Nach der Meldung der Stadt Cottbus am Montag, dass der Aufsichtsrat von Cottbusverkehr dem Geschäftsführer nach Prüfung von Vorwürfen sein Vertrauen ausspricht, bestätigte nun die Staatsanwaltschaft Cottbus, dass auch dort nach Strafanzeigen gegen Ralf Thalmann eingegangen sind und der Anfangsverdacht einer Straftat geprüft wird. Die Vorwürfe sind umfangreich und umfassen mehrere Punkte.
Staatsanwaltschaft prüft
Von der Stadt Cottbus hieß es zu dem Fall bisher lediglich: Die dem Gesellschaftsvertreter und dem Aufsichtsrat der Cottbusverkehr GmbH im August bzw. September 2022 bekanntgewordenen Vorwürfe gegen den Geschäftsführer Ralf Thalmann sind nunmehr geprüft worden. In der Bewertung der Ergebnisse der Prüfung hat der Aufsichtsrat der Cottbusverkehr GmbH dem Geschäftsführer in seiner Sitzung am Freitag, 09.12.2022, das Vertrauen ausgesprochen. Zu Details gibt es aus Gründen des Persönlichkeitsrechts keine weiteren Angaben.” Eine Nachfrage von Niederlausitz aktuell zu den Inhalten der Sonderprüfung und dessen Ergebnis blieb bisher unbeantwortet. Es handelt sich bei der Cottbusverkehr GmbH um ein kommunales Unternehmen, dementsprechend besteht auch ein öffentliches Interesse an der Aufklärung.
Die Staatsanwaltschaft Cottbus bestätigte gegenüber Niederlausitz aktuell Ermittlungen gegen Cottbusverkehr und seinen Geschäftsführer, “Es wird geprüft ob ein Anfangsverdacht einer Straftat vorliegt.” Die Prüfung werde laut einer Sprecherin jedoch noch mehrere Wochen dauern, erst Anfang 2023 ist mit einem Ergebnis zu rechnen.
Eine Nachfrage bei Cottbusverkehr beantwortete Thalmann wie folgt:
1. Es ist richtig, dass gegen die Geschäftsführung Vorwürfe erhoben wurden. Die Vorwürfe wurden im Rahmen einer Sonderprüfung untersucht. Der Aufsichtsrat ist auf Grundlage des nach Abschluss der Sonderprüfung erstellten Sonderprüfungsberichts zu dem Ergebnis gekommen, dass die Vorwürfe in jeder Hinsicht unbegründet sind.
2. Aus diesem Grund hat der Aufsichtsrat der Geschäftsführung das Vertrauen ausgesprochen. Geschäftsführung, Aufsichtsrat, Gesellschafter und Belegschaft werden daher auch zukünftig vertrauensvoll zusammenarbeiten.
3. Nachdem es sich insgesamt um unternehmensinterne und vertrauliche Informationen handelt, bitten wir um Verständnis, dass keine weiteren Erklärungen abgegeben werden können.
Die Sonderprüfung wurde bereits am 16. August 2022 in Auftrag gegeben, nachdem Mitarbeiter des Unternehmens die Vorwürfe betriebsintern erhoben und vorgebracht haben. Auch während dieses Vorgangs war Thalmann Geschäftsführer des Verkehrsunternehmens und nicht freigestellt. Der Aufsichtsrat entschied nach Informationen von Niederlausitz aktuell nicht einstimmig und tagte seit Monaten im 14-Tage Rhythmus, nicht wie üblich quartalsweise aufgrund der Sondersituation.
Einer der Aufsichtsräte, Ingo Scharmacher (AfD) reagierte bereits auf eine erste Veröffentlichung von Niederlausitz aktuell am Montag via Facebook:
Sonderprüfbericht bestätigt Vorwürfe
Diese Aussagen widersprechen jedoch dem Sonderprüfbericht (liegt Niederlausitz aktuell vor) eines externen unabhängigen Gutachters, der Bericht bestätigt die Vorwürfe in mehreren Punkten und kritisiert Verhaltensweisen und Geschäftsvorgänge in weiteren Punkten:
Laut Bericht wurde der Aufsichtsrat über Vorgänge nicht beziehungsweise unzureichend durch die Geschäftsführung informiert und kurz- statt langfristige Geschäfte am Strombeschaffungsmarkt getätigt, die gegen das Interesse der Planungssicherheit für Cottbusverkehr und den Gesellschafter (Stadt Cottbus) stehen. Hier stehen Mehrkosten im hohen sechsstelligen Bereich im Raum.
