Aus Anlass des 20-jährigen Bestehens des Landesverbandes Brandenburg der Deutschen Rheuma-Liga sprachen wir mit Prof. Dr. Erika Gromnica-Ihle, Präsidentin der Deutschen Rheuma-Liga Bundesverband.
Am morgigen Samstag feiert die Deutsche Rheuma-Liga Brandenburg das Jubiläum in Potsdam.
Annegret Hofmann: Der größte deutsche Patientenverband, die Deutsche Rheuma-Liga feierte bundesweit sein 40-jähriges Bestehen, in den neuen Bundesländern sind es inzwischen 20 Jahre. Das trifft auch auf Brandenburg zu. Derartige Patientenverbände waren hierzulande seinerzeit etwas Neues – wie schätzen Sie die Entwicklung und die Akzeptanz ein?
Prof. Gromnica-Ihle: Die Deutsche Rheuma-Liga wurde am 9. Dezember 1970 auf Anregung der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie in Frankfurt/Main gegründet, um die seinerzeit desolate Lage in der rheumatologischen Versorgung zu verbessern. Es gründeten sich bald die ersten Landesverbände, den Anfang machte 1972 Schleswig-Holstein. Die Deutsche Vereinigung Morbus Bechterew (1981), und die Lupus Erythematodes Selbsthilfegemeinschaft sowie die Sklerodermie-Selbsthilfe wurden Anfang der 80er bzw. Ende der 80er Jahre Mitglied im Bundesverband.
Nach der politischen Wende entstanden auch in den neuen Ländern ab 1990 innerhalb weniger Monate fünf neue Landesverbände, Sachsen machte den Anfang. Der Landesverband Brandenburg wurde 1990 mit 250 Mitgliedern gegründet und ist jetzt auf über 4000 angewachsen.
Annegret Hofmann: Eine Größenordnung in der gesundheitspolitischen Landschaft?
Prof. Gromnica-Ihle: In den 40 Jahren ihres Bestehens hat sich die Rheuma-Liga zur größten Patientenselbsthilfeorganisation in Deutschland mit heute über 260 000 Mitgliedern entwickelt und unsere Mitgliederzahl ist gerade im letzten Jahr sprunghaft angestiegen. Eine große Akzeptanz also! 16 Landesverbände und drei Mitgliedsverbände bestimmen das Gesicht der Rheuma-Liga. In über 1 100 Arbeitsgemeinschaften und mehr als 760 Selbsthilfegruppen arbeiten 11 000 Ehrenamtler als, wie wir sagen, Experten aus Betroffenheit. Während in den ersten Jahren Ärzte und Sozialleistungsträger für die Entwicklung des Verbandes ganz wesentlich waren, haben bald die Betroffenen ihr Schicksal in die eigenen Hände genommen. Hauptamtliche Kräfte und Fachleute unterstützen heute die Arbeit der Liga, die Entscheidungen werden aber in den Gremien getroffen, wo die Betroffenen die wesentlichen Entscheidungsträger sind.
Die Deutsche Rheuma-Liga hat sich auch angesichts der zahlreichen Gesundheitsreformen der letzten Jahre mit wechselnden Gesundheitsministern immer wieder als stabile politische Interessenvertretung chronisch rheumakranker Menschen erwiesen. Hier verweise ich auf unsere Unterschriftensammlung, in der wir die Bundesregierung auffordern, die Prinzipien des Sozialstaates nicht zu verlassen, und auf die Protestaktion am 12. November mit Aktivisten der Brandenburger Rheuma-Liga vor dem Bundestag gegen das GKV-Finanzierungsgesetz. Wir fordern für alle chronisch Kranken ein, dass sie nicht zu Bittstellern im Gesundheitssystem werden müssen. Keiner von ihnen soll sich überlegen müssen, ob er mit seiner Erkrankung zum Arzt gehen kann, wenn er diesen vielleicht nicht bezahlen kann. denn zurzeit wird das Sachleistungsprinzip der Krankenkassen diskutiert. Wir wollen keine Vorkasse, bei der der Kranke erst im Nachhinein das Geld von seiner Krankenkasse zurück erstattet bekommt. Wir wünschen uns aber auch, dass jedem Kranken sichere Arzneimittel zur Verfügung stehen. Bei Neuzulassungen von Arzneimitteln sollten wie bisher die wissenschaftlichen Gremien für die Erstattung verantwortlich sein und nicht politische Entscheidungsträger.
