Die Strukturentwicklung in der Lausitz geht weiter voran: Heute wurde das DLR-Institut für CO2-arme Industrieprozesse in Cottbus im Rahmen einer virtuellen Veranstaltung eröffnet. Die Dekarbonisierung von industriellen Abläufen spielt eine wichtige Rolle beim Klimaschutz: Viele Branchen sind noch auf fossile Brennstoffe angewiesen, um Prozesswärme zu erzeugen oder ihren Energiebedarf zu decken. Dabei entsteht klimaschädliches Kohlendioxid (CO2). Das Institut für CO2-arme Industrieprozesse im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) forscht an Alternativen für die fossilen Brennstoffe, damit die Produktion in Schlüsselbranchen umweltfreundlicher wird. Daneben steht die Entwicklung von Hochtemperatur-Wärmepumpen im Mittelpunkt. Ein zweiter Institutsstandort wird in Zittau (Sachsen) etabliert.
Eine Zusammenfassung über die bevorstehende Aufgabe ist im Titelvideo zu sehen.
Strukturwandel konkret
Das länderübergreifende DLR-Institut für CO2-arme Industrieprozesse mit Sitz in Cottbus und Görlitz/Zittau wird seit Juli 2019 aufgebaut. Das Institut in Brandenburg konzentriert sich auf die Simulation und das virtuelle Design – den ‘digitalen Zwilling‘ – von veränderten Produktionsabläufen. Daneben steht die Entwicklung von Hochtemperatur-Wärmepumpen im Mittelpunkt. Am Standort Cottbus werden 60 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter tätig sein, etwa die Hälfte von ihnen ist schon vor Ort. Gemeinsam mit den Hochschulen und der Industrie trägt das DLR dazu bei, Fachwissen in der Region zu halten und Arbeitsplätze zu sichern. Derzeit befindet sich das Institut für CO2-arme Industrieprozesse auf dem Gelände der BTU. Bis Mitte des Jahrzehnts soll ein Neubau in der Nähe der Universität entstehen.
Der Bund stellt für das neue Institut jährlich rund 10 Millionen Euro zur Verfügung. Brandenburg trägt im Rahmen des geltenden Bund-Länder-Finanzierungsschlüssel 10 Prozent der jährlichen Förderung für den Standort Cottbus. Darüber hinaus stellt das Land eine einmalige Aufbauinvestition in Höhe von bis zu 10 Millionen Euro bereit und hat unter anderem Vorsorge für die Finanzierung der Errichtung eines Neubaus sowie einer Versuchshalle in der Größenordnung von rund 15 Millionen Euro getroffen.
Die Ansiedlung des neuen DLR-Instituts gehört zu den vom Bund geförderten Vorhaben, die zur Strukturentwicklung in den Braunkohleregionen beitragen sollen. Mit der Umstellung auf erneuerbare Energien für eine emissionsarme Energieversorgung wird der Braunkohleabbau sukzessive eingestellt.
Stimmen
DLR-Vorstandsvorsitzende Prof. Anke Kaysser-Pyzalla: „In unserem neuen Institut in Cottbus arbeiten wir an Lösungen für eine wirtschaftlich tragfähige Transformation von Industrie- sowie von Kraftwerks-Prozessen in kohlenstoffarme Technologien. Damit ist das DLR ein wichtiger Partner in der Region Lausitz, auch um die regionalen Herausforderungen des Strukturwandels zu bewältigen. Hier entsteht Zukunft durch Forschung und Innovation“.
Marco Wanderwitz, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Energie: „Als Beauftragter für die neuen Bundesländer freue ich mich, dass nun auch der Standort Cottbus des DLR-Institut für CO2-arme Industrieprozesse eröffnet wurde. Das DLR-Institut ist ein weiteres Beispiel für die hervorragende Wissenschaftslandschaft in den neuen Ländern. Zusammen mit dem Standort Zittau kann es einen substanziellen Beitrag auf dem Weg zu CO2-armen Zukunftsindustrien leisten. CO2-arme Industrieprozesse sind, als Teil der Industriestrategie des Bundesministers für Wirtschaft und Energie, wichtig für die Zukunft der Industrie der neuen und der alten Bundesländer. Sie unterstützen nicht nur die Energiewende, sondern den positiven regionalen Strukturwandel besonders in den neuen Ländern, da hier die Industrie bis heute der wichtigste Motor der wirtschaftlichen Entwicklung ist.”
