Cottbusverkehr blickt auf ein schwieriges Jahr 2020 zurück, Hauptgrund ist die Coronapandemie und die damit verbundenen Einschränkungen im öffentlichen Leben, die sich auch auf das kommunale Verkehrsunternehmen durch Rückgänge in den Fahrgastzahlen auswirkte. Auch 2021 wird das Unternehmen zur Sicherung des Betriebes Hilfen des Bundes benötigen, um den Betrieb sicherzustellen. Dennoch arbeitet Cottbusverkehr an verschiedenen Zukunftsthemen. Zum einen steht die Straßenbahnneubeschaffung an, wobei das Land die entscheidende Bestellung über 13 weitere Bahnen bis zum 31.01.2022 noch genehmigen muss, sonst droht der Cottbuser Straßenbahn mittelfristig das Aus. Davon abhängig ist auch ein ambitionierter Streckenausbauplan in Cottbus, der das CTK, die BTU, den Lausitzpark und den künftigen Ostsee per Straßenbahn erschließen soll. Auch für die Busflotte gibt es in Zusammenarbeit mit der LEAG, dem Wasserstoffnetzwerk Durchatmen und der Alba Zukunftspläne, zudem soll das Netz des öffentlichen Nahverkehrs durch virtuelle Haltestellen, die per App erschaffen werden können, flexibilisiert werden.
Niederlausitz aktuell hat mit Geschäftsführer Ralf Thalmann ein ausführliches Videointerview per Zoom geführt, welches im Titel zu sehen ist.
Zurückgegangene Fahrgastzahlen prägen das Jahr 2020
Während im ersten Quartal 2020 noch steigende Fahrgastzahlen im Vergleich zum Vorjahr verzeichnet wurden, sind die Auswirkungen der Corona-Pandemie und des ersten Lockdowns aus dem Frühjahr für Cottbusverkehr in den folgenden Quartalen deutlich spürbar gewesen. Nach verkauften Fahrausweisen ist für die Quartale II bis IV ein Rückgang von jeweils rund 500.000 Fahrgästen zu verzeichnen gewesen. Nach dem sehr erfolgreichen Jahr 2019 mit rund 11,4 Millionen Fahrgästen, ist die Zahl der beförderten Personen im Jahr 2020 wieder knapp unter die Marke von zehn Millionen gefallen. Um die wirtschaftlichen Schäden infolge des pandemiebedingten Rückgangs zu kompensieren, hat Cottbusverkehr gemeinsam mit den Aufgabenträgern Stadt Cottbus und dem Landkreis Spree-Neiße aus dem ÖPNV-Rettungsschirm rund 2,4 Millionen Euro abgerufen. In Anbetracht der aktuell geltenden Maßnahmen zur Pandemiebewältigung und der unklaren Laufzeit der notwendigen Einschränkungen, geht Cottbusverkehr-Geschäftsführer Ralf Thalmann davon aus, dass auch für das Jahr 2021 ein Rettungsschirm für den ÖPNV notwendig sein wird. Der Geschäftsführer hofft in diesem Zusammenhang, dass sich der Bund und die Länder zeitnah diesem Thema annehmen, um für die Verkehrsunternehmen und Aufgabenträger verlässliche Planungen zu ermöglichen.
Die auf etwa 5,6 Prozent gestiegene Quote von Fahrgästen, denen ein erhöhtes Beförderungsentgelt in Rechnung gestellt wurde (Vorjahr: 4,1 Prozent „Schwarzfahrer“), betrachtet Geschäftsführer Ralf Thalmann als alarmierend. Die hohen Zahlen verdeutlichen einmal mehr die Notwendigkeit häufiger Kontrollen und die Fortführung der guten Zusammenarbeit mit der Polizei und dem Ordnungsamt diesbezüglich.
Sehr erfreulich sind die gestiegenen Fahrgastzahlen der Parkeisenbahn. Obwohl viele der beliebten Sonderfahrten und Feste ausfallen mussten und der Fahrbetrieb erst mit einem Monat Verzögerung aufgenommen wurde, konnten insgesamt 39.708 Fahrgäste begrüßt werden (Vorjahr: 37.933).