Annegret Hofmann: Eine neue Untersuchung besagt, dass 80 Prozent aller Erkrankungen in irgendeiner Weise chronisch sind, das heißt auch, immer mehr Menschen aller Altersgruppen leben z. B. mit einer rheumatischen Erkrankung…
Prof. Gromnica-Ihle: In einer älter werden Gesellschaft wird die Zahl der chronisch Kranken zunehmen. Bei den rheumatischen Erkrankungen werden nach einer Morbiditätsprognose bis 2030 die Arthrosen in Deutschland um 15 Prozent und die Rheumatoide Arthritis um 18 Prozent ansteigen. Es wird viele Menschen geben, die gleichzeitig an mehreren Krankheiten leiden. Im höheren Lebensalter nehmen Pflegebedürftigkeit, aber auch Vereinsamung zu. Umso notwendiger ist die Rheuma-Liga mit ihren Hilfsangeboten vor Ort: Begegnung, Hilfen zur Selbsthilfe, unterschiedliche Serviceangebote für verschiedene Altersgruppen mit unterschiedlichen Interessen und eben auch mit ganz unterschiedlicher Leistungsfähigkeit. Hier müssen zukünftig ganz neue Projekte entwickelt, müssen bei besserer Aufgabenverteilung mehr jüngere Menschen ins Ehrenamt einbezogen werden.
Gesundheitspolitisch geht es vor allen darum, dass in einem Flächenland wie Brandenburg auch die wohnortnahe Betretung durch Fachärzte sichergestellt wird. Barriereabbau, das heißt, dass Betroffene auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln zum Arzt kommen oder dass vielleicht sogar die „mobile Rheumaeinheit“ zu den Patienten kommt, sind notwendig. Als Bundesverband fordern wir immer wieder mehr Lehrstühle für Rheumatologie an den Universitäten und eine neue Bedarfsplanung, damit auch die Flächenländer gut versorgt werden.
Ein weiteres Anliegen in der alternden Gesellschaft sind auch ganz neue Forschungsprojekte, die wir gern anstoßen möchten, wie eben Rheuma und Alter oder die Multimorbidität alter Menschen. Wir fordern auch mehr Forschung für Arthrose-Kranke ein. Ein Nationaler Rheumaplan, ähnlich wie der jetzt laufende Nationale Krebsplan, war und ist unsere Forderung an den Gesundheitsminister.
Zum Thema Arbeit: Natürlich wünschen wir uns, dass Rheumatiker so lange wie möglich im Beruf bleiben und trotz ihrer Erkrankung ihre Freizeitaktivitäten wahrnehmen können. Dazu ist zuerst eine Verbesserung der medizinischen Versorgung nötig. Hier gab es in den letzten Jahren bei den entzündlichen rheumatischen Erkrankungen durch rechtzeitigen Behandlungsbeginn und neue Medikamente einen großen Aufschwung, aber wir haben in Deutschland die Situation, dass nicht alle Verbesserungen auch überall ankommen. Es besteht keine Versorgungsgerechtigkeit. Der Hauptgrund ist der Rheumatologenmangel. Zwei Rheumatologen auf 100 000 Erwachsene sind notwendig. Die jetzt in der Praxis arbeitenden Rheumatologen müssten sich mehr als verdoppeln. Wir brauchen aber auch in den Betrieben mehr Akzeptanz für Menschen mit derartigen chronischen Krankheiten. Bessere berufliche Rehabilitation ist notwendig. Flexible Arbeitszeiten, angepasste Arbeitsplätze usw. sind unsere Forderungen für Rheuma-Kranke.
