Teile des Spremberger Stausees wurden gestern durch das Gesundheitsamt Spree-Neiße aufgrund von Blaualgenbefall für Badende und Wassersportler gesperrt. Betroffen von dem Verbot ist der Bereich innerhalb von zwei Metern wasserseitig vor dem Ufer der Talsperre. Weiterhin gilt das Verbot für den Bereich von der Staumauer der Talsperre südlich bis zum Ende des Badestrandes des Spree-Camps („Bagenzer Seite“) auf dem Gebiet der Gemeinde Neuhausen/Spree. (Anmerkung der Redaktion: Wir hatten irrtümlich nur berichtet, dass der Stausee gesperrt sei, was bei einigen Lesern zur Annahme führte, der gesamte Stausee sei gesperrt. Das ist nicht richtig, wir haben die entsprechende Passage korrigiert und bitten den Fehler zu entschuldigen.).
Wie lange die Sperrung andauern wird ist unbekannt, da es laut Gesundheitsamt “keine Gegenmaßnahmen” gibt. Durch den Abfluss aus dem Stausee in Richtung Cottbus und Spreewald werden die Blaualgen weitergetragen. Ob eine Gefahr auch für diese Gebiete besteht, kann noch nicht abschließend beantwortet werden.
Gesundheitsamt sperrt Teile des Spremberger Stausee
Bereits am vergangenen Freitag wurde durch Helfer bei den Wasserfestspielen Neuhausen “trübes Wasser” und ein ungewöhnlicher Geruch festgestellt, einen Tag vorher am Nachmittag erhielt das Gesundheitsamt ebenfalls einen entsprechenden Hinweis und veranlasste daraufhin die Probenentnahme, welche am Freitag durchgeführt wurde.
Eine Sperrung und dementsprechend ein Abbruch der Wasserfestspiele war allein aufgrund des trüben Wassers nicht möglich, da hier mehrere Ursachen in Frage kommen, schreibt das Gesundheitsamt Spree-Neiße auf Nachfrage.
Vorher hatte eine Sprembergerin über drei tote Hunde berichtet, die vorher im See baden waren und daraufhin plötzlich verstarben und einen Zusammenhang mit der Wasserqualität vermutet. Die Vermutung kann bis zum jetzigen Zeitpunkt weder bestätigt noch verneint werden, da die Tiere nicht obduziert wurden.
Die Sperrung von Teilen des Sees erfolgte am 14.06.2022 nachdem die Ergebnisse aus dem Labor vorlagen und eine “massenhafte” Konzentration an Blaualgen bestätigten, wie das Gesundheitsamt auf Nachfrage von Niederlausitz aktuell mitteilte. “Wir haben um dringliche Bearbeitung gebeten. Mit dem Ansetzen von Kulturen sind feste Zeiten der Auswertung verbunden.” sagt Gesundheitsdezernent Michael Koch. Betroffen von dem Verbot ist der Bereich innerhalb von zwei Metern wasserseitig vor dem Ufer der Talsperre. Weiterhin gilt das Verbot für den Bereich von der Staumauer der Talsperre südlich bis zum Ende des Badestrandes des Spree-Camps („Bagenzer Seite“) auf dem Gebiet der Gemeinde Neuhausen/Spree.
Blaualgen sind in den warmen Monaten keine Seltenheit in Gewässern, lediglich das massenhafte auftreten und die damit verbundene vergiftende Wirkung ist das Problem. Warum dies nun im Spremberger Stausee geschehen ist, konnte das Gesundheitsamt nicht beantworten. “Die Entstehung von Blaualgen ist ein komplexer Prozess aus, u.a. aus Wassertemperatur, Ph-Wert, Lichteinfall, Phosphat und Stickstoff. Eine genauere Differenzierung kann der Landkreis allerdings nicht vornehmen und es liegen keine Daten vor.”
Sperre auf unbestimmte Zeit
Nun heißt es abwarten und messen. Denn “Maßnahmen zur direkten Verbesserung der Wasserqualität stehen leider nicht zur Verfügung”, heißt es aus Spree-Neiße. Daher kann auch keine Aussage zu einer möglichen Dauer der Sperre getroffen werden, da die Wasserqualität von den genannten Einflüssen abhängig ist. Das Gesundheitsamt verkürzt die Abstände der Probenentnahme und weitet sie sogar aus. Damit wird abgesichert, dass die Region untersucht ist.
Gefahr für Cottbus und den Spreewald?
