspreewald. Sie bildet zugleich die Peripherie zum Landkreis Spree-Neiße. Durchzogen wird der Ort von der B320. Die wichtigste Verkehrsader, die 1876 erbaute Bahnlinie Frankfurt/Oder – Cottbus, wurde 1996 still gelegt. Hier endet auch die 1960 eingestellte Spreewaldbahn.
Seine landschaftliche Prägung erhielt der Ort durch die Eiszeit. Sie formte den Landstrich als Teil des ostbrandenburgischen Heide- und Seengebietes mit Sanderflächen und dem Typ von Rinnenseen, wie dem kristallklaren Schwansee, dem idyllischen Radduschsee und dem lauschigen Byhletal. Noch zum Guben-Lieberoser Höhenland gehörend, sieht man den Ort mit dem Schäferteich wie in einem Talkessel liegend.
Diese Lage hat dem Dorf wohl auch seinen Namen gegeben. Er ist aus dem slavischen “jamnica” gebildet und kann mit “ein in der Grube oder Vertiefung liegender Ort” gedeutet werden. Urkundlich erstmals erwähnt wird er 1302. 1517 wurden die von der Zauche mit Jamlitz belehnt. 1590 als Pfand von Richard von der Schulenburg auf Lieberose erworben, gehörte es zu der Herrschaft Lieberose bis Mitte des 19. Jahrhunderts.
Mit den Gewerbezweigen Brauerei, Glashütte, Sägewerk setzte dann eine Zeit der Prosperität ein, die durch die Verkehrsanbindung an Frankfurt/Oder und Cottbus verstärkt wurde. Dominierend und anziehend geblieben sind Forst- und Fischwirtschaft. An den Schlaubefischteichen und der Forellenanlage kann man ausgezeichnet angeln. Die Forellenanlage ist verpachtet an den Fischerei-Ingenieur Cornelius Teubner (Telefon 033671-2478). In keiner Richtung verlässt das Grün der Laub- und Nadelbäume den Ort. Diese Romantik hat sich Jamlitz bis in die Gegenwart bewahrt. Wer am Ostrand entlang des Splau-Fließes und der von diesem gespeisten Mühlen-, Schenker-, Meiers- und Chausseeteich westlich um den Radduschsee wandert, oder südlich um den Schäferteich zum Byhlefließ hin mit der Forellenanlage das schöne Byhletal durchstreift, der empfindet Wohlgefallen. Ob Wanderer, Spaziergänger, Angler, Jäger, Pilzsucher oder Naturfreund, sie all können hier innere Erbauung finden und zudem noch Köstlichkeiten mitnehmen.
Zur Schmach und zum Leidwesen der Gemeinde legte sich mit dem Bau eines Außenlagers des KZ Sachsenhausen und der Vernichtung tausender Häftlinge beim Bau eines SS-Truppenübungsplatzes ein düsterer Schatten auf den Ort. Die Umnutzung des Lagers für Internierte durch die sowjetische Besatzung führte zur Fortsetzung des Weges in Leid und Tod für Tausende. Eine Gedenksteinecke, der Waldfriedhof für Opfer des Internierungslagers, das Mahnmal und die Gedenkstätte für die Opfer des KZ in Lieberose sind stille Orte der Trauer und Einkehr.“
Einschließlich des Abstechers zur Mochlitzer Mühle haben wir für unsere 83. Tour in diesem Jahr etwa 15 Kilometer Wegstrecke und 6 Stunden Zeit eingeplant.
Treffpunkt und Beginn werden wir wie immer bei der Anmeldung bekannt geben. Eine Einkehr ist nicht vorgesehen. Deshalb bitte auch an Rucksackverpflegung denken. Keine Teilnahmegebühr. Um einen Obolus in unseren Fontane-Wanderhut wird gebeten. Urkunde für gutgelauntes und blasenfreies Mitwandern.
Wir werden auch schon unser Wanderprogramm 2010 wieder mitbringen, vorstellen und anbieten – diesmal sogar mit 93 Tourenvorschlägen und 1500 Wanderkilometern in der deutschen und polnischen Niederlausitz!
Anmeldungen werden erbeten bis zum Vorabend unter Tel. 03542 – 3792.
Gerd Laeser
Gästeführer Niederlausitz
Lübbenau
Foto zum Text: Blick auf einen Teil der Dokumentationsstätte über die Verbrechen vor und nach 1945 in Jamlitz
Eine Teichanlage der Fischzucht Jamlitz von Cornelius Teubner im herrlichen Byhletal
Ortseingang Mochlitz – von Westen kommend
Alte Eichenallee am nördlichen Ortsrand von Jamlitz