Annegret Hofmann
Leiterin Medizin/Gesundheit/anna fischer project
Contentic Media Services GmbH, Berlin
Aus Anlass des 20-jährigen Bestehens des Landesverbandes Brandenburg der Deutschen Rheuma-Liga sprachen wir mit Prof. Dr. Erika Gromnica-Ihle, Präsidentin der Deutschen Rheuma-Liga Bundesverband.
Am morgigen Samstag feiert die Deutsche Rheuma-Liga Brandenburg das Jubiläum in Potsdam.
Annegret Hofmann: Der größte deutsche Patientenverband, die Deutsche Rheuma-Liga feierte bundesweit sein 40-jähriges Bestehen, in den neuen Bundesländern sind es inzwischen 20 Jahre. Das trifft auch auf Brandenburg zu. Derartige Patientenverbände waren hierzulande seinerzeit etwas Neues – wie schätzen Sie die Entwicklung und die Akzeptanz ein?
Prof. Gromnica-Ihle: Die Deutsche Rheuma-Liga wurde am 9. Dezember 1970 auf Anregung der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie in Frankfurt/Main gegründet, um die seinerzeit desolate Lage in der rheumatologischen Versorgung zu verbessern. Es gründeten sich bald die ersten Landesverbände, den Anfang machte 1972 Schleswig-Holstein. Die Deutsche Vereinigung Morbus Bechterew (1981), und die Lupus Erythematodes Selbsthilfegemeinschaft sowie die Sklerodermie-Selbsthilfe wurden Anfang der 80er bzw. Ende der 80er Jahre Mitglied im Bundesverband.
Nach der politischen Wende entstanden auch in den neuen Ländern ab 1990 innerhalb weniger Monate fünf neue Landesverbände, Sachsen machte den Anfang. Der Landesverband Brandenburg wurde 1990 mit 250 Mitgliedern gegründet und ist jetzt auf über 4000 angewachsen.
Annegret Hofmann: Eine Größenordnung in der gesundheitspolitischen Landschaft?
Prof. Gromnica-Ihle: In den 40 Jahren ihres Bestehens hat sich die Rheuma-Liga zur größten Patientenselbsthilfeorganisation in Deutschland mit heute über 260 000 Mitgliedern entwickelt und unsere Mitgliederzahl ist gerade im letzten Jahr sprunghaft angestiegen. Eine große Akzeptanz also! 16 Landesverbände und drei Mitgliedsverbände bestimmen das Gesicht der Rheuma-Liga. In über 1 100 Arbeitsgemeinschaften und mehr als 760 Selbsthilfegruppen arbeiten 11 000 Ehrenamtler als, wie wir sagen, Experten aus Betroffenheit. Während in den ersten Jahren Ärzte und Sozialleistungsträger für die Entwicklung des Verbandes ganz wesentlich waren, haben bald die Betroffenen ihr Schicksal in die eigenen Hände genommen. Hauptamtliche Kräfte und Fachleute unterstützen heute die Arbeit der Liga, die Entscheidungen werden aber in den Gremien getroffen, wo die Betroffenen die wesentlichen Entscheidungsträger sind.
Die Deutsche Rheuma-Liga hat sich auch angesichts der zahlreichen Gesundheitsreformen der letzten Jahre mit wechselnden Gesundheitsministern immer wieder als stabile politische Interessenvertretung chronisch rheumakranker Menschen erwiesen. Hier verweise ich auf unsere Unterschriftensammlung, in der wir die Bundesregierung auffordern, die Prinzipien des Sozialstaates nicht zu verlassen, und auf die Protestaktion am 12. November mit Aktivisten der Brandenburger Rheuma-Liga vor dem Bundestag gegen das GKV-Finanzierungsgesetz. Wir fordern für alle chronisch Kranken ein, dass sie nicht zu Bittstellern im Gesundheitssystem werden müssen. Keiner von ihnen soll sich überlegen müssen, ob er mit seiner Erkrankung zum Arzt gehen kann, wenn er diesen vielleicht nicht bezahlen kann. denn zurzeit wird das Sachleistungsprinzip der Krankenkassen diskutiert. Wir wollen keine Vorkasse, bei der der Kranke erst im Nachhinein das Geld von seiner Krankenkasse zurück erstattet bekommt. Wir wünschen uns aber auch, dass jedem Kranken sichere Arzneimittel zur Verfügung stehen. Bei Neuzulassungen von Arzneimitteln sollten wie bisher die wissenschaftlichen Gremien für die Erstattung verantwortlich sein und nicht politische Entscheidungsträger.
