Der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine hat seit Kriegsausbruch schwere Folgen für die Energiepreise in Deutschland und dementsprechend auch für Kunden der Stadtwerke Cottbus. Gas- und Strompreise steigen, gerade für 2023 werden hohe Nachzahlungen erwartet, da Energiemengen bei den Stadtwerken ein bis zwei Jahre im Voraus eingekauft werden. Es gibt auch Unterschiede zwischen Neu- und Bestandskunden sowie Kunden mit Fernwärmebezug. Auch Jörg Makowski, Geschäftsführer der Stadtwerke Forst, spricht von mehreren tausenden Euro Mehrkosten für Gaskunden. Brandenburgs Wirtschaftsminister Jörg Steinbach widerspricht unterdessen einem Aufruf der Handwerkskammer Cottbus, die aufgrund der steigenden Kosten die Sanktionen gegen Russland in Frage stellt. Eine gute Nachricht gibt es dennoch, der Cottbuser Ostsee soll eine Seewasserwärmepumpe bekommen, weil er ist besonders geeignet ist und die Stadtwerke unabhängiger von Rohstoffen machen würden. Geschäftsführer Vlatko Knezevic beantwortete im Videointerview die wichtigsten Fragen.
“Sparen und vorbereiten”
Der Geschäftsführer der Stadtwerke wurde deutlich, “sparen und finanziell vorbereiten” sollte die derzeitige Devise für Strom- und Gaskunden lauten. 2022 mussten Preissteigerungen nur bedingt an Endkunden weitergegeben werden, da die Stadtwerke, anders als manch Discount-Anbieter, weit im Voraus Strom und Gas einkauft hat. Entsprechend kommt die große Preiswelle erst 2023 und 2024 auf die Kunden zu. Im Einkauf haben sich Strom und Gas um derzeit 500% beziehungsweise 900% im Vergleich zum Juni 2021 verteuert. “Die Prozentzahlen zeigen, was hier auf unsere Kunden zukommt. Wir rechnen für einen durchschnittlichen Haushalt mit drei Personen mit Mehrkosten zwischen 3.000 und 5.000 Euro im kommenden Jahr, wenn die Politik nicht entlastet und gegensteuert.” sagt Knezevic, “einige Kunden werden es nicht bezahlen können, auch dafür brauchen wir Lösungen.” macht er deutlich.
Dabei sind Kunden der Stadtwerke noch unterdurchschnittlich betroffen, aufgrund der konservativen Einkaufspolitik des kommunalen Betriebs, “dadurch haben wir in der Vergangenheit sicher ein paar Chancen bei Preisen verpasst, aber da wir den Großteil der benötigten Energie weit im Voraus kaufen, sind wir nun von den extremen Steigerungen auch nicht so betroffen.” so Knezevic. Er gibt aber auch einen Lichtblick. Die Stadtwerke Cottbus arbeiten daran, im künftigen Cottbuser Ostsee eine Seewasserwärmepumpe zu installieren, die Stadtwerke sind derzeit mit Anträgen zu Förderungen beschäftigt, eine Umsetzung ist bis 2026 geplant.
Die aktuellen Preise bei den Stadtwerken, über die Kunden informiert wurden (Durchschnittspreise, von Tarifen abhängig):
Strom: Bruttopreise um etwa 35 ct/kWh. Bei einzelnen Tarifen kann es auch etwas mehr oder weniger sein. Neukunden zahlen höhere Preise.
Erdgas: Bruttopreise um etwa 13 ct/kWh. Bei einzelnen Tarifen kann es auch etwas mehr oder weniger sein. Neukunden zahlen höhere Preise.
Wirtschaftsminister kontert Handwerkskammer
Auf die Frage nach Gas- und Strompreisen gefragt, antwortete auch Brandenburgs Wirtschaftsminister Jörg Steinbach ähnlich wie der Geschäftsführer der Stadtwerke Cottbus. “Die Menschen sollten Energie sparen, wo es geht und sich finanziell auf die Steigerungen einstellen. Wir müssen Ruhe bewahren und nicht über jedes Stöckchen springen, was uns hingehalten wird.” Auch im Hinblick auf die Handwerkskammer Cottbus, die einem offenen Brief der Obermeister der Kreishandwerkerschaft Leipzig und weiteren folgte, welche das Überdenken der Sanktionen gegen Russland fordern, konterte der Wirtschaftsminister: “Ich halte das für verkehrt. Wir bewegen uns in einem gesamteuropäischen Kontext. Diese Gemeinschaft hat sich gerade erst wieder gefunden, sie muss für uns das hohe Gut sein, da müssen die Individualinteressen von Negativ-Betroffenen zurückstehen.”