Nach dem Stausee fließt die Spree in Richtung Cottbus, Spreewald und Berlin und wird durch Wasser aus dem Stausee gespeist. Auf die Nachfrage, ob eine Gefahr auch für diese Gebiete besteht, konnte nicht abschließend beantwortet werden. “In fließendem Wasser verteilen sich die Blaualgen und werden abtransportiert. Dabei ist die Vermehrungsrate geringer. Da nur an einer Stelle Proben positiv waren, bedeutet es nicht, dass die Spree an sich, oder Cottbus betroffen sind. Dazu ist die Fläche und damit ihr Volumen zu klein. Die Probestellen sind so gewählt, dass wir einen Überblick über die Wasserqualität im gesamten Bereich erhalten.” sagt Koch zu der Frage.
Auch in Cottbus selbst macht man sich Gedanken. Stadtsprecher Jan Gloßmann sagt: “An der Spree gab es bislang keine Hinweise auf eine Blaualgenblüte. Es erfolgte hier auch noch keine Probenentnahme auf Blaualgen. Die Sichttiefe betrug mehr als zwei Meter. Ausgehend von der aktuellen Situation am Stausee wird die Spree im Cottbuser Bereich in den kommenden Tagen verstärkt beobachtet. Jedoch scheint die Gefahr einer massiven Blaualgenblüte im Cottbuser Teil der Spree im allgemeinen als sehr gering eingeschätzt, da hier eine vergleichsweise hohe Fließgeschwindigkeit gegeben ist. Weiterhin wird durch die Wehranlagen vermehrt Sauerstoff in das Wasser eingetragen. Am zurückliegenden Montag sind aus den hiesigen Gewässern die mikrobiologischen Proben entnommen worden. Dabei wurde auch die Spree am Kiekebuscher Wehr und am Bootshaus mit beprobt. Die Ergebnisse stehen allerdings noch aus.”
Hintergrund
(laut Wikipedia)
Eine Massenentwicklung von Cyanobakterien (landläufig Blaualgen genannt) kann die Wasserqualität stark vermindern und die Gewässernutzung deutlich einschränken. Sie produzieren eine Vielzahl von Sekundärmetaboliten, die als Allelochemikalien, Antibiotika, Hormone und Toxine wirken und z. B. Fische und Zooplankton schädigen können. Einige der Toxine gehören zu den stärksten natürlichen Giften und können auch für Menschen gesundheitsgefährdend sein. So können bei Badenden etwa allergische Hautreaktionen entstehen und auch Entzündungen. Schluckt man cyanobakterienhaltiges Wasser, kann es zudem Magen- und Darminfektionen geben.
Im Jahr 2017 war im Tegeler See in Berlin, 2019 im Mandichosee bei Augsburg die Konzentration des Cyanobakteriengifts Anatoxin A so hoch, dass Tiere daran starben. Es handelte sich um Cyanobakterien der Gattung Tychonema, die auch mikroskopisch in den Seen nachgewiesen wurden. Im Sommer 2020 starben 6 Hunde nach einem Bad im Neuenburgersee infolge vermuteter erhöhter ‘Blaualgenkonzentration’, sodass ein Badeverbot erlassen wurde.
In Afrika verendeten innerhalb weniger Monate im Jahr 2020 mehrere hundert Elefanten an Cyanobakterien.
In den Vereinigten Staaten erkranken seit den 1990er Jahren gehäuft Vögel, Fische und Reptilien im Südosten der Vereinigten Staaten an einer tödlich verlaufenden neurologischen Erkrankung namens aviäre vakuoläre Myelinopathie. Dafür verantwortlich ist das Toxin Aetokthonotoxin. Mit Brom allein synthetisieren die Cyanobakterien allerdings noch keine großen Mengen des Nervengifts, sondern erst unter Stressfaktoren, wie einem Abfall der Wassertemperatur.
Nach dem Absterben der Cyanobakterienmassen wird bei deren mikrobiellem Abbau Sauerstoff verbraucht. Dadurch wird die Sauerstoffkonzentration im Gewässer oft stark verringert, was zu einem Fischsterben führen kann.
Die Bedingungen für starke Vermehrung von Cyanobakterien sind vielfältig und nicht immer eindeutig zu klären. Hoher Phosphat- und evtl. Stickstoffgehalt im Wasser – verursacht beispielsweise durch ungeklärte Abwässer mit Waschmittelrückständen oder durch Tierausscheidungen – können in Verbindung mit höheren Wassertemperaturen die Entwicklung der Bakterien begünstigen. Als Gegenmaßnahme wird z. B. in der Schweiz der Greifensee seit 2009 künstlich belüftet.