Annegret Hofmann: Eine neue Untersuchung besagt, dass 80 Prozent aller Erkrankungen in irgendeiner Weise chronisch sind, das heißt auch, immer mehr Menschen aller Altersgruppen leben z. B. mit einer rheumatischen Erkrankung…
Prof. Gromnica-Ihle: In einer älter werden Gesellschaft wird die Zahl der chronisch Kranken zunehmen. Bei den rheumatischen Erkrankungen werden nach einer Morbiditätsprognose bis 2030 die Arthrosen in Deutschland um 15 Prozent und die Rheumatoide Arthritis um 18 Prozent ansteigen. Es wird viele Menschen geben, die gleichzeitig an mehreren Krankheiten leiden. Im höheren Lebensalter nehmen Pflegebedürftigkeit, aber auch Vereinsamung zu. Umso notwendiger ist die Rheuma-Liga mit ihren Hilfsangeboten vor Ort: Begegnung, Hilfen zur Selbsthilfe, unterschiedliche Serviceangebote für verschiedene Altersgruppen mit unterschiedlichen Interessen und eben auch mit ganz unterschiedlicher Leistungsfähigkeit. Hier müssen zukünftig ganz neue Projekte entwickelt, müssen bei besserer Aufgabenverteilung mehr jüngere Menschen ins Ehrenamt einbezogen werden.
Gesundheitspolitisch geht es vor allen darum, dass in einem Flächenland wie Brandenburg auch die wohnortnahe Betretung durch Fachärzte sichergestellt wird. Barriereabbau, das heißt, dass Betroffene auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln zum Arzt kommen oder dass vielleicht sogar die „mobile Rheumaeinheit“ zu den Patienten kommt, sind notwendig. Als Bundesverband fordern wir immer wieder mehr Lehrstühle für Rheumatologie an den Universitäten und eine neue Bedarfsplanung, damit auch die Flächenländer gut versorgt werden.
Ein weiteres Anliegen in der alternden Gesellschaft sind auch ganz neue Forschungsprojekte, die wir gern anstoßen möchten, wie eben Rheuma und Alter oder die Multimorbidität alter Menschen. Wir fordern auch mehr Forschung für Arthrose-Kranke ein. Ein Nationaler Rheumaplan, ähnlich wie der jetzt laufende Nationale Krebsplan, war und ist unsere Forderung an den Gesundheitsminister.
Zum Thema Arbeit: Natürlich wünschen wir uns, dass Rheumatiker so lange wie möglich im Beruf bleiben und trotz ihrer Erkrankung ihre Freizeitaktivitäten wahrnehmen können. Dazu ist zuerst eine Verbesserung der medizinischen Versorgung nötig. Hier gab es in den letzten Jahren bei den entzündlichen rheumatischen Erkrankungen durch rechtzeitigen Behandlungsbeginn und neue Medikamente einen großen Aufschwung, aber wir haben in Deutschland die Situation, dass nicht alle Verbesserungen auch überall ankommen. Es besteht keine Versorgungsgerechtigkeit. Der Hauptgrund ist der Rheumatologenmangel. Zwei Rheumatologen auf 100 000 Erwachsene sind notwendig. Die jetzt in der Praxis arbeitenden Rheumatologen müssten sich mehr als verdoppeln. Wir brauchen aber auch in den Betrieben mehr Akzeptanz für Menschen mit derartigen chronischen Krankheiten. Bessere berufliche Rehabilitation ist notwendig. Flexible Arbeitszeiten, angepasste Arbeitsplätze usw. sind unsere Forderungen für Rheuma-Kranke.