Weiterhin wird bemängelt, dass Förderanträge und Preisbindungsfristen bei der Beschaffung der neuen optionalen Straßenbahnen (15 Stück) nicht eingehalten bzw. zu spät gestellt wurden, was nun Mehrkosten im siebenstelligen Bereich bedeutet. Cottbusverkehr erhält vom Land 36 Millionen Euro Fördermittel für die Beschaffung der dringend benötigten neuen Bahnen.
Auch bei der Beschaffung der Wasserstoffbusse gibt es Ungereimtheiten, da laut Prüfbericht Investitionsverpflichtungen seitens des Geschäftsführers eingegangen wurden, die nicht im Wirtschaftsplan gedeckt waren und der Aufsichtsrat nicht informiert wurde.
Im weiteren Verlauf des Sonderprüfberichts der zu allen Prüfungspunkten Anmerkungen hatte geht es um nicht korrigierte Wirtschaftspläne hinsichtlich Investitionsvolumen und Jahresabschlüsse der vergangenen Jahre.
In einer Rechtfertigung des Geschäftsführers gegenüber dem Aufsichtsrat widerspricht dieser umfänglich dem Sonderprüfbericht.
In der kommenden Woche befasst sich die Cottbuser Stadtverordnetenversammlung mit der möglichen Übernahme des sogenannten Linienbündels Ost durch Cottbusverkehr, welches bisher durch die DB Regio Bus Ost betrieben und sich geografisch im Osten des Landkreises Spree Neiße befindet. Das Netz ist ab Anfang 2025 zu vergeben und soll an Cottbusverkehr abgegeben werden.
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Hintergrund
Thalmann in Gera
Ralf Thalmann war vor seiner Zeit als Geschäftsführer bei Cottbusverkehr bei den Geraer Verkehrsbetrieben als Geschäftsführer tätig. Dort wurde er im Zuge eines Insolvenzverfahrens der Stadtwerke (als Mutterkonzern der Verkehrsbetriebe) freigestellt. Bis heute sind Vorhaben, die Thalmann damals geplant hatte, nicht abgeschlossen (sogenannter Ausbau der Linie 4) – hier geht es ebenfalls um Fördermittel. Die Schwerpunktstaaatsanwaltschaft Mühlhausen ermittelte gegen ihn, weil die Finanzierung durch Eigenmittel für einen Teil des sogenannten Stadtbahnprogramms II in Gera zum Zeitpunkt des Spatenstiches und der Fördermittelzusage noch nicht gesichert war. Eine Bürgerinitiative stellte damals die Strafanzeige wegen Subventionsbetrugs. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Gera dauerten damals dreieinhalb Jahre, bevor sie an die Schwerpunktstaatsanwaltschaft Mühlhausen abgegeben wurden, die offizielle Begründung war “aufgrund der gewachsenen Dimension”. Die Bürgerinitiative kritisierte die Geraer Staatsanwaltschaft wegen des langen Ermittlungsverfahrens ohne Ergebnis. Im Hauptverfahren einigte sich Thalmann mit der Staatsanwaltschaft auf Zahlung einer Geldauflage zur Einstellung des Verfahrens, er gilt damit weiter als nicht vorbestraft.
Aufsichtsrat
Der Aufsichtsrat bei Cottbusverkehr besteht aus sieben Personen:
Frau Marietta Tzschoppe (SPD) Im Auftrag des Oberbürgermeisters) – Aufsichtsratsvorsitzende
Herr Dietmar Schulz (CDU)
Herr Andreas Rothe (SPD)
Herr Christopher Neumann (DIE LINKE) – stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender
Herr Ingo Scharmacher (AfD)
Herr Wilfried Kaul (Arbeitnehmervertreter)
Herr Carsten Obst (Arbeitnehmervertreter)
Der Aufsichtsrat hat die Aufgabe, die Geschäftsführung zu beraten, insbesondere aber zu überwachen und zu kontrollieren. Hierzu kann der Aufsichtsrat Geschäftsführungsmaßnahmen von seiner Zustimmung abhängig machen. Daneben hat er Prüfungspflichten (insbesondere des Jahresabschlusses der Gesellschaft.
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Red. / Presseinformation