Mit einem offenen Brief haben sich die Kreiselternräte Südbrandenburgs zum Beginn des zweiten Schulhalbjahres 2022/2023 ans Bildungsministerium, Wissenschaftsministerium und an den Ministerpräsidenten des Landes Brandenburg gewandt und ihre dringenden Erwartungen an die Bildungspolitik deutlich gemacht, um Lehrermangel, lahmende Digitalisierung und Lerndefizite zu beseitigen. Der offene Brief wird unterstützt von den Elternräten aus Cottbus, Elbe-Elster, Frankfurt (Oder), Oberspreewald Lausitz und Spree-Neiße.
Der offene Brief:
“Herrn Ministerpräsident
Dr. Dietmar Woidke
Heinrich-Mann-Allee 107
14473 Potsdam
Offener Brief
Sehr geehrter Herr Ministerpräsident Dr. Woidke,
Lehrermangel, Digitalisierung, Lerndefizite – Historische Probleme können nur von allen gelöst werden!
Der Lehrermangel, die nur langsame Digitalisierung der Schulen und die durch verschiedene Studien festgestellten Lerndefizite stellen die Gesellschaft vor besondere Herausforderungen. Nur wenn alle Beteiligten an einem Strang ziehen, lassen sich diese Probleme meistern. Ein Gesellschaftsvertrag muss geschlossen werden.
Bayern will Lehrer aus anderen Bundesländern abwerben. Die anderen Bundesländer beschweren sich, weil es unsolidarisches Handeln ist. Sicherlich ist der Einwand der Bundesländer richtig, aber viel schwerer wiegt, dass Bayern nichts Besseres einfällt. In Sachsen-Anhalt sollen die Lehrer mehr arbeiten. Entweder lassen sich die Lehrer die Mehrstunden auszahlen oder sie sammeln sie in einem Arbeitszeitkonto an und feiern diese Stunden dann später ab. Grundsätzlich ein interessantes Modell, kommt es doch so oder anders auch in der Industrie vor. Die GEW hat aber nichts Besseres zu tun, als es sofort rundherum abzulehnen. In Brandenburg feiert man sich, weil rund ein Drittel aller Schüler Zugriff auf ein vom Schulträger zur Verfügung gestelltes, digitales Endgerät hat. Was ist mit den anderen zwei Drittel? Nach der Erhebung des Bildungsministeriums verfügen rund zwei Drittel aller Schulen über eine Breitbandanbindung von mehr als 50 Megabit. Diese Zahl ist wenig aussagekräftig, weil erstens damit nicht gesagt ist, ob die Geschwindigkeit auch in allen Klassenräumen gegeben ist und andererseits klar ist, dass ein erfolgreiches digitales Arbeiten erst mit erheblichen höheren Geschwindigkeiten möglich ist.
Überall also nur Stückwerk, keine durchdachten Strategien und jede Gruppe zeigt mit dem Finger auf den Anderen. Wir brauchen einen Gesellschaftsvertrag für den Bildungssektor! In den kommenden zwei bis fünf Jahren müssen alle mit anpacken: die Klassen werden leider größer, die Lehrer müssen mehr arbeiten, die Politik muss dafür sorgen, dass die Arbeitsbedingungen für die Lehrer besser werden, die Schulträger müssen die Ausstattung schneller verbessern und die Eltern müssen verstärkt ihren Erziehungsauftrag wahrnehmen.
Alle Beteiligten müssen an einen Tisch und offen und ehrlich über alle Aspekte reden. Warum haben nicht alle Lehrer ein Notebook, welches auch zu Hause benutzt werden kann? Warum haben nur ein Drittel aller Schüler ein schuleigenes Endgerät und nicht 100% und wieso dürfen nur rund 12,5% davon mit nach Hause genommen werden? Dabei ist es für den Schüler egal, ob das Ministerium oder die Städte und Landkreise für die Versorgung mit Endgeräten zuständig ist. Die IQB-Bildungsstudie mit dem desaströsen Ergebnissen für Brandenburg liegt seit Oktober 2022 vor. Was ist seitdem passiert? Obwohl die Zeit drängt, hat das Bildungsministerium bis heute keine konkreten Maßnahmen vorgestellt, wie die Lerndefizite in den Grundschulen aufgeholt werden sollen. Der Lehrermangel kann nicht von heute auf morgen gelöst werden, dass sollte jedem klar sein. Umso wichtiger wäre es, dass die Politik deutlich sagt, dass, je nach Schule, Unterrichtsausfall möglich ist.
Den Eltern ist dies sehr wohl deutlich, schließlich können sie eins und eins zusammenzählen. Den Eltern ist außerdem sehr daran gelegen zu erfahren, was alles getan wird, um den Schülern einen erfolgreichen Schulabschluss zu ermöglichen. Und sie möchten wissen, was sie dafür tun können. Alle gesellschaftlichen Gruppen müssen zusammenarbeiten und dürfen nicht nur sich selbst sehen. Wir alle müssen nun schnell handeln, andernfalls könnte eine ganze Generation von Schülern verloren gehen. Die Eltern sind sich ihrer Verantwortung bewusst und rufen zum konstruktiven Dialog auf.
Guben, 05.02.2023
Mit freundlichen Grüßen
Thomas Röttger
Sprecher Kreiselternrat Spree-Neiße”
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Red. / Presseinformation