Annegret Hofmann
Leiterin Medizin/Gesundheit/anna fischer project
Contentic Media Services GmbH, Berlin
Aus Anlass des 20-jährigen Bestehens des Landesverbandes Brandenburg der Deutschen Rheuma-Liga sprachen wir mit Prof. Dr. Erika Gromnica-Ihle, Präsidentin der Deutschen Rheuma-Liga Bundesverband.
Am morgigen Samstag feiert die Deutsche Rheuma-Liga Brandenburg das Jubiläum in Potsdam.
Annegret Hofmann: Der größte deutsche Patientenverband, die Deutsche Rheuma-Liga feierte bundesweit sein 40-jähriges Bestehen, in den neuen Bundesländern sind es inzwischen 20 Jahre. Das trifft auch auf Brandenburg zu. Derartige Patientenverbände waren hierzulande seinerzeit etwas Neues – wie schätzen Sie die Entwicklung und die Akzeptanz ein?
Prof. Gromnica-Ihle: Die Deutsche Rheuma-Liga wurde am 9. Dezember 1970 auf Anregung der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie in Frankfurt/Main gegründet, um die seinerzeit desolate Lage in der rheumatologischen Versorgung zu verbessern. Es gründeten sich bald die ersten Landesverbände, den Anfang machte 1972 Schleswig-Holstein. Die Deutsche Vereinigung Morbus Bechterew (1981), und die Lupus Erythematodes Selbsthilfegemeinschaft sowie die Sklerodermie-Selbsthilfe wurden Anfang der 80er bzw. Ende der 80er Jahre Mitglied im Bundesverband.
Nach der politischen Wende entstanden auch in den neuen Ländern ab 1990 innerhalb weniger Monate fünf neue Landesverbände, Sachsen machte den Anfang. Der Landesverband Brandenburg wurde 1990 mit 250 Mitgliedern gegründet und ist jetzt auf über 4000 angewachsen.
Annegret Hofmann: Eine Größenordnung in der gesundheitspolitischen Landschaft?
Prof. Gromnica-Ihle: In den 40 Jahren ihres Bestehens hat sich die Rheuma-Liga zur größten Patientenselbsthilfeorganisation in Deutschland mit heute über 260 000 Mitgliedern entwickelt und unsere Mitgliederzahl ist gerade im letzten Jahr sprunghaft angestiegen. Eine große Akzeptanz also! 16 Landesverbände und drei Mitgliedsverbände bestimmen das Gesicht der Rheuma-Liga. In über 1 100 Arbeitsgemeinschaften und mehr als 760 Selbsthilfegruppen arbeiten 11 000 Ehrenamtler als, wie wir sagen, Experten aus Betroffenheit. Während in den ersten Jahren Ärzte und Sozialleistungsträger für die Entwicklung des Verbandes ganz wesentlich waren, haben bald die Betroffenen ihr Schicksal in die eigenen Hände genommen. Hauptamtliche Kräfte und Fachleute unterstützen heute die Arbeit der Liga, die Entscheidungen werden aber in den Gremien getroffen, wo die Betroffenen die wesentlichen Entscheidungsträger sind.
Die Deutsche Rheuma-Liga hat sich auch angesichts der zahlreichen Gesundheitsreformen der letzten Jahre mit wechselnden Gesundheitsministern immer wieder als stabile politische Interessenvertretung chronisch rheumakranker Menschen erwiesen. Hier verweise ich auf unsere Unterschriftensammlung, in der wir die Bundesregierung auffordern, die Prinzipien des Sozialstaates nicht zu verlassen, und auf die Protestaktion am 12. November mit Aktivisten der Brandenburger Rheuma-Liga vor dem Bundestag gegen das GKV-Finanzierungsgesetz. Wir fordern für alle chronisch Kranken ein, dass sie nicht zu Bittstellern im Gesundheitssystem werden müssen. Keiner von ihnen soll sich überlegen müssen, ob er mit seiner Erkrankung zum Arzt gehen kann, wenn er diesen vielleicht nicht bezahlen kann. denn zurzeit wird das Sachleistungsprinzip der Krankenkassen diskutiert. Wir wollen keine Vorkasse, bei der der Kranke erst im Nachhinein das Geld von seiner Krankenkasse zurück erstattet bekommt. Wir wünschen uns aber auch, dass jedem Kranken sichere Arzneimittel zur Verfügung stehen. Bei Neuzulassungen von Arzneimitteln sollten wie bisher die wissenschaftlichen Gremien für die Erstattung verantwortlich sein und nicht politische Entscheidungsträger.