Ministerpräsident Dietmar Woidke: „Moderne Industrie, gut bezahlte Arbeitsplätze und Klimaschutz gehören zusammen. Das wollen und werden wir mit der Strukturentwicklung in der Modellregion Lausitz zeigen. Die heutige Eröffnung des DLR-Instituts für CO2-arme Industrieprozesse in Cottbus ist dafür ein ganz wichtiger Meilenstein. Die Ansiedlung dieser hochkarätigen Forschungseinrichtung im Umfeld der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg stärkt die Forschungslandschaft in der gesamten Region. Und – wie es sich für ein Modellprojekt gehört – werden die Forschungsergebnisse und die Expertise auch für Projekte im gesamten Land Brandenburg und darüber hinaus nutzbar sein. Mein Dank gilt allen, die dazu beigetragen haben, dass wir heute wieder einen ganz konkreten Schritt bei der Umsetzung unseres Zukunftskonzeptes ‘Lausitz 2038‘ gehen können. Der Strukturwandel kann nur mit einer starken Forschungs- und Wissenschaftslandschaft und einer innovativen Wirtschaft gelingen, die gute und gut bezahlte Arbeitsplätze in der Region schafft. Ich bin sicher, dass das neue DLR-Institut zusammen mit den Industriepartnern dazu beitragen wird, eine europäische Modellregion für klimaneutrale Wirtschaft zu entwickeln.“
Wissenschaftsministerin Manja Schüle: Das Bundesverfassungsgericht hat kürzlich ein historisches Urteil zum Klimaschutzgesetz mit weitreichenden Auswirklungen gefällt: Wir müssen jetzt CO2-Emissionen einsparen, damit unsere Kinder in zwanzig Jahren die gleichen Freiheiten genießen können wie wir heute. Ich bin überzeugt: Das schaffen wir nur durch innovative Forschung, ‘Made in Brandenburg‘. Genau dafür steht der Forschungsansatz des neuen DLR-Instituts: Für die Entwicklung einer umweltfreundlichen und klimaneutralen Produktion durch hocheffiziente Technologien. Und das Institut ist auch genau am richtigen Ort: Die Lausitz steht als Industrie- und Energieregion für Veränderung, Transformation und Aufbruch. Und für eine starke Vernetzung von Wissenschaft und Wirtschaft. Sie ist eine Erfolgsgeschichte, egal ob an der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg, am DLR-Institut für Elektrifizierte Luftfahrtantriebe, am Fraunhofer-Institut für Energieinfrastruktur und Geothermie, am Fraunhofer-Institut für Photonische Mikrosysteme, auf dem Innovationscampus Elektronik und Mikrosensorik Cottbus – oder jetzt eben auch beim DLR-Institut für CO2-arme Industrieprozesse. Das neue Institut schafft wertvolle Arbeitsplätze, macht die Lausitz für Forschungskooperation attraktiver und zieht wichtige Unternehmen an. Hier entstehen Innovationen, hier gelingt Transfer, hier wird Zukunft gemacht.“
Energieminister Jörg Steinbach: „Die Lausitz ist eine Energieregion mit Zukunft – so wie Brandenburg insgesamt auch künftig ein starkes Energieland sein wird, in dem viel Energie aus erneuerbaren Quelle erzeugt und für zahlreiche Anwendungsbereiche nutzbar gemacht wird. Der Überschuss an erneuerbarem Strom, den wir bereits heute in einigen Regionen Brandenburgs haben, wird mit dazu beitragen, dass die Dekarbonisierung unser Industriestandorte von Schwarzheide bis Schwedt gelingt. Und hier wird auch das DLR-Institut eine wichtige Rolle spielen – als Impulsgeber und auch Wissensvermittler zwischen Politik und Wirtschaft. Ich bin überzeugt, dass vom DLR-Institut rasch erste Ergebnisse und vor allem Konzepte für die Dekarbonisierung der Industrie vorgelegt werden – mit weitreichenden positiven Auswirkungen auf unsere Wirtschaft. Denn wenn unsere energieintensive Industrie wettbewerbsfähig ist, profitiert davon das ganze Land.“
Hintergrund
Aktuell wurde in einer angemieteten Halle mit dem Aufbau einer Versuchsanlage begonnen: Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler entwickeln und testen an einer Hochtemperatur-Wärmepumpe im Technikum-Maßstab unterschiedliche Betriebsszenarien. In Cottbus wird dabei Gas als Arbeitsmittel eingesetzt. In Zittau liegt der Forschungsschwerpunkt auf dampfbasierten Wärmepumpen-Komponenten. Hochtemperatur-Prozesswärme wird zum Beispiel in der Lebensmittelindustrie, der Papierindustrie, der chemischen Industrie oder im Fahrzeugbau benötigt. Die umweltfreundlichen Hochtemperatur-Wärmepumpen, die das DLR erprobt, könnten innerhalb eines Jahres für die ersten Branchen zur Verfügung stehen: Die Forschung des Instituts für einen Bereich bis etwa 300 Grad ist weit fortgeschritten und wird nun in Cottbus und Zittau intensiviert.
Parallel zur Forschung auf der Versuchsanlage entwickelt das DLR-Institut Modelle und Software, mit der Industrieprozesse abgebildet und wissenschaftlich untersucht werden. So können „digitale Zwillinge“ von realen Anlagen entstehen. Sie liefern zum Beispiel Erkenntnisse darüber, wie regenerative Energiequellen fossile Brennstoffe ersetzen können.
Die virtuellen Abbilder werden außerdem darstellen, wie ein schwankendes Energieangebot kompensiert wird. Generell ist der Aufbau eines intelligenten Netzwerks bei der Energiewende unerlässlich: Sonnen- und Windenergie, Kraftwerke, Speichersysteme, Wohn- und öffentliche Gebäude und Industrieanlagen müssen miteinander vernetzt werden. Die im Institut für CO2-arme Industrieprozesse erstellte Simulationsumgebung soll deswegen auch eine verlustarme und strukturübergreifende Verteilung von Strom, Wärme und Grundstoffen zeigen.
Foto: DLR (CC-BY 3.0)