Netzausbaustudien, Fuhrparkerneuerung, klimaneutrale und smarte Mobilität
Im Jahr 2021 arbeitet Cottbusverkehr mit einer Vielzahl von Projekten an der Gestaltung des zukünftigen ÖPNV in der Region. Geschäftsführer Ralf Thalmann betrachtet den öffentlichen Nahverkehr aus wichtigen Baustein zur Strukturentwicklung. Insbesondere bei den Untersuchungen zum Netzausbau spielen die Strukturwandelprojekte eine wichtige Rolle. Die Entwicklung im Umfeld der BTU/ TIP, des Carl-Thiem-Klinikums, des Cottbuser Ostsees und der Neubau des Lausitz Parks finden in den Untersuchungen Berücksichtigung. Das von Cottbusverkehr beauftragte Planungsbüro VCDB erarbeitet derzeit als Grundlage ein umfassendes Verkehrsmodell für die Stadt Cottbus. Dies geschieht in enger Abstimmung mit den Fachbereichen der Stadtverwaltung Cottbus, damit alle geplanten zukünftigen Entwicklungen berücksichtigt werden können. Aus diesem Modell werden für die einzelnen Betrachtungsszenarien verschiedene Varianten erarbeitet, die anschließend hinsichtlich Wirtschaftlich- und Machbarkeit – und damit insbesondere Förderfähigkeit – untersucht werden. Erste Ergebnisse mit verschiedenen Varianten für einzelne Betrachtungsräume werden im Sommer erwartet und dann auch vorgestellt.
Neue Straßenbahnen nötig
Parallel zu den Untersuchungen zum Netzausbau setzt sich Cottbusverkehr dafür ein, dass die Erneuerung des Straßenbahnfuhrparks neben den bisher feststehenden sieben neuen Bahnen (Inbetriebnahme voraussichtlich Anfang 2024), um die 13 Optionsstraßenbahnen erweitert wird. In Anbetracht des hohen Alters der durchschnittlich 35 Jahre alten Tatra-Bahnen im aktuellen Fuhrpark, ist das Sichern der 13 weiteren Bahnen für Geschäftsführer Ralf Thalmann zwingend notwendig. Die Frist zum Auslösen der Bestellung endet am 31. Januar 2022. Da weder die Kommunen noch die Verkehrsunternehmen die Finanzierung alleine sicherstellen können, fordert Ralf Thalmann an dieser Stelle eine umfassende Unterstützung des Landes als klares Bekenntnis zum umweltfreundlichen Verkehrsträger Straßenbahn. Sollte das nicht erfolgen, droht mittelfristig das Aus für die Cottbuser Straßenbahn.
Wasserstoff für Busse bis Sommer 2022c
Fortschritte können bei der Umstellung der Omnibusflotte auf klimafreundliche Brennstoffzellenantriebe verzeichnet werden. Der Bau einer öffentlichen Wasserstofftankstelle am Betriebshof als Gemeinschaftsprojekt mit der LEAG konnte in den vergangenen Monaten im Rahmen des Werkstattprozesses der Wirtschaftsregion Lausitz (WRL) weiter qualifiziert werden. Bis zum Ende des ersten Quartals 2021 wird eine finale Entscheidung zur Bewilligung einer Förderung dieses Strukturwandelprojekts erwartet. Die Inbetriebnahme der Tankstelle und der ersten beiden Wasserstoffbusse ist für den Sommer 2022 geplant.
Virtuelle Haltestellen für flexiblen ÖPNV
Im Rahmen des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) ausgeschriebenen Forschungsprojektes MaaS L.A.B.S. wird Cottbusverkehr auf drei Buslinien einen Bedarfsverkehr einführen und testen. Ziel des Forschungsprojekts ist es, den öffentlichen Nahverkehr für die Fahrgäste flexibler, und damit auch attraktiver zu gestalten. Dafür soll im ersten Schritt auf drei Linien (Rufbuslinie 18 sowie den Nachtbuslinien 2N und 3N) ein bedarfsorientierter Korridorverkehr mit virtuellen Haltestellen eingerichtet werden. Künftig werden die Busse nicht mehr ausschließlich nach festem Fahrplan fahren und an fixen Haltestellen halten, sondern nach dem von den Fahrgästen gemeldeten Bedarf: Die Fahrgäste melden ihren Start- und Zielpunkt sowie die gewünschte Abfahrts- oder Ankunftszeit und der Bus bedient dann Ihren Fahrtwunsch. Der erste Praxistest soll voraussichtlich Ende des Jahres 2021 beginnen.
Umfrage zu Bedarfen
Um das Angebot noch vor seiner Einführung den Anforderungen der Cottbuserinnen und Cottbuser anpassen zu können, bitten die Technische Hochschule Wildau und Cottbusverkehr alle Interessierten, an einer kurzen Umfrage teilzunehmen. Anhand der hier gewonnenen Daten kann ein möglichst passgenaues Angebot zum Start des Praxistests generiert werden.
Den Link zur Umfrage finden Interessierte unter www.cottbusverkehr.de/umfrage