Handwerkskammer stellt Sanktionspolitik in Frage
Dazu teilte die Kammer mit: Neben den Folgen der Sanktionspolitik begründet sich die Sorge der Unterzeichner vor allem in den Entscheidungen zur Versorgungssicherheit und Preisentwicklung durch die Energiekrise. “Wir befürchten erheblichen Schaden für unser Land. Wir befürchten insbesondere, dass der Lebensstandard (…) in kürzester Zeit aufs Spiel gesetzt wird”, heißt es unter anderem in dem Brief. Auch im Kammerbezirk der HWK Cottbus eint Unternehmer sowie deren Mitarbeiter die Sorge um den Fortbestand ihrer Handwerksbetriebe.
“Die Energiekosten laufen völlig aus dem Ruder. Handwerksunternehmen müssen ihre Maschinen betreiben und Mitarbeiter dürfen nicht in kalten Werkstätten stehen. Spartipps der Politik zum Duschen oder Heizen sind dazu völlig unangebracht! Um Kosten zu senken, hat in der Vergangenheit bereits jedes Unternehmen und jeder Haushalt Energie gespart”, sagt Karsten Drews, Kraftfahrzeugtechnikermeister und Vizepräsident der Arbeitnehmerseite. “Den Druck, den wir auf Russland mit unserem Boykott ausüben, trifft uns selbst am härtesten. Unsere Grundversorgung und Arbeitsplätze sind gefährdet. Das Augenmerk der Politik ist auf den festgefahrenen Konflikt zu lenken. Hier sind die Anstrengungen für eine friedliche Lösung deutlich zu verstärken!”
Ronny Wagner, Parkettlegermeister und Vizepräsident der Arbeitgeberseite ergänzt: “Die Verluste durch die Preisexplosionen tragen die Unternehmer, denn die entstehenden Kosten können nicht auf den Kunden umgelegt werden, da dieser den gleichen Preisdruck erhält. Es ist eine Abwärtsspirale, die Angst macht. Wir erleben, dass Unmengen an finanzieller Unterstützung in ein Kriegsgebiet fließen und dabei die wirtschaftliche Entwicklung des eigenen Landes vernachlässigt wird. Doch es ist der Mittelstand, der Arbeitsplätze sichert und Steuern zahlt, aber auch Sportvereine unterstützt oder ehrenamtlich tätig ist. Wenn dieser Wirtschaftszweig jedoch krankt, werden die sozialen Unstimmigkeiten immer härter.
Die Handwerkskammer Cottbus schließt sich damit der Forderung der Kreishandwerkerschaft Leipzig, “den Weg in die Sackgasse unverzüglich zu verlassen”, an. “Die Sinnhaftigkeit der Sanktionspolitik gegen Russland muss auf den Prüfstand gestellt werden. Wenn wir uns dadurch mehr schaden und Russland den Krieg trotzdem unvermindert weiterführen kann, dann ist das unverzüglich zu ändern!”, so Knut Deutscher, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Cottbus.
Stadtwerke Forst zu Preisanpassungen
Auch bei den Stadtwerken Forst wirken sich die volle Wucht der Preissteigerungen noch nicht aus, da auch sie eher konservativ einkaufen und weit im Vorlauf die nötigen Energiemengen eingekauft. Jörg Makowski, Geschäftsführer der Stadtwerke Forst: “Wir müssen die ersten Preissteigerungen an unsere Kunden weitergeben. Die Preise bei Gas werden sich mehr als verdoppeln. Ein Haushalt der 20.000 kwh Gas verbraucht hat und etwa bei 1.600 Euro Kosten liegt, wird nun mit etwa 3.350 Euro rechnen müssen. Wenn man sich nun als Neukunde anmelden würde, läge man bei über 5.000 Euro. Die Strompreise werden sich bei neun bis zehn Cent nach oben bewegen. Bei 2.500 kwh lag man bisher bei 770 Euro im Jahr, nun sind es 990 Euro.”
Situation in Guben
Wir haben vor vier Wochen mit dem Aufsichtsrat gesprochen und der Geschäftsführer hat eine Steigerung angedeutet. Noch gibt es keine Schreiben an die Kunden. Ich bin froh, dass der Gashahn wieder auf ist und zumindest etwas aus Russland kommt.” sagt Gubens Bürgermeister Fred Mahro. “Städtisch ist Guben beim Energiesparen bereits seit Jahren mit LEDs und raumspezifischen Heizungen an Schulen, Kitas und öffentlichen Gebäuden gut dabei.” Welche Auswirkungen die aktuellen Energiepreise auf die beiden Ansiedlungen von RockTech und Bifi haben könnte, ist noch unklar, die Planungen für die Ansiedlungen laufen weiter.
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