Annegret Hofmann: Eine neue Untersuchung besagt, dass 80 Prozent aller Erkrankungen in irgendeiner Weise chronisch sind, das heißt auch, immer mehr Menschen aller Altersgruppen leben z. B. mit einer rheumatischen Erkrankung…
Prof. Gromnica-Ihle: In einer älter werden Gesellschaft wird die Zahl der chronisch Kranken zunehmen. Bei den rheumatischen Erkrankungen werden nach einer Morbiditätsprognose bis 2030 die Arthrosen in Deutschland um 15 Prozent und die Rheumatoide Arthritis um 18 Prozent ansteigen. Es wird viele Menschen geben, die gleichzeitig an mehreren Krankheiten leiden. Im höheren Lebensalter nehmen Pflegebedürftigkeit, aber auch Vereinsamung zu. Umso notwendiger ist die Rheuma-Liga mit ihren Hilfsangeboten vor Ort: Begegnung, Hilfen zur Selbsthilfe, unterschiedliche Serviceangebote für verschiedene Altersgruppen mit unterschiedlichen Interessen und eben auch mit ganz unterschiedlicher Leistungsfähigkeit. Hier müssen zukünftig ganz neue Projekte entwickelt, müssen bei besserer Aufgabenverteilung mehr jüngere Menschen ins Ehrenamt einbezogen werden.
Gesundheitspolitisch geht es vor allen darum, dass in einem Flächenland wie Brandenburg auch die wohnortnahe Betretung durch Fachärzte sichergestellt wird. Barriereabbau, das heißt, dass Betroffene auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln zum Arzt kommen oder dass vielleicht sogar die „mobile Rheumaeinheit“ zu den Patienten kommt, sind notwendig. Als Bundesverband fordern wir immer wieder mehr Lehrstühle für Rheumatologie an den Universitäten und eine neue Bedarfsplanung, damit auch die Flächenländer gut versorgt werden.
Ein weiteres Anliegen in der alternden Gesellschaft sind auch ganz neue Forschungsprojekte, die wir gern anstoßen möchten, wie eben Rheuma und Alter oder die Multimorbidität alter Menschen. Wir fordern auch mehr Forschung für Arthrose-Kranke ein. Ein Nationaler Rheumaplan, ähnlich wie der jetzt laufende Nationale Krebsplan, war und ist unsere Forderung an den Gesundheitsminister.
Zum Thema Arbeit: Natürlich wünschen wir uns, dass Rheumatiker so lange wie möglich im Beruf bleiben und trotz ihrer Erkrankung ihre Freizeitaktivitäten wahrnehmen können. Dazu ist zuerst eine Verbesserung der medizinischen Versorgung nötig. Hier gab es in den letzten Jahren bei den entzündlichen rheumatischen Erkrankungen durch rechtzeitigen Behandlungsbeginn und neue Medikamente einen großen Aufschwung, aber wir haben in Deutschland die Situation, dass nicht alle Verbesserungen auch überall ankommen. Es besteht keine Versorgungsgerechtigkeit. Der Hauptgrund ist der Rheumatologenmangel. Zwei Rheumatologen auf 100 000 Erwachsene sind notwendig. Die jetzt in der Praxis arbeitenden Rheumatologen müssten sich mehr als verdoppeln. Wir brauchen aber auch in den Betrieben mehr Akzeptanz für Menschen mit derartigen chronischen Krankheiten. Bessere berufliche Rehabilitation ist notwendig. Flexible Arbeitszeiten, angepasste Arbeitsplätze usw. sind unsere Forderungen für Rheuma-Kranke.
Annegret Hofmann
Leiterin Medizin/Gesundheit/anna fischer project
Contentic Media Services GmbH, Berlin
Aus Anlass des 20-jährigen Bestehens des Landesverbandes Brandenburg der Deutschen Rheuma-Liga sprachen wir mit Prof. Dr. Erika Gromnica-Ihle, Präsidentin der Deutschen Rheuma-Liga Bundesverband.
Am morgigen Samstag feiert die Deutsche Rheuma-Liga Brandenburg das Jubiläum in Potsdam.
Annegret Hofmann: Der größte deutsche Patientenverband, die Deutsche Rheuma-Liga feierte bundesweit sein 40-jähriges Bestehen, in den neuen Bundesländern sind es inzwischen 20 Jahre. Das trifft auch auf Brandenburg zu. Derartige Patientenverbände waren hierzulande seinerzeit etwas Neues – wie schätzen Sie die Entwicklung und die Akzeptanz ein?
Prof. Gromnica-Ihle: Die Deutsche Rheuma-Liga wurde am 9. Dezember 1970 auf Anregung der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie in Frankfurt/Main gegründet, um die seinerzeit desolate Lage in der rheumatologischen Versorgung zu verbessern. Es gründeten sich bald die ersten Landesverbände, den Anfang machte 1972 Schleswig-Holstein. Die Deutsche Vereinigung Morbus Bechterew (1981), und die Lupus Erythematodes Selbsthilfegemeinschaft sowie die Sklerodermie-Selbsthilfe wurden Anfang der 80er bzw. Ende der 80er Jahre Mitglied im Bundesverband.
Nach der politischen Wende entstanden auch in den neuen Ländern ab 1990 innerhalb weniger Monate fünf neue Landesverbände, Sachsen machte den Anfang. Der Landesverband Brandenburg wurde 1990 mit 250 Mitgliedern gegründet und ist jetzt auf über 4000 angewachsen.
Annegret Hofmann: Eine Größenordnung in der gesundheitspolitischen Landschaft?
Prof. Gromnica-Ihle: In den 40 Jahren ihres Bestehens hat sich die Rheuma-Liga zur größten Patientenselbsthilfeorganisation in Deutschland mit heute über 260 000 Mitgliedern entwickelt und unsere Mitgliederzahl ist gerade im letzten Jahr sprunghaft angestiegen. Eine große Akzeptanz also! 16 Landesverbände und drei Mitgliedsverbände bestimmen das Gesicht der Rheuma-Liga. In über 1 100 Arbeitsgemeinschaften und mehr als 760 Selbsthilfegruppen arbeiten 11 000 Ehrenamtler als, wie wir sagen, Experten aus Betroffenheit. Während in den ersten Jahren Ärzte und Sozialleistungsträger für die Entwicklung des Verbandes ganz wesentlich waren, haben bald die Betroffenen ihr Schicksal in die eigenen Hände genommen. Hauptamtliche Kräfte und Fachleute unterstützen heute die Arbeit der Liga, die Entscheidungen werden aber in den Gremien getroffen, wo die Betroffenen die wesentlichen Entscheidungsträger sind.
Die Deutsche Rheuma-Liga hat sich auch angesichts der zahlreichen Gesundheitsreformen der letzten Jahre mit wechselnden Gesundheitsministern immer wieder als stabile politische Interessenvertretung chronisch rheumakranker Menschen erwiesen. Hier verweise ich auf unsere Unterschriftensammlung, in der wir die Bundesregierung auffordern, die Prinzipien des Sozialstaates nicht zu verlassen, und auf die Protestaktion am 12. November mit Aktivisten der Brandenburger Rheuma-Liga vor dem Bundestag gegen das GKV-Finanzierungsgesetz. Wir fordern für alle chronisch Kranken ein, dass sie nicht zu Bittstellern im Gesundheitssystem werden müssen. Keiner von ihnen soll sich überlegen müssen, ob er mit seiner Erkrankung zum Arzt gehen kann, wenn er diesen vielleicht nicht bezahlen kann. denn zurzeit wird das Sachleistungsprinzip der Krankenkassen diskutiert. Wir wollen keine Vorkasse, bei der der Kranke erst im Nachhinein das Geld von seiner Krankenkasse zurück erstattet bekommt. Wir wünschen uns aber auch, dass jedem Kranken sichere Arzneimittel zur Verfügung stehen. Bei Neuzulassungen von Arzneimitteln sollten wie bisher die wissenschaftlichen Gremien für die Erstattung verantwortlich sein und nicht politische Entscheidungsträger.
Annegret Hofmann: Eine neue Untersuchung besagt, dass 80 Prozent aller Erkrankungen in irgendeiner Weise chronisch sind, das heißt auch, immer mehr Menschen aller Altersgruppen leben z. B. mit einer rheumatischen Erkrankung…
Prof. Gromnica-Ihle: In einer älter werden Gesellschaft wird die Zahl der chronisch Kranken zunehmen. Bei den rheumatischen Erkrankungen werden nach einer Morbiditätsprognose bis 2030 die Arthrosen in Deutschland um 15 Prozent und die Rheumatoide Arthritis um 18 Prozent ansteigen. Es wird viele Menschen geben, die gleichzeitig an mehreren Krankheiten leiden. Im höheren Lebensalter nehmen Pflegebedürftigkeit, aber auch Vereinsamung zu. Umso notwendiger ist die Rheuma-Liga mit ihren Hilfsangeboten vor Ort: Begegnung, Hilfen zur Selbsthilfe, unterschiedliche Serviceangebote für verschiedene Altersgruppen mit unterschiedlichen Interessen und eben auch mit ganz unterschiedlicher Leistungsfähigkeit. Hier müssen zukünftig ganz neue Projekte entwickelt, müssen bei besserer Aufgabenverteilung mehr jüngere Menschen ins Ehrenamt einbezogen werden.
Gesundheitspolitisch geht es vor allen darum, dass in einem Flächenland wie Brandenburg auch die wohnortnahe Betretung durch Fachärzte sichergestellt wird. Barriereabbau, das heißt, dass Betroffene auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln zum Arzt kommen oder dass vielleicht sogar die „mobile Rheumaeinheit“ zu den Patienten kommt, sind notwendig. Als Bundesverband fordern wir immer wieder mehr Lehrstühle für Rheumatologie an den Universitäten und eine neue Bedarfsplanung, damit auch die Flächenländer gut versorgt werden.
Ein weiteres Anliegen in der alternden Gesellschaft sind auch ganz neue Forschungsprojekte, die wir gern anstoßen möchten, wie eben Rheuma und Alter oder die Multimorbidität alter Menschen. Wir fordern auch mehr Forschung für Arthrose-Kranke ein. Ein Nationaler Rheumaplan, ähnlich wie der jetzt laufende Nationale Krebsplan, war und ist unsere Forderung an den Gesundheitsminister.
Zum Thema Arbeit: Natürlich wünschen wir uns, dass Rheumatiker so lange wie möglich im Beruf bleiben und trotz ihrer Erkrankung ihre Freizeitaktivitäten wahrnehmen können. Dazu ist zuerst eine Verbesserung der medizinischen Versorgung nötig. Hier gab es in den letzten Jahren bei den entzündlichen rheumatischen Erkrankungen durch rechtzeitigen Behandlungsbeginn und neue Medikamente einen großen Aufschwung, aber wir haben in Deutschland die Situation, dass nicht alle Verbesserungen auch überall ankommen. Es besteht keine Versorgungsgerechtigkeit. Der Hauptgrund ist der Rheumatologenmangel. Zwei Rheumatologen auf 100 000 Erwachsene sind notwendig. Die jetzt in der Praxis arbeitenden Rheumatologen müssten sich mehr als verdoppeln. Wir brauchen aber auch in den Betrieben mehr Akzeptanz für Menschen mit derartigen chronischen Krankheiten. Bessere berufliche Rehabilitation ist notwendig. Flexible Arbeitszeiten, angepasste Arbeitsplätze usw. sind unsere Forderungen für Rheuma-Kranke.
Annegret Hofmann
Leiterin Medizin/Gesundheit/anna fischer project
Contentic Media Services GmbH, Berlin